Übersicht
- 1 Das Wichtigste in Kürze
- 2 Fernabsatzverträge: Rechte, Pflichten und Beweislast im Online-Handel
- 3 Der Fall vor Gericht
- 4 Die Schlüsselerkenntnisse
- 5 Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- 5.1 Welche Kommunikationswege führen zu einem Fernabsatzvertrag bei PV-Anlagen?
- 5.2 Welche Widerrufsfristen gelten bei fehlender Belehrung über das Widerrufsrecht?
- 5.3 Was muss bei der Formulierung eines Widerrufs beachtet werden?
- 5.4 Wie läuft die Rückabwicklung nach einem erfolgreichen Widerruf ab?
- 5.5 Wer muss was bei einem Streit über das Vorliegen eines Fernabsatzvertrags beweisen?
- 6 Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- 7 Wichtige Rechtsgrundlagen
- 8 Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Brandenburg
- Datum: 10.10.2024
- Aktenzeichen: 12 U 185/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Verbraucherrecht, Fernabsatzrecht, Vertragsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Verbraucher, die eine Photovoltaikanlage Vertrag geschlossen hatten. Sie machten einen wirksamen Widerruf des Vertrages geltend und argumentierten, es handle sich um einen Fernabsatzvertrag.
- Beklagte: Unternehmen, das die Photovoltaikanlage bereitgestellt hatte. Es bestritt das Vorliegen eines Fernabsatzvertrages und behauptete, der Vertrag sei nicht ausschließlich über Fernkommunikationsmittel zustande gekommen.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Kläger hatten von der Beklagten eine Photovoltaikanlage erworben. Der Vertrag wurde im November 2019 geschlossen. Die Kläger widerriefen den Vertrag, da sie behaupteten, es handle sich um einen Fernabsatzvertrag, der per E-Mail zustande kam. Die Beklagte bestritt dies und argumentierte, dass es vorab persönliche Vertragsverhandlungen gegeben habe.
- Kern des Rechtsstreits: Die Hauptfrage war, ob der geschlossene Vertrag ein Fernabsatzvertrag war, der die Kläger zum Widerruf berechtigte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht Brandenburg wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Potsdam. Die Beklagte muss die Zahlungen der Kläger zurückerstatten.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass der Vertrag durch Fernkommunikation zustande kam und es keine hinreichenden Beweise für das Vorliegen von persönlichen Vertragsverhandlungen vor Abschluss des Vertrags durch die Beklagte gab. Die Verwendung von Fernkommunikationsmitteln bei Vertragsabschluss erfüllte die Kriterien für einen Fernabsatzvertrag.
- Folgen: Die Beklagte ist verpflichtet, den Betrag von 20.607,43 Euro an die Kläger zurückzuzahlen. Der Widerruf des Vertrages wurde als wirksam anerkannt. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wurde nicht zugelassen, womit das Urteil rechtskräftig ist.
Fernabsatzverträge: Rechte, Pflichten und Beweislast im Online-Handel
Im digitalen Zeitalter wird der Abschluss von Verträgen häufig durch Online-Käufe gesteuert, was die Bedeutung von Fernabsatzverträgen erhöht. Diese speziellen Verträge kommen zustande, wenn Verbraucher Waren oder Dienstleistungen über Fernkommunikationsmittel, wie das Internet, erwerben. Im Rahmen dieser Vertragsverhältnisse sind sowohl Rechte als auch Pflichten definiert, die den Verbraucherschutz gewährleisten, etwa durch Informationspflichten und ein Widerrufsrecht.
Besonders wichtig ist die Frage der Beweislast, denn die Nachweispflicht über den Vertragsschluss liegt in vielen Fällen beim Verkäufer. Dies betrifft insbesondere die Beweisdokumentation im Falle von Rückgaben oder Abmahnungen. In der Folge wird ein konkreter Fall vorgestellt und analysiert, um die Praxis der rechtlichen Regelungen rund um Fernabsatzverträge näher zu beleuchten.
Der Fall vor Gericht
Rückzahlungsanspruch für PV-Anlage nach Widerruf eines Fernabsatzvertrags
Das Oberlandesgericht Brandenburg hat einen Verbraucher-Widerruf beim Kauf einer Photovoltaikanlage bestätigt. Die Kläger müssen die bereits geleisteten Zahlungen von 20.607,43 Euro zurückerhalten, nachdem sie den Vertrag wirksam widerrufen haben.
