Filesharing und Urheberrecht: LG Mannheim entscheidet zugunsten des Rechteinhabers
Das Landgericht Mannheim hat in einem bemerkenswerten Fall von Urheberrechtsverletzung durch Filesharing entschieden. Im Kern ging es um die Frage, ob der Beklagte für die illegale Verbreitung eines Films über seinen Internetanschluss haftet. Die Klägerin, die die Urheberrechte an dem betroffenen Film besitzt, hatte den Beklagten abgemahnt und Schadensersatz sowie Anwaltskosten gefordert. Das Amtsgericht Müllheim hatte die Klage zunächst abgewiesen, doch das Landgericht Mannheim hob dieses Urteil auf und sprach der Klägerin Schadensersatz zu. Das Hauptproblem lag in der Beweisführung und der Frage, ob der Beklagte als Täter der Urheberrechtsverletzung angesehen werden kann.
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Übersicht
Beweislast und Täterschaft
Die Klägerin argumentierte, dass der Beklagte den Film ohne ihre Zustimmung im Wege des Filesharing zum Download angeboten hatte. Der Beklagte bestritt dies und führte an, dass er zur Tatzeit nicht zu Hause war. Er behauptete auch, dass sein Internetanschluss ausreichend gesichert war und dass andere Haushaltsmitglieder Zugang dazu hatten. Das Gericht stellte jedoch fest, dass der Internetanschluss des Beklagten mehrmals im Zusammenhang mit der Urheberrechtsverletzung ermittelt wurde, was ein starkes Indiz für seine Täterschaft darstellte.
Aktivlegitimation und Verjährung
Der Beklagte versuchte, die Aktivlegitimation der Klägerin in Frage zu stellen, scheiterte jedoch an den prozessualen Vorschriften. Er hatte auch die Einrede der Verjährung erhoben, aber das Gericht entschied, dass der Anspruch der Klägerin nicht verjährt war. Die Klägerin wurde als aktivlegitimiert angesehen, da sie die ausschließlichen urheberrechtlichen Verwertungsrechte an dem Film besaß.
Technische Aspekte und Ermittlungssoftware
Der Beklagte hinterfragte die Zuverlässigkeit der Ermittlungssoftware, die zur Identifizierung seines Internetanschlusses verwendet wurde. Das Gericht wiesjedoch darauf hin, dass der Internetanschluss des Beklagten mehrmals korrekt ermittelt wurde, was die Zuverlässigkeit der Software bestätigte.
Sekundäre Darlegungslast und Störerhaftung
Das Amtsgericht hatte den Beklagten von der Haftung befreit, da er seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen war. Das Landgericht Mannheim sah dies jedoch anders und entschied, dass der Beklagte als Täter der Urheberrechtsverletzung angesehen werden kann. Die Klägerin war somit beweisbelastet und konnte die Täterschaft des Beklagten erfolgreich nachweisen.
Das Urteil des Landgerichts Mannheim stellt einen wichtigen Präzedenzfall im Bereich des Urheberrechts und Filesharing dar. Es verdeutlicht, dass die Beweislast und die technischen Aspekte eine entscheidende Rolle spielen können, und es hebt die Bedeutung der Aktivlegitimation für den Rechteinhaber hervor.
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Das vorliegende Urteil
LG Mannheim – Az.: 7 S 4/15 – Urteil vom 04.03.2016
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Müllheim vom 28.01.2015, Az. 8 C 363/14, im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 955,60 nebst Zinsen i.H.v. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.07.2014 zu zahlen.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aufgrund einer behaupteten Verletzung ihrer Urheberrechte an dem Film „[…]“ durch den Beklagten geltend und begehrt ferner den Ersatz der von ihr vorgerichtlich durch eine Abmahnung des Beklagten entstandenen Anwaltskosten.
Mit Anwaltsschreiben vom 24.09.2010 (Anlage K 9) hat die Klägerin den Beklagten wegen Urheberrechtsverletzung abgemahnt.
Nach ihrem erstinstanzlichen Vortrag habe der Beklagte den Film ohne ihre Zustimmung im Wege des Filesharing zum Download über ein Filesharing-Netzwerk angeboten. Der Vortrag des Beklagten zu weiteren Haushaltsmitgliedern mit Zugriff auf den Internetzugang werde bestritten. Der Internet-Anschluss des Beklagten sei nicht hinreichend gegen den Zugriff Dritter von außen gesichert gewesen, der Beklagtenvortrag sei unzureichend
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:
1.
Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als EUR 400,00 betragen soll, nebst Zinsen i.H.v. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2.
Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag i.H.v. EUR 555,60 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte, der die Einrede der Verjährung erhoben hat, hat eine von seinem Internetanschluss begangene Urheberrechtsverletzung bestritten und ferner vorgetragen, er könne die Urheberrechtsverletzung nicht begangen haben, da er am frühen Morgen des Tattags an einem Einsatz der freiwilligen Feuerwehr teilgenommen und am Vormittag zur Tatzeit Berichte erstellt habe. Den Computer und den Internetanschluss, über den angeblich die Verletzungshandlung, was bestritten werde, begangen worden sei, hätten neben dem Beklagten auch die damals volljährigen Mitbewohner [A.] und [B.] jederzeit nutzen können, so dass bereits deshalb nicht von einer Täterschaft des Beklagten ausgegangen werden könne. Die eingesetzte Ermittlungssoftware Observer sei unzuverlässig. Die Klageforderungen seien zudem verjährt, weil die Abgabe an das Streitgericht nicht alsbald im Sinne des § 696 Abs. 3 ZPO erfolgt sei.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Beklagte sei seiner sekundären Darlegungslast hinreichend nachgekommen und hätte eine ernsthafte Möglichkeit, dass ein Dritter, nämlich die beiden volljährigen Mitbewohnerinnen, als Täter in Betracht kommen, ausreichend dargetan. Dass die Klägerin dies bestreite, sei unerheblich, da sie beweisbelastet sei. Der Beklagte hafte auch nicht als Störer.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, in der sie die erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt.
Der Beklagte hat in der Berufungsinstanz seinen erstinstanzlichen Vortrag ergänzt und vorgetragen, dass sein Computer ausgeschaltet sei, wenn er nicht benutzt werde. Der zweite zur Tatzeit im Haus vorhandene Computer, ein Laptop, habe keine Internetverbindung und sei im Übrigen bei Nichtbenutzung ebenfalls ausgeschaltet. Der Router sei mit einem 16-stelligen Passwort, das aus einer sinnfreien Zeichen-Zahlenkombination bestehe, verschlüsselt gewesen. Auf seinem Rechner habe der Beklagte ein Filesharing-Programm weder installiert noch vorgefunden. Ferner werde die Inhaberschaft der Klägerin an ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechten des Films bestritten. Bisher sei der Beklagte davon ausgegangen, dass die Klägerin insoweit richtig vorgetragen habe. Da mittlerweile in einem Urteil des Amtsgerichts Potsdam festgestellt sei, dass dies nicht der Fall sei, werde nunmehr die Aktivlegitimation bestritten. Die Bezeichnung der Ansprüche in dem Mahnbescheid sei nicht hinreichend bestimmt.
Hinsichtlich der weiteren Feststellungen wird auf das amtsgerichtliche Urteil, hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivortrags in der Berufungsinstanz auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin [A.]. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2016 verwiesen (AS 82 ff.). Die geladene Zeugin [B.] hat sich schriftlich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen, sie wolle keine Angaben machen (AS 87).
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg.
1.
Der Klägerin steht der geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 2 UrhG zu, weil die Klägerin aktivlegitimiert ist, der Urheberrechtsverstoß vom Internetanschluss des Beklagten aus begangen wurde, der Beklagte hierfür als Täter verantwortlich ist und der Anspruch nicht verjährt ist.
a)
Die Klägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Verwertungsrechte an dem Filmwerk, jedenfalls als Filmherstellerin aktivlegitimiert. Soweit der Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz die erstinstanzlich unstreitig gebliebene Aktivlegitimation der Klägerin in Abrede gestellt hat, ist dieses Vorbringen nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen. Der Umstand, dass der Beklagte erst im Nachhinein von der fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin erfahren haben will, stellt keinen Gesichtspunkt dar, unter dem das erstmalige Bestreiten der Aktivlegitimation zuzulassen wäre.
b)
Die Urheberrechtsverletzung wurde vom Internetanschluss des Klägers begangen. Soweit der Beklagte die zuverlässige Ermittlung seines Internetanschlusses in Abrede stellt, insbesondere die Zuverlässigkeit der Ermittlungssoftware, dringt er damit nicht durch. Wie die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.11.2014 unwidersprochen vorgetragen hat, wurde der Internetanschluss des Beklagten nicht nur einmal, sondern zwölf weitere Male im Zusammenhang mit der Urheberrechtsverletzung ermittelt. Nach Auffassung der Kammer begründet dieser Befund ein starkes Indiz für die richtige Ermittlung des Internetanschlusses des Beklagten auch zur ihm im hiesigen Verfahren vorgeworfenen Tatzeit, so dass ein einfaches Bestreiten der Richtigkeit der Ermittlung des Internetanschlusses nicht mehr ausreicht.
