Amtsgericht Kassel, Az.: 410 C 3394/15, Urteil vom 04.07.2017
Das Versäumnisurteil vom 27.09.2016 wird aufrecht erhalten.
Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung aus diesem und dem aufrechterhaltenen Titel gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen einer Urheberrechtsverletzung.
Die Klägerin bezeichnet sich als Filmherstellerin und Inhaberin des ausschließlichen Nutzungsrechts der öffentlichen Wiedergabe an im Auftrag des Ligaverbandes des deutschen Fußballs produzierten und von der DFL im Auftrag des Ligaverbandes vermarkteten Live-Signal der Spiele der deutschen Fußballbundesliga und 2. Fußballbundesliga (mit Ausnahme der Eröffnungsspiele der Hin- und Rückrunde, der Montag-Spiele der zweiten Bundesliga, der Relegationsspiele und der Supercup-Spiele). Der Mitarbeiter der Klägerin bemerkte am 04.04.2015, dass in der Gaststätte „“, welche vom Beklagten betrieben wird, das Spiel Borussia Dortmund gegen FC Bayern München der Bundesliga-Saison 2014/2015 gezeigt wurde, konkret die Halbzeitberichterstattung. Der Mitarbeiter der Klägerin nahm die von der Klägerin verwendete Kennzeichen auf dem Bildschirm war. Der Beklagte hatte für diesen Zeitpunkt keinen Abonnement-Vertrag mit der Klägerin geschlossen. Die Klägerin begehrt nunmehr in Anlehnung an ihre Lizenzgebühren Schadensersatz, den sie nach dem Jahresbetrag einer Gaststättennutzung berechnet. Diesen beziffert sie mit 12 × 89,00 €, mithin 1.068,00 €.
Die Klägerin behauptet, durch entsprechende Vertragsgestaltung ausschließliche Trägerin des Urheberrechts am Livesignal des streitgegenständlichen Fußballspiels zu sein. Die Darbietung dieses Fußballspiels in der Gaststätte des Beklagten am 04.04.2015 sei eine öffentliche Wiedergabe, die der Beklagte ohne Lizenz vorgenommen habe. Daraus folge seine Verpflichtung zum Schadensersatz. Die Orientierung der Anspruchshöhe an dem Lizenzvertrag für eine Jahresnutzung sei nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe insbesondere nicht dargetan, dass insoweit eine marktbeherrschende Stellung der Klägerin vorliege und diese Art der Schadensberechnung kartellrechtlich relevant sei. Zwar biete sie privaten Endkunden auch Verträge an, die die Wiedergabe einzelner Fußballspiele ermöglichten, ohne dass damit eine Bindung über längere Zeiträume verbunden sei. Beim Beklagten handele es sich aber um einen gewerblichen Anbieter.
Die Klägerin hatte ursprünglich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.068,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der am 11.07.2015 eingetretenen Rechtshängigkeit zu zahlen. Mit am 12.10.2016 zugestelltem Versäumnisurteil vom 27.09.2016 hat das Gericht die Klage abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin mit am 12.10.2016 eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt. Die Klägerin beantragt nunmehr,
den Beklagten unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 27.09.2016 zu verurteilen, an die Klägerin 1.068,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil vom 27.09.2016 aufrechtzuerhalten.
