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Urheberrechtsverletzung – Schadensersatzansprüche gegenüber dem Internetanschlussinhaber

LG Wuppertal, Az.: 3 O 203/15, Urteil vom 08.06.2016

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Wuppertal vom 23.03.2016 (3 O 203/15) wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass das Versäumnisurteil des Landgerichts Wuppertal vom 30.09.2015 (3 O 203/15) aufgehoben wird.

Der Kläger trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckung darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden

Tatbestand

Der Kläger macht gegen den Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz wegen der Vornahme urheberrechtsverletzender Handlungen über eine Internettauschbörse (sogenanntes Filesharing) über seinen Internetanschluss geltend.

Der Kläger und seine inzwischen geschiedene Ehefrau sind wegen unerlaubten Filesharings über ihren Internetanschluss zwischen dem 08.11.2012 und dem 29.11.2012 von verschiedenen Rechtsanwaltskanzleien abgemahnt worden.

Der Kläger lebte in dem fraglichen Zeitraum nicht in der Ehewohnung, sondern seine Ehefrau lebte dort mit dem Beklagten zusammen.

Der Kläger hat bislang Abmahnkosten in Höhe von 1.278,06 Euro und Schadensersatz in Höhe von 100,00 Euro gezahlt. Er sieht sich weiteren Forderungen von Rechteinhabern in Höhe von 6.312,00 Euro ausgesetzt. Für die außergerichtliche Rechtsverfolgung gegen den Beklagten entstanden Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 201,71 Euro.

Urheberrechtsverletzung - Schadensersatzansprüche gegenüber dem Internetanschlussinhaber
Symbolfoto: New Africa/Bigstock

Der Kläger trägt vor, der Beklagte habe den Upload sämtlicher abgemahnter Werke vorgenommen, ohne sein – des Klägers – Wissen und gegen seinen und gegen den Willen seiner Exfrau. Der Beklagte habe eine Filesharing-Software installiert, die ohne weiteres Zutun des Nutzers Down- und Uploads von Dateien im sogenannten Peer-to-peer-Verfahren vornimmt. Seine Exfrau habe keine solche Filesharing-Software auf ihrem Rechner installiert und habe auch nicht den Rechner des Beklagten benutzt. Sie habe allerdings einmal mit dem Beklagten einen Kinofilm angeschaut, den dieser nach seinen Angaben für einen Kollegen „gezogen“ hatte. Daraufhin habe seine Exfrau dem Beklagten die Nutzung von Filesharing-Diensten untersagt.

Auf Antrag des Klägers ist am 30.09.2015 gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil ergangen, mit dem der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.378,06 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2015 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 201,71 Euro zu zahlen. Der Beklagte wurde außerdem verurteilt, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 6.312,00 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2015 zu zahlen. Schließlich wurde festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die aus den urheberrechtsverletzenden Handlungen vom 08.11.2012 und 29.11.2012 entstehen.

Der Beklagte hat gegen dieses Versäumnisurteil form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.

Auf Antrag des Beklagten wurde die Klage durch Versäumnisurteil vom 23.03.2016, das am 24.03.2016 zugestellt wurde, abgewiesen. Der Kläger hat gegen dieses Versäumnisurteil durch Schriftsatz vom 30.03.2016, am selben Tag bei Gericht eingegangen, Einspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil vom 23.03.2016 aufzuheben und das Versäumnisurteil vom 30.09.2015 aufrechtzuerhalten.

Hilfsweise beantragt er, das Versäumnisurteil vom 23.03.2016 aufzuheben und das Versäumnisurteil vom 30.09.2015 mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass anstelle der Verurteilung zur Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 6.312,00 Euro nebst Verzugszinsen seit dem 31.07.2015 die Verurteilung des Beklagten zur Freistellung gegenüber den in der Klageschrift genannten Rechteinhabern in Höhe von 6.312,00 Euro tritt.

Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil vom 23.03.2016 mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass das Versäumnisurteil vom 30.09.2015 aufgehoben wird.

Der Beklagte trägt vor, nicht er habe die behaupteten Rechtsverletzungen vorgenommen, sondern die geschiedene Ehefrau des Klägers, die Zeugin L. Diese habe ganze Tage am PC verbracht. Er selbst habe keine Filesharing-Software genutzt. Filme habe er über den Online-Store seiner Playstation erworben. An den betreffenden Daten habe er entweder gearbeitet oder sei aus anderen Gründen nicht zu Hause gewesen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 28.01.2016 (Bl. 111 f. d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 11.05.2016 (Bl. 147 ff. d.A.).

Entscheidungsgründe

Die Einsprüche gegen die Versäumnisurteile waren jeweils statthaft und wurden form- und fristgerecht eingelegt.

Die Klage ist jedoch weder nach den Hauptanträgen noch nach dem Hilfsantrag begründet, weswegen das klageabweisende Versäumnisurteil vom 23.03.2016 aufrechtzuerhalten und das stattgebende Versäumnisurteil vom 30.09.2015 aufzuheben war.

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Alle denkbaren Anspruchsgrundlagen setzen voraus, dass der Beklagte die streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen begangen hat. Dies steht jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Gerichts fest.

Unstreitig konnte der Internetanschluss des Klägers im fraglichen Zeitraum nur von der Zeugin L und dem Beklagten genutzt werden, so dass nur einer von beiden als Verletzer in Betracht kommt.

Der Beklagte hat in seiner Anhörung bekundet, dass er den Anschluss im Wesentlichen mit seiner Playstation genutzt habe, allerdings auch einen eigenen Computer gehabt habe, den er zum Beispiel für Überweisungen genutzt habe, was er allerdings erst nach mehrmaliger Nachfrage eingeräumt hat.

Er habe nichts heruntergeladen und habe auch die Filesharing-Software nicht auf seinem PC installiert gehabt. Sein Computer sei aber frei zugänglich und nicht passwortgeschützt gewesen.

Die Zeugin L hat bekundet, dass auch auf ihrem Rechner im November 2012 keine Filesharing-Software installiert gewesen sei und sie eine solche auch nicht auf dem Rechner des Beklagten installiert habe. Sie habe zwar grundsätzlich Zutritt auf den Rechner des Beklagten gehabt, diesen aber nicht genutzt. In der Wohnung habe außer ihr und dem Beklagten niemand gewohnt. Ihre Mutter habe aber mit im Haus gewohnt.

Sie habe allerdings mit dem Beklagten relativ aktuelle Kinofilme auf dessen Computer angeschaut, wobei er ihr erklärt habe, dass es sich um eine Grauzone gehandelt habe, ob man den Film so habe sehen dürfen. Obwohl sie nicht sicher gewusst haben will, woher der Film kam, will sie dem Beklagten gesagt haben, dass sie keine Filme ansehen möchte, die aus einer Grauzone stammen, wobei sie das Wort „Grauzone“ auffällig oft wiederholt hat. Insoweit erscheint ihre Aussage wenig glaubhaft.

Da sie Mitinhaberin des Internetanschlusses war, hat sie auch ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits.

Andererseits hat der Beklagte dasselbe Interesse. Auch seine Aussage war – zumindest was seine generelle Internetznutzung betrifft – wenig glaubhaft.

Das Gericht hat bei dieser Sachlage keine Veranlassung, einer der beiden Aussagen mehr Glauben zu schenken als der anderen.

Damit ist die Urheberrechtsverletzung durch den Beklagten nicht bewiesen. Die Nichtbeweisbarkeit geht zu Lasten des Klägers, der hinsichtlich der behaupteten Urheberrechtsverletzungen des Beklagten beweisbelastet ist. Zugunsten des Klägers greift insoweit keine Beweiserleichterung ein, da der Anschlussinhaber regelmäßig weiß, wer seinen Internetanschluss tatsächlich nutzt.

Der Kläger kann daher weder Ersatz der an diverse Rechtsanwälte gezahlten Abmahnkosten noch Freistellung von der Inanspruchnahme durch die jeweiligen Rechteinhaber verlangen.

Mangels Hauptanspruch entfällt auch der Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 ZPO.

Streitwert: 8.690,06 Euro (Klageantrag zu 1.: 1.378,06 Euro, Klageantrag zu 2. bzw. Hilfsantrag: 6.312,00 Euro, Klageantrag zu 3.: 1.000,00 Euro).

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