c)
Eine richtige Ermittlung des Internetanschluss und die Täterschaft des Klägers sind nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil er im Tatzeitpunkt nicht zu Hause gewesen sein mag, sondern einen Einsatzbericht bei der freiwilligen Feuerwehr geschrieben hat, was deshalb als wahr unterstellt werden kann. Ein öffentliches Zugänglichmachen im Wege des Filesharing, wie es hier in Rede steht, setzt nämlich nicht voraus, dass der Beklagte zur Tatzeit überhaupt zu Hause war. Nach der Einrichtung der Filesharing-Software ist es nicht erforderlich gewesen, dass der Beklagte zum Tatzeitpunkt an seinem Computer Handlungen vorgenommen hat. Soweit der Beklagte nach gerichtlichem Hinweis (AS 39) vorgetragen hat, dass sein Computer nicht eingeschaltet bleibe, wenn er nicht benutzt werde, schließt dies selbst bei Wahrunterstellung nicht aus, dass der Computer im Tatzeitpunkt eingeschaltet war und dementsprechend die Urheberverletzung vom Computer des Beklagten vorgenommen wurde. Ungeachtet dessen, dass bereits zweifelhaft ist, ob in der allgemeinen Einlassung des Beklagten überhaupt Vortrag zum Tatzeitpunkt zu sehen ist, folgt aus dem Umstand, dass er seinen Computer, bevor er sich zur Feuerwehr begab, ausgeschaltet haben mag, nicht, dass der Computer auch zur Tatzeit noch ausgeschaltet war, zumal der Beklagte selbst behauptet, der Computer hätte auch durch die übrigen Hausbewohner genutzt werden können. Abgesehen davon, hat der Beklagte für die Behauptung, der Computer sei zum Tatzeitpunkt ausgeschaltet gewesen, für die er beweisbelastet ist (vgl. BGH, WRP 2016, 73 – Tauschbörse III), keinen Beweis angeboten.
Abmahnung keine Filesharing-Software auf seinem Computer gefunden haben will, bedeutet selbst bei einer Wahrunterstellung nicht, dass im Tatzeitpunkt solche Software zwingend nicht installiert gewesen ist.
d)
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht für die Täterschaft des Inhabers des Internetanschlusses, über den die Rechtsverletzung begangen wurde, eine tatsächliche Vermutung. Diese tatsächliche Vermutung kann der Anschlussinhaber entkräften, indem er eine ernsthafte Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten behauptet (BGH, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12, GRUR 2013, 511, Rn. 33 – Morpheus). Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zuletzt BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14, Rn. 42 – Tauschbörse III, bestätigend BGHZ 200, 76 Rn. 20 – BearShare) im Hinblick auf die Frage, ob zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung andere Personen den Anschluss nutzen konnten, eine sekundäre Darlegungslast, der der Anschlussinhaber nur genügt, wenn er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (vgl. BGHZ 200, 76 Rn. 20 – BearShare; BGH, Urteil vom 11. April 2013 – I ZR 61/12, TransportR 2013, 437 Rn. 31). Der Beklagte hat vorgetragen, dass er zum Tatzeitpunkt seinen Rechner nicht genutzt habe, da nach einem Einsatz für die freiwillige Feuerwehr am Morgen des Tattags vormittags noch bei der Feuerwehr die Einsatzberichte erstellt habe. Sein Computer sei aus Brandschutzgründen nicht eingeschaltet, wenn er nicht benutzt werde. Auf seinem Rechner habe er keine Filesharing-Software vorgefunden, und der weitere im Haus befindliche Laptop habe keinen Internetzugang gehabt. Weiter hat er vorgetragen, dass [A.] und [B.] seinen Computer und Internetzugang jederzeit mitbenutzen könnten. Die Kammer versteht den Vortrag dahin, dass dies auch zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung der Fall gewesen ist. Soweit man zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast fordern wollte, dass der Beklagte bei den in Betracht kommenden möglichen Tätern nachgefragt hat, ist diese Voraussetzung vorliegend erfüllt, da die Zeugin [A.] ausgesagt hat, dass über die Abmahnung im Kreis der Hausbewohner geredet worden sei und jeder gesagt habe, dass er es nicht gewesen sei. Es ist davon auszugehen, dass sich der Beklagte diesen Vortrag zu eigen gemacht hat.