Er ist der Ansicht, es fehle an einer öffentlichen Wiedergabe des streitgegenständlichen Fußballspiels. In der Gaststätte des Beklagten habe sich eine geschlossene Gesellschaft anlässlich einer Trauerfeier aufgehalten. Der Beklagte selbst verfüge nicht über einen Receiver, der den Empfang der Programme der Klägerin ermögliche. Diesen habe vielmehr einer der Trauergäste mitgebracht, so dass der Beklagte für die Sendung nicht verantwortlich sei. Andere Personen als die geladenen Trauergäste hätten das Fußballspiel nicht ansehen können. Den Schadensersatz könne die Klägerin auch nur anhand des niedrigeren Entgeltes für eine einmalige Nutzung der Programme der Klägerin berechnen (sog. Payper-View-Entgelt). Solche Angebote unterbreite die Klägerin ohne Einschränkung des Nutzerkreises, wozu sich der Beklagte auf zwei im Internet veröffentlichte Angebote beruft (auf die Anl. B1 und B3, Bl. I/71 bzw. Bl. I/234 f. und Bl. II/6 ff. d.A. wird Bezug genommen).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Das angerufene Gericht ist sachlich unzuständig. Zuständig ist das Landgericht Kassel als Kartellgericht gemäß §§ 87, 89 GWB i.V.m. § 42 der VO v. 03.06.2013.
Zwar macht die Klägerin hier einen Anspruch aus dem Urheberrecht geltend. Die Entscheidung des Rechtsstreits ist jedoch von einer kartellrechtlichen Vorfrage im Sinne des § 87 S. 2 GWB abhängig mit der Folge, dass dann für die Entscheidung des Rechtsstreits insgesamt nicht das für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständige Gericht, sondern das Kartellgericht zuständig ist. Auch wenn für den vorliegenden Anspruch der Streitwert unter 5.000,00 € liegt und somit mithin nach §§ 23 Abs. 1, 71 Nr. 1 GVG die Zuständigkeit der Amtsgerichte (und damit des angerufenen Gerichts) begründet wäre, ist gleichwohl das Landgericht Kassel deswegen zuständig, weil § 87 GWB die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte für alle erstinstanzlichen Streitigkeiten kartellrechtlicher Art vorsieht. Deswegen ist unabhängig von der Frage der Belehrung durch das Gericht ein rügeloses Einlassen im Sinne der §§ 39, 504 ZPO nicht zuständigkeitsbegründend, da dies nur dann möglich ist, wenn auch eine Gerichtsstandsvereinbarung zulässig wäre (Zöller/Vollkommer, § 39 ZPO Rn. 11); eine solche ist jedoch bei ausschließlichen Gerichtsständen gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig.
Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von der Entscheidung einer kartellrechtlichen Vorfrage ab.
Die Klägerin kann zwar gemäß § 97 Abs. 2 UrhG Schadensersatz verlangen, weil der Beklagte ohne hierfür lizenziert zu sein eine Fernsehsendung öffentlich wiedergab, für die die Klägerin Trägerin der Urheberrechte ist.
Unstreitig wurde am 04.04.2015 in der Gaststätte““ des Beklagten die Übertragung des Fußballspiels der Vereine Borussia Dortmund und FC Bayern München wiedergegeben. Die Klägerin hat dargetan, dass sie an diese Übertragung die Urheberrechte hält. Produzentin im Sinne des § 89 UrhG des zu Grunde liegenden Live-Signals ist zwar die Firma. Die Übertragung der Rechte auf die DFL und von dieser auf die Klägerin hat der Beklagten nicht hinreichend bestritten. Nach dem vorgelegten Vertragswerk und den Durchführungsbestimmungen der DFL gemäß Anlagen K12 bis K15 sowie den vorgetragenen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Fa. muss die Klägerin als rechte Trägerin angesehen werden. Damit war die Klägerin in der Lage, über die Verwertung der Fernsehsendung (Live-Signal) zu bestimmen, mithin auch über die Vergabe von Rechten zur öffentlichen Wiedergabe.
Am 04.04.2015 fand indes eine öffentliche Wiedergabe in der Gaststätte des Beklagten statt. Der Beklagte hat nicht hinreichend dargetan, es habe sich um eine so genannte geschlossene Gesellschaft gehandelt, die sich im Lokal aufgehalten habe. So war es unstreitig dem Mitarbeiter der Klägerin, der als Kontrolleur das Lokal aufsuchte, ohne weiteres möglich, dasselbe zu betreten. Der Umstand, dass er seitens des Beklagten oder sonstiger anwesender Personen nach Erkennen seiner Kontrolltätigkeit – er fertigte Lichtbilder der Fernsehübertragung an – dazu aufgefordert wurde, das Lokal umgehend wieder zu verlassen, genügt nicht. Hierzu hätte wenigstens gehört, dass am Eingang zur Gaststätte Hinweise auf die geschlossene Gesellschaft vorhanden gewesen wären oder zumindest eine Person unmittelbar den Mitarbeiter der Klägerin am Betreten der Gaststätte gehindert hätte mit einem entsprechenden Hinweis. Dabei spielt auch eine Rolle, dass an der Bezeichnung einer geschlossenen Gesellschaft deswegen erhebliche Zweifel bestehen, weil es sich um eine Trauerfeier gehandelt haben soll. Zum einen zählt das gemeinschaftliche Anschauen eines Fußballspielers gerade nicht zu den auf einer Trauerfeier üblichen Tätigkeiten. Zwar vermag das erkennende Gericht nicht auszuschließen, dass vereinzelte Trauergäste trotz des traurigen Anlasses gleichwohl einer Leidenschaft zum Anschauen von Bundesliga-Fußballspielen nachgehen. Dies wird jedoch im Falle einer Trauerfeier typischerweise nicht in dem Raum stattfinden, in dem sich die Trauergesellschaft insgesamt versammelt hat, sondern allenfalls im Falle einer Gaststätte in einem Nebenraum. Zum anderen ist eine Trauerfeier nicht notwendigerweise eine geschlossene Gesellschaft. Anders als bei Geburtstagsfeiern, Hochzeiten, Konfirmation oder vergleichbaren Familienfesten erfolgt gerade keine spezifische personengebundene Einladung an konkrete Personen, sondern allenfalls eine allgemeine Einladung an diejenigen, die sich in der Trauerhalle oder auf dem Friedhof versammelt hatten, um den Verstorbenen zu verabschieden. Mithin hat ein solcher Anlass immer auch den Aspekt einer gewissen Öffentlichkeit, weil jedermann, der den Verstorbenen in irgendeine Beziehung kannte, Gelegenheit hat, unlimitiert an der Trauerfeier teilzunehmen. Schließlich ist auch nach Hinweis durch das Gericht das Vorbringen des Beklagten insoweit unsubstantiiert geblieben, dass er nähere Angaben zur Trauerfeier nicht vornehmen konnte, etwa hinsichtlich der Person des Verstorbenen.
Weiter kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, er selbst habe gar keinen Receiver zur Verfügung gestellt, mit dem Programme der Klägerin hätten empfangen werden können. Auf diesen Umstand kommt es nicht an. Die Haftung aus § 97 Abs. 2 UrhG trifft auch denjenigen, der die öffentliche Wiedergabe in Räumen zulässt, über die er die Sachherrschaft hat. Nach dieser Vorschrift haftet auch derjenige, der durch sein Verhalten willentlich einen adäquatkausalen Beitrag für die Rechtsverletzung vorgenommen hat (Meckel in HK-UrhR, § 97 Rn. 26), wozu auch das Zulassen einer solchen Übertragung über Geräte der Gaststätte zählt. Auch nach dem Vorbringen des Beklagten war jedenfalls das Fernsehgerät als Abspielgerät dasjenige des Beklagten und als solches zwingend notwendig, um auch dann, wenn der Beklagte über keinen Receiver verfügt hätte, die Fernsehübertragung des Fußballspiels überhaupt anschauen zu können.
Hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Anspruches, für den sich die Klägerin auf die Grundsätze der Lizenzanalogie beruft, kommt es danach darauf an, welche Lizenzentgelte der Beklagte bei ordnungsgemäßer öffentlicher Wiedergabe der Klägerin geschuldet hätte. Diese Frage lässt sich jedoch erst nach Überprüfung anhand der Regeln des GWB abschließend beantworten. Denn der Beklagte hat geltend gemacht, dass er als Gastwirt nach dem Vorbringen der Klägerin davon ausgeschlossen wird, lediglich für einzelne Fußballspiele eine Lizenz zu erhalten. Hierzu hat er unter Verweis auf die Anlagen B1 und B3 unwidersprochen vorgetragen, dass die Klägerin selbst nicht nur Lizenzen für Jahresverträge, sondern auch für Einzelübertragungen zu einer anderen Preisgestaltung erteilt. Da die Klägerin sich jedoch mit der Klage nicht darauf beschränkt, ihren Schadensersatzanspruch im Hinblick auf die Analogie zu einer Lizenzierung für die öffentliche Wiedergabe einzelner Fußballübertragungen zu berechnen, sondern die Berechnung des Schadensersatzanspruches in Anlehnung an die Lizenzierung für ein Jahr vornimmt, hat das Gericht zu prüfen, welcher der Maßstäbe maßgeblich sein muss. Da die Klägerin nur darlegen kann, dass der hier konkret genannte Vorfall vom 04.04.2015 die tatsächliche Grundlage für ihren Schadensersatzanspruch darstellt, kann der von der Klägerin gezogene Schluss, bei einem Gastwirt vom Einzelfall zur Lizenzierung lediglich für einen Jahr im Falle rechtmäßigen Verhaltens zu gelangen, nur dann Grundlage der gerichtlichen Entscheidung sein, wenn sie nicht gegen Kartellrecht verstößt.
Nach dem Wortlaut der vorgenannten Anlagen ist eine Beschränkung der Lizenzierung für Einzelübertragungen von Fußballspielen nicht erkennbar. Gleichwohl berühmt sich die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit, ein Gastwirt wie der Beklagte könne nur einen Lizenzvertrag mit der Mindestlaufzeit von einem Jahr erhalten. Dies kann dann kartellrechtlich problematisch sein, wenn der Klägerin eine marktbeherrschende Stellung zukommt und zu untersuchen ist, ob ein verbotenes Verhalten im Sinne des § 19 GWB vorliegt. Da diese Voraussetzungen vorliegen, handelt es sich hierbei um eine kartellrechtliche Streitigkeit, die bei entsprechendem Antrag der Klägerin an das Kartellgerichts zu verweisen gewesen wäre (s. Immenga/Mestmäcker/Schmidt, § 87 GWB Rdnr. 52).
Die marktbeherrschende Stellung der Klägerin ergibt sich bereits aus ihrem eigenen Vorbringen. Sie berühmt sich, Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte an der öffentlichen Wiedergabe der im Auftrag des Ligaverbandes von der Fa. produzierten und von der DFL im Auftrag des Ligaverbandes vermarkteten Livesignale von Fußball-Bundesligaspielen zu sein. Dies bedeutet nichts anderes, dass (abgesehen von den von der Klägerin genannten wenigen Ausnahmen) Übertragungs-, Wiedergabe und Veröffentlichungsrechte aller Art nur über die Klägerin zu erhalten sind, wenn es um Spiele der ersten oder zweiten Fußball-Bundesliga geht. Diese Position hält die Klägerin auf einem eng abgegrenzten Markt inne. Die Wiedergabe von Fußball-Bundesligaspielen ist nur in demjenigen Augenblick von ökonomischem Interesse, in dem das Spiel tatsächlich stattfindet. Denn es handelt sich nur um ein Ereignis des aktuellen Tagesgeschehens. Für die Marktgegenseite der Klägerin (d.h. die tatsächlichen und potentiellen Lizenznehmer) gibt es keine Möglichkeit des Ausweichverhaltens, weil offenkundig, jedenfalls gerichtsbekannt nach Ende des konkreten Fußballspiels kein relevantes Interesse mehr am Anschauen desselben via Fernsehen oder andere Medien besteht. Eine zeitversetzte „Fernsehübertragung“ findet praktisch nicht statt. Bereits nach dem Vorbringen der Klägerin selbst handelt es sich bei dem urheberrechtlich geschützten Produkt auch nur um ein Livesignal, d.h. um ein nur augenblicksbezogenes Produkt.
Geht man mit der Klägerin davon aus, dass sie nur Lizenzverträge mit einer Mindestlaufzeit von einem Jahr an Gastwirte erteilt, anderen Personenkreisen jedoch auch Lizenzverträge für die Wiedergabe lediglich eines einzelnen Fußballspieles der Bundesliga anbietet, so kann darin ein Missbrauchsfall im Sinne des § 19 Abs. 1 GWB oder im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB liegen. Insbesondere kann im Falle eines Gastwirts die Lizenzierung nur für einzelne ausgewählte Fußballspiele von Interesse sein, wenn das typischerweise seine Gaststätte aufsuchende Publikum nur im Einzelfall daran interessiert ist, in der Gaststätte ein Fußballspiel anzusehen. Wird durch die konkrete Gestaltung der Lizenzierung ein Gastwirt daran gehindert, zu wirtschaftlich vertretbaren Konditionen einzelne Fußballspiele zu präsentieren, so hat er im Wettbewerb der Gastwirtschaften untereinander möglicherweise deswegen einen Nachteil, aber auch in seinem Bemühen, Gäste zum Aufenthalt in seinem Lokal zu motivieren.
Das erkennende Gericht braucht an dieser Stelle nicht darüber zu entscheiden, ob ein solcher Missbrauchsfall tatsächlich vorliegt. Denn hierbei handelte es sich um die für die Berechnung des Lizenzanalogieschadens maßgebliche kartellrechtliche Vorfrage, die eben durch das Kartellgerichts zu entscheiden ist. Ausreichend ist lediglich die Möglichkeit, dass ein solcher Missbrauchsfall durch die Differenzierung unterschiedlicher Lizenznehmer bei möglicherweise nicht hinreichender sachlicher Rechtfertigung vorliegen kann. Dies gilt auch in Bezug auf die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Lizenzierung für die Dauer von einem Jahr sei angemessen und deswegen nicht zu beanstanden. Auch diese Frage ist durch das Kartellgerichts abschließend zu beantworten. Aufgeworfen ist diese Problematik jedoch dadurch, dass die Klägerin selbst bestimmten Personenkreisen auch andere Lizenzverträge anbietet, die auch Einzelübertragungen zum Gegenstand haben. Dies ergibt sich aus den vom Beklagten vorgelegten Angeboten der Klägerin im Internet (Anlagen B! und B3), die ihrem Inhalt nach unstreitig geblieben sind.
Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, das Vorbringen des Beklagten genüge nicht, um die Erheblichkeit dieser kartellrechtlichen Vorfrage darzutun. Der Beklagte ist nämlich nur gehalten, die entsprechenden Tatsachen vorzutragen (Immenga/Mestmäcker/Schmidt, § 87 GWB Rdnr. 27), was er jedoch, wie sich aus den Ausführungen oben entnehmen lässt – in hinreichender Weise getan hat. Die rechtliche Würdigung dieser Tatsachen braucht vom Beklagten nicht im Detail vorgenommen werden, da es sich hierbei um eine originäre Aufgabe des Gerichts handelt. Diese vom Beklagten aufgezeigte Interpretationsrichtung seines Tatsachenvortrages hat das Gericht bereits aufgenommen und insoweit der Klägerin auch Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, etwa aufgrund des Hinweisbeschlusses vom 28.02.2017. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass ein lediglich pauschaler Hinweis einer Prozesspartei auf eine etwaige kartellrechtliche Problematik nicht genügt, um die Zuständigkeit des Kartellgerichts nach § 87 S. 2 GWB annehmen zu können (vgl. dazu OLG Celle, Beschluss vom 23.12.2010 – 13 AR 9/10 (Kart), zit. n. juris). Anders als in jenem vom OLG Celle beurteilten Sachverhalt hat sich der Beklagte hier jedoch nicht darauf beschränkt, in lediglich spekulativer Weise vorzutragen. Denn die Frage der marktbeherrschenden Stellung ergibt sich im hier zu beurteilenden Fall aus dem Vorbringen der Klägerin selbst und die Frage der etwaigen missbräuchlichen Gestaltung daraus, dass der Beklagte hinreichend substantiiert ein unterschiedliches Verhalten der Klägerin gegenüber unterschiedlichen Personengruppen aufgezeigt und die Klägerin dies selbst bestätigt hat. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass etwa im Falle eines Verweisungsbeschlusses im Sinne des § 36 ZPO es in den Grenzen der Willkür dem verweisenden Gericht obliegt, die Frage ob eine Kartellsache vorliegt oder nicht zu entscheiden (s. dazu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.06.2011 – VI-W (Kart) 1/11, zit. n. juris). Nichts anderes gilt für die Frage einer Entscheidung durch Urteil über die Zuständigkeitsproblematik. Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, ist die Anwendung der spezifischen kartellrechtlichen Regelungen des GWB zu berücksichtigen.