Fernabsatzvertrag trotz Vor-Ort-Beratung durch Vermittler
Der Vertrag über die Installation einer PV-Anlage kam im November 2019 per E-Mail und WhatsApp zustande. Die Beklagte argumentierte, dass vor Vertragsschluss persönliche Gespräche mit einem Vermittler stattgefunden hätten. Das Gericht sah darin jedoch keine ausreichenden Vertragsverhandlungen, die den Fernabsatzcharakter des Vertrags ausschließen würden. Der als Zeuge vernommene Vermittler konnte keine konkreten Verhandlungsgespräche vor Vertragsschluss bestätigen.
Wirksamer Widerruf statt Rücktritt
Die Kläger erklärten im August 2020 den Rücktritt vom Vertrag. Das Gericht wertete dies als wirksamen Widerruf, da die Erklärung deutlich machte, dass die Kläger den Vertrag von Anfang an nicht gelten lassen wollten. Da die Beklagte nicht über das Widerrufsrecht belehrt hatte, galt die verlängerte Widerrufsfrist von 12 Monaten und 14 Tagen. Der Widerruf erfolgte nach 9 Monaten und war damit rechtzeitig.
Rückabwicklung mit Zug-um-Zug-Leistung
Die Beklagte muss die erhaltenen Zahlungen zurückerstatten – Zug um Zug gegen Rückgabe der installierten PV-Anlage einschließlich des nachträglich verlegten Erdkabels zwischen Wohnhaus und Scheune. Das Gericht stellte zudem fest, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme der Anlage in Annahmeverzug befindet, nachdem sie eine gesetzte Frist zum Rückbau bis September 2020 verstreichen ließ.
Beweislast bei Fernabsatzverträgen
Das Gericht betonte: Sobald der Verbraucher nachweist, dass der Vertragsschluss ausschließlich über Fernkommunikationsmittel erfolgte, muss der Unternehmer beweisen, dass zuvor wesentliche Vertragsverhandlungen stattfanden. Auch muss der Unternehmer darlegen, dass kein organisiertes Vertriebssystem für Fernabsatzgeschäfte vorliegt. Diese Nachweise konnte die Beklagte nicht erbringen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stärkt die Position von Verbrauchern beim Online-Kauf von Photovoltaikanlagen. Auch wenn vor Vertragsschluss Vor-Ort-Beratungen oder technische Gespräche stattfinden, kann ein Fernabsatzvertrag mit Widerrufsrecht vorliegen, sofern der eigentliche Vertrag ausschließlich über Fernkommunikationsmittel (E-Mail, WhatsApp etc.) geschlossen wird. Eine als „Rücktritt“ bezeichnete Erklärung kann als Widerruf gelten, wenn der Verbraucher deutlich macht, dass er den Vertrag von Anfang an nicht gelten lassen will. Bei fehlender Widerrufsbelehrung verlängert sich die Widerrufsfrist auf 12 Monate und 14 Tage.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie eine PV-Anlage online oder per Fernkommunikation bestellt haben, können Sie den Vertrag auch dann noch widerrufen, wenn zuvor technische Gespräche oder Besichtigungen stattfanden. Ein Widerruf ist auch ohne das Wort „Widerruf“ möglich – es reicht, wenn Sie klar ausdrücken, dass der Vertrag rückabgewickelt werden soll. Falls Sie keine Widerrufsbelehrung erhalten haben, können Sie den Widerruf sogar noch nach Monaten erklären und haben Anspruch auf Rückerstattung Ihrer Zahlungen. Allerdings müssen Sie die Anlage dann im Gegenzug zurückgeben.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Kommunikationswege führen zu einem Fernabsatzvertrag bei PV-Anlagen?
Ein Fernabsatzvertrag für eine Photovoltaikanlage liegt vor, wenn der Vertrag ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wird. Zu diesen Kommunikationswegen gehören:
- Telefon
- Internet/Online-Bestellung
- Fax
- Brief
- Katalogbestellung
- SMS oder andere Mobilfunknachrichten
Besonderheiten bei PV-Anlagen
Der Vertrag gilt als Fernabsatzvertrag, wenn die wesentlichen Vertragsverhandlungen und der Vertragsschluss über diese Kommunikationswege erfolgen. Dies trifft auch dann zu, wenn es sich um eine standardisierte Photovoltaikanlage mit Montagepflicht handelt.
Wichtige Einschränkungen
Ein persönlicher Kontakt während der Vertragsanbahnung kann die Einstufung als Fernabsatzvertrag ausschließen. Wenn beispielsweise ein Vertreter vor Ort das Dach besichtigt und dabei wesentliche Vertragsverhandlungen stattfinden, liegt meist kein Fernabsatzvertrag vor, auch wenn der finale Vertragsschluss per E-Mail erfolgt.
Beweisfragen
Als Verbraucher müssen Sie nachweisen können, dass der Vertrag ausschließlich über Fernkommunikationsmittel zustande gekommen ist. Der Unternehmer kann sich dieser Einstufung nur entziehen, wenn er beweist, dass:
- ein relevanter persönlicher Kontakt vor Vertragsschluss stattgefunden hat oder
- der Vertrag nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebssystems geschlossen wurde
Welche Widerrufsfristen gelten bei fehlender Belehrung über das Widerrufsrecht?
Bei fehlender oder fehlerhafter Widerrufsbelehrung verlängert sich die reguläre 14-tägige Widerrufsfrist erheblich. In diesem Fall beginnt die Widerrufsfrist überhaupt nicht zu laufen, bis eine ordnungsgemäße Belehrung nachgeholt wird.
Maximale Widerrufsfrist
Die absolute Höchstdauer des Widerrufsrechts beträgt 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsabschluss oder Warenerhalt. Diese Frist gilt auch dann, wenn Sie gar keine Widerrufsbelehrung erhalten haben.
Heilung durch nachträgliche Belehrung
Wenn der Unternehmer die fehlerhafte Belehrung durch eine ordnungsgemäße Belehrung korrigiert, beginnt ab diesem Zeitpunkt die reguläre 14-tägige Widerrufsfrist zu laufen. Dies gilt allerdings nur, wenn die neue Belehrung allen gesetzlichen Anforderungen entspricht und auf einem dauerhaften Datenträger erfolgt.
Typische Belehrungsfehler
Ein Widerrufsrecht über die normale 14-Tage-Frist hinaus steht Ihnen beispielsweise zu, wenn:
- Die Fristberechnung unklar formuliert ist
- Die Widerrufsfolgen unvollständig aufgeführt sind
- Eine ungültige Geschäftsadresse angegeben wurde
- Die Belehrung versteckt oder schwer lesbar ist
- Widersprüchliche Belehrungen in verschiedenen Vertragsunterlagen existieren
Selbst kleine Formulierungsfehler können dabei zur Unwirksamkeit der Belehrung führen. So reichte in einem Fall bereits die Verwendung des Wortes „klären“ statt „erklären“, um die gesamte Belehrung unwirksam zu machen.
Was muss bei der Formulierung eines Widerrufs beachtet werden?
Ein Widerruf muss als eindeutige Erklärung gegenüber dem Unternehmer erfolgen, aus der klar der Entschluss hervorgeht, den Vertrag zu widerrufen.
Form und Inhalt
Der Widerruf ist an keine bestimmte Form gebunden. Sie können den Widerruf schriftlich per Brief, E-Mail oder Fax erklären, aber auch telefonisch oder persönlich. Aus Beweisgründen empfiehlt sich jedoch die Textform, also eine schriftliche Erklärung.
Eine Begründung ist nicht erforderlich. Der Unternehmer darf keine Erklärung für den Widerruf verlangen.
Formulierung des Widerrufs
Aus Ihrer Erklärung muss eindeutig hervorgehen, dass Sie den Vertrag widerrufen möchten. Das Wort „Widerruf“ selbst muss dabei nicht zwingend verwendet werden, aber es hilft Missverständnisse zu vermeiden.
Zeitliche Vorgaben
Zur Wahrung der 14-tägigen Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Bei Warenlieferungen beginnt die Frist erst mit Erhalt der Ware. Wurden mehrere Waren bestellt, läuft die Frist ab Erhalt der letzten Lieferung.
Widerrufsformular
Der Unternehmer muss Ihnen ein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung stellen. Sie können dieses Formular nutzen, sind aber nicht dazu verpflichtet. Wenn der Unternehmer die Möglichkeit eines Online-Widerrufs anbietet, muss er den Eingang unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. per E-Mail) bestätigen.
Wie läuft die Rückabwicklung nach einem erfolgreichen Widerruf ab?
Nach einem erfolgreichen Widerruf entsteht ein sogenanntes Rückgewährschuldverhältnis. Dies bedeutet, dass beide Vertragsparteien verpflichtet sind, die empfangenen Leistungen zurückzugewähren.
Pflichten des Verbrauchers
Als Verbraucher müssen Sie die erhaltene Ware unverzüglich und spätestens binnen 14 Tagen an den Unternehmer zurücksenden. Dabei genügt die rechtzeitige Absendung der Ware zur Fristwahrung – der tatsächliche Eingang beim Unternehmer muss nicht innerhalb dieser Frist erfolgen.
Der Widerruf muss eindeutig gegenüber dem Unternehmer erklärt werden. Eine formlose Erklärung ist ausreichend, etwa per E-Mail. Das bloße Zurücksenden der Ware reicht jedoch nicht aus.
Pflichten des Unternehmers
Der Unternehmer muss den Kaufpreis einschließlich der ursprünglichen Versandkosten innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Widerrufserklärung zurückerstatten. Dabei gilt:
- Der Unternehmer muss dasselbe Zahlungsmittel für die Rückerstattung verwenden, das Sie bei der ursprünglichen Zahlung genutzt haben.
- Die Rückzahlung darf verweigert werden, bis die Ware beim Unternehmer eingegangen ist oder Sie einen Nachweis über die Rücksendung erbracht haben.
Kosten und Wertersatz
Bei den Kosten gilt folgende Regelung:
- Die regulären Hinsendekosten müssen vom Unternehmer erstattet werden
- Die Kosten der Rücksendung tragen Sie als Verbraucher, sofern der Unternehmer Sie darüber informiert hat.
Wertersatz für eine Verschlechterung der Ware müssen Sie nur leisten, wenn:
- Sie über diese Pflicht informiert wurden
- Der Wertverlust auf einen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise hinausgeht.
Wer muss was bei einem Streit über das Vorliegen eines Fernabsatzvertrags beweisen?
Bei einem Streit über das Vorliegen eines Fernabsatzvertrags gilt eine gestufte Beweislastverteilung:
Beweislast des Verbrauchers
Der Verbraucher muss zunächst nachweisen, dass für den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet wurden. Dies bedeutet, dass Sie als Verbraucher darlegen müssen, wie der Vertrag zustande gekommen ist – etwa durch Bestellung in einem Onlineshop, per Telefon oder E-Mail.
Beweislast des Unternehmers
Wenn Sie als Verbraucher die ausschließliche Nutzung von Fernkommunikationsmitteln nachgewiesen haben, verschiebt sich die Beweislast. Der Unternehmer muss dann beweisen, dass:
- dem Vertragsschluss ein persönlicher Kontakt vorausging oder
- der Vertrag nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgte
Besondere Konstellationen
Wenn sich der Unternehmer darauf beruft, dass ausnahmsweise kein Widerrufsrecht besteht, muss er dies beweisen. Dies gilt etwa bei den gesetzlichen Ausnahmen nach § 312g Abs. 2 BGB.
Informationspflichten
Für die Erfüllung der fernabsatzrechtlichen Informationspflichten trägt der Unternehmer die Beweislast. Er muss nachweisen können, dass er Ihnen als Verbraucher alle gesetzlich vorgeschriebenen Informationen ordnungsgemäß zur Verfügung gestellt hat.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Fernabsatzvertrag
Ein spezieller Vertragstyp, der ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Parteien unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (z.B. Telefon, Internet, E-Mail) zustande kommt. Geregelt in §312c BGB ist dies besonders im Online-Handel relevant. Auch wenn ein Vertreter vor Ort berät, kann ein Fernabsatzvertrag vorliegen, wenn der eigentliche Vertragsschluss über Fernkommunikation erfolgt. Beispiel: Ein Kunde wird zuhause von einem Vertreter beraten, bestellt die Ware aber später online.
Widerrufsrecht
Das gesetzlich garantierte Recht eines Verbrauchers, einen Vertrag innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen zu widerrufen (§355 BGB). Bei Fernabsatzverträgen beträgt die Frist 14 Tage ab Vertragsschluss bzw. Warenerhalt. Wird nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt, verlängert sich die Frist auf 12 Monate und 14 Tage. Beispiel: Ein Online-Käufer kann seinen Kauf binnen 14 Tagen widerrufen und erhält den Kaufpreis zurück.
Zug-um-Zug-Leistung
Ein Rechtsprinzip nach §320 BGB, bei dem beide Vertragsparteien ihre Leistungen nur gleichzeitig austauschen müssen. Keine Partei muss in Vorleistung gehen. Bei der Rückabwicklung eines Vertrags bedeutet dies, dass der Verkäufer nur gegen Rückgabe der Ware den Kaufpreis erstatten muss. Beispiel: Bei einem widerrufenen Möbelkauf muss der Händler erst dann das Geld zurückzahlen, wenn der Kunde die Möbel zurückgibt.
Annahmeverzug
Rechtliche Situation nach §293 BGB, wenn ein Gläubiger eine ihm ordnungsgemäß angebotene Leistung nicht annimmt. Der Schuldner kann dann Ersatz für Mehraufwendungen verlangen und seine Leistungspflicht wird erleichtert. Die Gegenpartei trägt ab diesem Zeitpunkt erhöhte Risiken. Beispiel: Ein Verkäufer verweigert die Rücknahme einer widerrufenen Ware trotz Aufforderung – er gerät in Annahmeverzug und trägt das Risiko für Beschädigungen.
Vertriebssystem für Fernabsatzgeschäfte
Eine vom Unternehmen eingerichtete organisatorische und technische Infrastruktur, die darauf ausgerichtet ist, regelmäßig Waren oder Dienstleistungen im Fernabsatz zu verkaufen. Dies umfasst beispielsweise Online-Shops, Callcenter oder Versandhandelssysteme. Relevant für die rechtliche Einordnung als Fernabsatzgeschäft nach §312c BGB. Beispiel: Ein Onlineshop mit automatisierter Bestellabwicklung und Versandlogistik.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 312c BGB (Fernabsatzvertrag): Dieser Paragraph definiert, wann ein Vertrag als Fernabsatzvertrag gilt, insbesondere wenn er unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, wie z.B. E-Mail, abgeschlossen wurde. Die Besonderheit des Fernabsatzvertrags liegt darin, dass Verbraucher in der Regel ein Widerrufsrecht haben, welches ihnen eine Bedenkzeit ermöglicht, bevor sie rechtlich bindende Verpflichtungen eingehen. Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über die Wirksamkeit des Vertrages und ob dieser als Fernabsatzvertrag eingestuft werden kann, was für die Ausübung des Widerrufsrechts entscheidend ist.
- § 355 BGB (Widerrufsrecht): Dieser Paragraph regelt das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen und anderen bestimmten Verträgen. Verbraucher haben das Recht, den Vertrag innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Die Kläger berufen sich auf ihr Widerrufsrecht, welches sie innerhalb des festgelegten Zeitrahmens erklärt haben, und der Fall zeigt auf, ob die Voraussetzungen für die Ausübung dieses Rechts tatsächlich gegeben sind.
- § 346 BGB (Rückgewährpflicht): Laut diesem Paragraphen müssen die Vertragsparteien im Falle eines Widerrufs die empfangenen Leistungen zurückgewähren. Dies umfasst sowohl die Rückzahlung des Kaufpreises als auch die Rückgabe der Ware. Im Fall der Kläger haben diese die Rückzahlung der durch die Beklagte erhaltenen Leistungen gefordert, was zeigt, dass die Rückgewähr der Photovoltaikanlage und des gezahlten Betrags im Zentrum der Auseinandersetzung steht.
- § 324 BGB (Rücktritt bei Mängeln): Dieser Paragraph gestattet einem Vertragspartner, vom Vertrag zurückzutreten, wenn der andere Partner seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt. Die Kläger berufen sich hilfsweise auf einen Rücktritt aufgrund von Mängeln an der Photovoltaikanlage, und die Frage ist, ob und inwiefern die Beklagte ihre Gewährleistungspflichten erfüllt hat oder die Nachbesserungsversuche gescheitert sind.
- § 149 ZPO (Aussetzung des Verfahrens): Diese Vorschrift ermöglicht es, ein Verfahren auszusetzen, wenn es beispielsweise mit einem anderen Verfahren oder einer externen Angelegenheit (hier ein Ermittlungsverfahren) verbunden ist. Im Fall haben die Kläger jedoch darauf bestanden, dass das Verfahren nicht ausgesetzt wird, was zeigt, dass die fortlaufende Klärung der Ansprüche auch unter externen rechtlichen Aspekten von Bedeutung ist.
Das vorliegende Urteil
OLG Brandenburg – Az.: 12 U 185/23 – Urteil vom 10.10.2024
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