e)
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer nicht von einer ernsthaften Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten überzeugt. Die Aussage der Zeugin [A.] war aus Sicht der Kammer – ob aufgrund der schwachen Erinnerung an den Tatzeitraum oder auch aus anderen Gründen, kann dahinstehen – nicht geeignet, um die Kammer von einer solchen Möglichkeit im Tatzeitpunkt zu überzeugen. Über die Art und Weise des Internetzugangs konnte die Zeugin schon keine verlässlichen Angaben machen. Sie war sich nicht sicher, ob der Zugang über W-LAN oder ein Kabel erfolgte. Ob und wie der W-LAN-Zugang gesichert war, daran konnte sie sich nicht mehr erinnern. Die Verlässlichkeit der Erinnerung der Zeugin steht auch deshalb im Zweifel, weil sie im Widerspruch zu dem schriftsätzlichen Vortrag des Beklagten behauptet hat, auch der Laptop habe einen Internetzugang gehabt. Insgesamt war auch ein Unwillen der Zeugin festzustellen, überhaupt zur Frage der Internetnutzung auszusagen. Schon zu Beginn ihrer Aussage stellte die Zeugin klar, dass es nach ihrem Verständnis nur darum gehe, wer im Haushalt gelebt habe. Zur Frage, ob die Schwiegermutter, die im Jahr 1943 oder 1944 geboren worden sei, den Computer überhaupt genutzt hat, wollte sie zunächst keine Angaben machen. Die Schwiegermutter habe die theoretische Möglichkeit gehabt, den Computer zu nutzen. Es sei viel zu lange her, um zu wissen, wer wann am Computer saß. Auf die Frage, ob sie ihre Schwiegermutter jeweils am Computer sitzen sehen habe, sagte sie, sie sei schon dran gewesen. Insgesamt verbleibt bei der Kammer der Eindruck, dass die Zeugin keine verlässlichen Angaben zu den Möglichkeiten der Internetnutzung im Tatzeitpunkt oder auch nur im Jahr 2010 machen kann. Der Aussage der Zeugin kann nach Auffassung der Kammer allenfalls eine theoretische Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten entnommen werden.
f)
Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Beklagte die Beweislast für die ernsthafte Möglichkeit der Nutzung durch einen Dritten, die der Erschütterung der tatsächlichen Vermutung dient. Da eine ernsthafte Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten nach dem Vorstehenden nicht zur Überzeugung der Kammer feststeht, greift die tatsächliche Vermutung. Ungeachtet dessen ist die Kammer auf der Grundlage der Aussage Zeugin nur von einer allenfalls theoretischen Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten überzeugt, so dass auch unabhängig von der Beweislastverteilung die tatsächliche Vermutung nicht erschüttert ist.
g)
Ist von einer Täterschaft des Beklagten auszugehen, hat er auch zumindest fahrlässig mit Blick auf den Urheberrechtsverstoß gehandelt. Anhaltspunkte für ein nicht fahrlässiges Verhalten sind nicht ersichtlich.
h) Hinsichtlich der Höhe des Schadens hält die Kammer einen Schadensersatzanspruch von EUR 400,00 für den Schadensausgleich für angemessen. Zu berücksichtigen war dabei, dass ein öffentliches Zugänglichmachen im Wege des Filesharing eine Vielzahl von Abrufen fördert und die Tatzeit 01.05.2010 drei Tage vor dem deutschen Veröffentlichungstag der DVD (Anlage K 7) und damit in einer besonders sensiblen Phase erfolgte.