Schließlich ist nicht zu besorgen, dass durch die Überlagerung mit einer kartellrechtlichen Problematik die Geltendmachung von Lizenzanalogieschadensersatzansprüchen vor den für Urheberstreitsachen zuständigen Gerichten schlechterdings verhindert wird. Nicht jede dem erkennenden Gericht bekannte Konstellation, aus der solche Schadensersatzansprüche erwachsen, bietet Anlass, über die Anwendung des GWB nachzudenken. Insbesondere ist unschwer zu erkennen, dass die Frage der Marktbeherrschung etwa im Bereich der urheberrechtlich geschützten Computerspiele sich ganz anders darstellt. Denn dort geht es nicht um die nach dem Vorbringen der Klägerin exklusive Verbreitung eines Einzelereignisses wie ein Fußballspiel, sondern um die Verbreitung eines wiederholt nutzbaren Computerprogrammes, welches seinerseits in Konkurrenz zu vergleichbaren Programmen anderer Computerspielproduzenten steht. Darüber hinaus unterliegen die möglicherweise mit einer marktbeherrschenden Stellung versehenen Verwertungsgesellschaften aufgrund des VGG besonderen Kontrollen. So sieht etwa § 34 VGG einen Vertragsabschlusszwang vor, die Tarife müssen den Regelungen des § 39 VGG entsprechen. Darüber hinaus stehen Verwertungsgesellschaften anders als die Klägerin als reines Wirtschaftsunternehmen gem. §§ 75 ff. VGG unter staatlicher Aufsicht mit Erlaubnisvorbehalten.
Die hier maßgebliche kartellrechtliche Vorfrage bestand auch bereits bei Beginn des Rechtsstreits (vgl. dazu Immenga/Mestmäcker/Schmidt, § 87 GWB Rdnr. 27 m.w.N.), auch wenn zunächst andere zwischen den Parteien streitigen Fragen einer Klärung zugeführt werden mussten. Die Kartellrechtsrelevanz kann sich auch erst im Laufe des Rechtsstreits herausstellen, so etwa hier, da die Frage der Schadensersatzhöhe erst nach der Klärung von Aktivlegitimation und Verletzungshandlung zu überprüfen ist. Die Probleme der marktbeherrschenden Stellung der Klägerin als auch ihres Verhaltens bei der Lizenzierung gegenüber unterschiedlichen Personengruppen waren jedoch ohne weiteres von Anfang an in ihren tatsächlichen Voraussetzungen gegeben.
Vor diesem Hintergrund ist das angerufene Gericht an einer Sachentscheidung gehindert. Da lediglich nach den Vorschriften des § 281 ZPO eine Verweisung stattfinden kann und die Klägerin keinen Verweisungsantrag gestellt hat, ist deswegen die Klage als unzulässig abzuweisen. Da hier bereits ein klagabweisendes Versäumnisurteil ergangen ist, war dieses aufrechtzuerhalten.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.