i)
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Schadensersatzforderung auch nicht verjährt. Der Schadensersatzanspruch verjährt in drei Jahren. Da der Schadensersatzanspruch im Jahr 2010 entstanden ist und die Klägerin in diesem Jahr auch Kenntnis von der Person des Beklagten als Anschlussinhaber hatte, begann die Verjährung mit Ablauf des 31.12.2010 zu laufen, § 199 Abs. 1 BGB, so dass die regelmäßige Verjährungsfrist am 31.12.2013 ablief. Der Ablauf der Verjährung war indes infolge des Mahnverfahrens gehemmt. Beginn der Hemmung ist der Zeitpunkt des Mahnbescheidsantrags, vorliegend der 13.11.2013, da die Zustellung demnächst im Sinne des § 167 ZPO erfolgte. Die hierdurch herbeigeführte Hemmung endet nach § 204 Abs. 2 S. 1, S. 2 BGB 6 Monate ab dem Zeitpunkt, ab dem die Parteien das Verfahren nicht mehr betreiben. Demnach lief die Hemmung 6 Monate ab Zugang der Verfügung vom 22.11.2013, mit der das Mahngericht der Klägerin den Eingang des Widerspruchs mitteilte und die Kosten für die Durchführung des streitigen Verfahrens anforderte, aus, so dass die Hemmung frühestens am 22.05.2014 endete. Ab diesem Zeitpunkt läuft die Restverjährungsfrist, die dem Zeitraum vom 14.11.2013 bis 31.12.2013 entspricht. Innerhalb dieser Restverjährungsfrist wurde durch die Einzahlung der Kosten für das streitige Verfahren am 30.06.2014 die Hemmung erneut herbeigeführt, § 204 Abs. 2 S. 3 BGB. Entgegen der Auffassung des Beklagten war die Bezeichnung der Forderungen im Mahnbescheid auch hinreichend bestimmt. Eine ausreichende Bezeichnung des Anspruchs liegt dann vor, wenn er so gegenüber anderen Ansprüchen abgegrenzt werden kann, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein und der Schuldner erkennen kann, welcher Anspruch oder welche Ansprüche gegen ihn geltend gemacht werden, damit er beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich zur Wehr setzen will. Wann dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 1455 Rn. 11 NJW 2011, 613 Rn. 9; NJW-RR 2006, 275, 276), eine Erkennbarkeit für außenstehende Dritte ist nicht gefordert (vgl. BGH, NJW 2011, 613 Rn. 11). Eine ausreichende Erkennbarkeit für den Beklagten war vorliegend gegeben, da die Ansprüche unter Bezugnahme auf das Abmahnschreiben, dass der Beklagte unstreitig erhalten, so bezeichnet wurden, dass der Beklagte aufgrund des Abmahnschreibens klar erkennen konnte, um welche Ansprüche es sich handelt. Das im Mahnbescheid in Bezug genommene Schreiben musste nicht beigefügt werden, da es dem Beklagten bekannt war (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 1455 Rn. 11). Dass die Klägerin im Abmahnschreiben andere Anspruchshöhen in den Raum stellte, berührt die hinreichende Bezeichnung der Ansprüche nicht, da laut Mahnbescheid der Schadensersatzanspruch und das Rechtsbeistandshonorar gemäß Abmahnung unverkennbar geltend gemacht werden.
2.
Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Abmahnkosten beruht auf § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der der Abmahnung zugrunde gelegte Gegenstandswert von EUR 7.500,00 für den Unterlassungsanspruch angemessen. Zu berücksichtigen ist, dass neben der Tatzeit auch der Zeitpunkt der Abmahnung, nämlich der 24.09.2010 (Anlage K 9), ebenfalls noch in einer besonders zu schützenden Verwertungsphase liegt. Rund fünf Monate nach dem Start des DVD-Vertriebs ist noch mit signifikanten DVD-Verkäufen zu rechnen, so dass das Interesse der Klägerin an der Durchsetzung ihrer Verbietungsrechte nicht als gering anzusehen ist und durch den Gegenstandswert in Höhe von EUR 7.500,00 zutreffend abgebildet ist. Dass das Rechtsanwaltshonorar unter Zugrundelegung dieses Gegenstandswerts falsch berechnet worden wäre, behauptet der Beklagte nicht. Auch sonst sind Berechnungsfehler nicht ersichtlich. Soweit der Beklagte bestreitet, dass das Honorar nach RVG berechnet und gezahlt wurde, ist dieses pauschale Bestreiten unerheblich. Tatsächliche Anhaltspunkte hat der Beklagte nicht vorgebracht. Hinsichtlich der Verjährung gelten die oben genannten Ausführungen entsprechend.
3.
Die Zinsansprüche beruhen auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Rechtshängigkeit ist am Tag des Eingangs der Akten beim Streitgericht (BGHZ 179, 329 Rn. 17 ff.) eingetreten, mithin am 05.07.2014. Ein Rückbezug der Rechtshängigkeit auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids erfolgt nicht, da die Mahnsache nicht alsbald im Sinne des § 696 Abs. 3 ZPO an das Streitgericht abgegeben wurde. Entsprechend § 188 BGB ist daher Zinsbeginn der 06.07.2014 als der Tag, welcher auf den Tag der Rechtshängigkeit folgt.
4.
Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 91 ZPO, hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO.