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eBay-Auktion – Schadensersatzanspruch bei Kauf einer Fälschung

AG Essen – Az.: 22 C 97/20 – Urteil vom 15.07.2020

Der Beklagte wird verurteilt an den Kläger 814,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.03.2020 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pullovers der Marke …, Model „Sweatshirt mit Logo“, Gr. M, Artikelnummer: … zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von einem Anspruch seines Prozessbevollmächtigten auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 147,56 € freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Schadensersatz in Höhe für einen bei Ebay erworbenen Artikel.

Der Kläger erwarb am 10.02.2020 über die Internetplattform „Ebay“ von dem Beklagten einen Pullover mit der Bezeichnung „Marke: …, Model Sweatshirt mit Logo, Gr. M unter der Artikelnummer: … zu einem Kaufpreis von 30,40 € zzgl. 4,99 € Versandkosten.

Die Anzeige lautete mit Foto wie folgt:

„Neu mit Etikett: Neuer unbenutzte und nicht getragener Artikel in der Originalverpackung, Größe: S, Farbe: Schwarz, Ausschnitt: Rundhalsausschnitt, Abteilung: Herren, Marke: … Sweater Pullover Sweater Schwarz Größe M… Zustand. Neu mit Etikett. Versand innerhalb 1 Werktag mit DHL Paket bis 2 kg Größe M fällt wie S aus.

Privatverkauf, daher keine Rücknahme Umtausch oder Gewährleistung. PREIS SAGT ALLES; also bitte nur bieten, wenn man damit einverstanden ist.“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anzeige Bezug genommen, welche mit der Klageschrift zu den Akten gelangt ist.

Bei dem am 14.02.2020 gelieferten Pullover handelt es sich um ein Plagiat, dessen Originalkaufpreis 850,00 € beträgt. Mit Schreiben vom 14.02.2020 forderte der Kläger den Beklagten erfolglos zur Übergabe eines Originals alternativ zur Zahlung in Höhe von 850,00 € bis zum 02.03.2020 auf.

Der Kläger behauptet, er habe keine Kenntnis von der Fälschung gehabt. Er behauptet weiter, der Beklagte hätte die Ware zwar nicht als Original Ware angeworben, jedoch habe er den Markennamen verwendet und damit den Anschein erweckt, es handle sich um einen Original Pullover der Marke ….

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 850,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pullover der Marke …, Model „Sweatshirt mit Logo“, Gr. M unter folgender Artikelnummer: … zu zahlen.

2. den Beklagten zu verurteilen, ihn von einem Anspruch seines Prozessbevollmächtigten auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 147,56 € freizustellen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

eBay-Auktion – Schadensersatzanspruch bei Kauf einer Fälschung
(Symbolfoto: Von ShutterStockStudio/Shutterstock.com)

Der Beklagte behauptet, der Kläger habe gewusst, dass es sich um gefälschte Ware handelt. Weiter behauptet er, er habe nie geäußert, dass es sich bei dem Pullover um Originalware handele. Dies ergebe sich schon aus der Artikelbeschreibung „PREIS SAGT ALLES, also bitte nur bieten, wenn man damit einverstanden ist.“ Er ist der Ansicht, dass es sich bei dem Zusenden von gefälschter Ware zwar um einen Rechtsmangel handle, die Gewährleistungsansprüche des Klägers jedoch ausgeschlossen seien, da der Kläger Kenntnis vom Mangel gehabt habe. Der Kläger habe 3 weitere Zeugen angeschrieben und Schadenersatz für gefälschte Markenware verlangt. Dementsprechend sei ersichtlich, dass der Beklagte systematisch gefälschte Bekleidung im Internet aufkaufe, um die Verkäufer anschließend auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen.

Der Kläger hat am 13.03.2020 einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gestellt, welcher dem Beklagten am 19.03.2020 zugestellt worden ist. Am 23.03.2020 hat der Beklagte Widerspruch gegen den Mahnbescheid erhoben. Am 31.03.2020 ist die Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Essen erfolgt. Die Klage ist dem Beklagten am 08.05.2020 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch gemäß §§ 437 Nr. 3, 434, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB auf Zahlung in Höhe von 814,61 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.03.2020.

Die Parteien haben über die Ebay-Plattform einen Kaufvertrag gemäß § 433 BGB geschlossen.

In Abgrenzung zu § 156 BGB liegt bei dem Einstellen eines Artikels keine Versteigerung per Zuschlag vor, da der Vertragsschluss nicht von einem Entscheidungsspielraum des Verkäufers abhängt.

Das Einstellen des Artikels ist ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages unter Berücksichtigung der Ebay-Bedingungen, welche zwar nicht unmittelbar zwischen den Vertragsparteien, sondern nur im Verhältnis der jeweiligen Nutzer zu Ebay wirken. Da diese jedoch von jedem Nutzer akzeptiert werden, sind sie als Auslegungshilfe heranzuziehen. Danach ist im Lichte des § 6 Ziff. 2 S. 1 der Ebay-AGB das Einstellen eines Artikels als verbindliches Angebot auszulegen. Der Beklagte hat den streitgegenständlichen Artikel in einer Auktion angeboten.

Der Kläger hat dieses Angebot im Lichte des § 6 Ziff. 5 S. 1 der Ebay-AGB durch Abgabe seines Gebotes in Höhe von 30,40 € zzgl. Versandkosten in Höhe von 4,99 €, unter der aufschiebenden Bedingung zum Zeitpunktes des Ablaufs der Auktion noch Höchstbietender zu sein, angenommen.

Die vom Beklagten gelieferte Ware ist mangelhaft.

Gemäß § 434 BGB ist eine Sache mangelhaft, wenn ihre Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit abweicht. Dies ist der Fall, wenn (1) die Sache nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat, § 434 Abs. 1 S. 1 BGB, (2) sie sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB oder (3) sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und nicht die Beschaffenheit hat, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten darf, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. Der Pullover ist mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB, denn die Parteien haben eine vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung getroffen, von deren Inhalt die Beschaffenheit des Pullovers abweicht.

Denn laut dieser Vereinbarung sollte es sich bei dem Pullover um Markenware handeln. Diese Markenqualität weist er in Wirklichkeit jedoch nicht auf.

Ob und mit welchem Inhalt bei einer Internetauktion durch die Angebotsbeschreibung des Anbieters eine Beschaffenheitsvereinbarung mit dem Meistbietenden zustande kommt, ist, unter umfassender Würdigung der abgegebenen Willenserklärungen und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Als Indizien können herangezogen werden, dass der Verkäufer bei der Beschreibung des Artikels Bezug zum Markennamen herstellt, Angaben von Typenbezeichnung abgibt oder Serien- und Identifikationsmerkmale nennt. Diese Indizien sind im Rahmen des Vertrauensschutzes zu würdigen. Immerhin verbieten die Ebay-AGB ausdrücklich den Vertrieb von Plagiaten und Fälschungen. Ebenso ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass in Fällen, in denen der Verkäufer bei Vertragsschluss die Eigenschaften der verkauften Sache in einer bestimmten Weise beschreibt und der Käufer vor diesem Hintergrund seine Kaufentscheidung trifft, die Erklärungen des Verkäufers ohne Weiteres zum Inhalt des Vertrages und damit zum Inhalt einer Beschaffenheitsvereinbarung werden.

Die Anzeige des Beklagten umfasst die Angaben der Artikel sei originalverpackt mit Etikett, es handele sich um Neuware und es wird Bezug genommen auf den Markennahmen „…“. Dazu wird eine Artikelnummer genannt. All dies sind für den objektiven Betrachter Merkmale, die auf Originalmarkenware hindeuten. Diese Merkmale sind dann auch Bestandteil der vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung geworden. Die Formulierung des Beklagten „PREIS SAGT ALLES, also bitte nur bieten, wenn man damit einverstanden ist.“, ist nicht in der Lage, das Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben zu erschüttern und eine vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung zu verhindern. Zudem wurde der Artikel bei einer online Auktion eingestellt. Dabei werden grundsätzlich niedrige Preis angesetzt, um möglichst viele Käufer auf das Angebot aufmerksam zu machen, um letztendlich hohe Kaufangebote zu erzielen. Die Formulierung der Preis sage alles, ist im Zusammenhang mit einer Internetauktion daher nicht besonders vielsagend und daher kein Indiz für Annahme eines gefälschten Artikels oder der Nichteinbeziehung der Merkmale in den Vertrag.

Der Mangel lag bereits bei Gefahrübergang gemäß § 446 BGB vor. Dem Kläger ist nach Erhalt der Ware die fehlende Markenqualität aufgefallen.

Mit Schreiben vom 14.02.2020 forderte der Kläger den Beklagten auch erfolglos zur Nachbesserung nach § 281 BGB auf, in Form der Neulieferung unter angemessener Fristsetzung bis zum 02.03.2020.

Es besteht kein vertraglicher Ausschluss des Gewährleistungsanspruches. Zwar hat der Beklagte in seiner Anzeige sämtliche Gewährleistungsrechte ausgeschlossen. Allerdings gilt die Möglichkeit des Ausschlusses des Gewährleistungsrechtes nur insoweit, als die Angaben der Anzeige der Wahrheit entsprechen. Der Kläger machte gerade aus dem Grund seine Gewährleistungsrechte geltend, da der Beklagte unwahre Tatsachen in seiner Anzeige veröffentlicht hat und der Zustand der Ware von dem der Beschreibung abweicht. Zudem umfasst der Gewährleistungsausschluss nicht zugesicherte Merkmale, wie vorliegend die Beschaffenheit des Pullovers als Pullover der Marke ….

Es besteht auch kein gesetzlicher Ausschluss des Anspruchs im Sinne des § 442 BGB. Der Käufer hatte weder positive Kenntnis von der Tatsache, dass es sich bei dem Artikel um ein Plagiat handelt, noch lag diesbezüglich grobfahrlässige Unkenntnis vor. Insofern trägt der Beklagte die Beweislast.

Für eine positive Kenntnis des Klägers genügt insbesondere nicht die Anmerkung in der Anzeige „Preis sagt alles, also bitte nur bieten wenn man damit einverstanden ist“. Denn es befindet sich im Übrigen kein eindeutiger Hinweis darauf, dass es sich nicht um Originalware handelt.

Zudem handelt der Kläger als Käufer nicht grob fahrlässig, wenn er sich wie im vorliegenden Fall auf die Angaben des Verkäufers verlässt, ohne weitere Informationen einzuholen (vgl. Palandt, BGB-Weidenkaff, § 442, Rn. 11).

Ferner ist es unerheblich, wenn der Kläger auch andere Verkäufer, die entgegen der Vereinbarung keine Originalware verkauft haben, in Anspruch nimmt. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass der Kläger selbst in seiner Mahnung vom 14.02.2020 alternativ statt der Überweisung des Originalpreises als Schadenersatz auch die Möglichkeit der Zusendung eines Original Pullovers einer entsprechenden Marke verlangt hat. Ihm ging es also nicht nur darum, Schadenersatz wegen fehlerhafter Ebayanzeigen zu erlangen. Zudem ist es das Risiko des Verkäufers, welcher keine Originalware verkauft, dass die Käufer dies herausfinden und dann ihre Rechte geltend machen.

Der Beklagte konnte nicht beweisen, dass der Kläger positive Kenntnis vom Mangel oder aber grob fahrlässige Unkenntnis gehabt hat.

Der Beklagte hat die Pflichtverletzung auch gemäß § 276 BGB zu vertreten. Sein Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Eine Exkulpation seinerseits erfolgte nicht.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz des gesamten Schadens gemäß § 249 BGB und damit auf Schadensersatz statt der Leistung, allerdings nur in Höhe von 814,61 €.

Denn der Anspruch besteht in Höhe der Differenz zwischen dem Wert der Sache im Original (850,00 €) sowie dem bereits gezahlten Kaufpreis (35,39 €).

Gemäß § 281 Abs. 5 BGB finden die Vorschriften der §§ 346-348 BGB Anwendung, was zu der Zug-um-Zug-Verurteilung führt.

Der Kläger hat zudem einen Freistellungsanspruch von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 311 Abs. 1, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 iVm § 257 BGB in Höhe von 147,56 €. Denn der Beklagte hat eine vorvertragliche Pflicht im Sinne von § 311 Abs. 1, 42 Abs. 2 BGB verletzt, indem er den Kläger vorsätzlich über die Beschaffenheit des Pullovers täuschte. Denn dem Beklagten war bewusst, dass es sich nicht um Originalware handelt. Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes war vorliegend aufgrund der Schwierigkeit des Sachverhaltes und der rechtlichen Würdigung auch erforderlich. Ein entsprechender Anspruch ergibt sich im Übrigen auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen gemäß §§ 288, 291 BGB, § 696 Abs. 3 ZPO seit dem 20.03.2020, einen Tag nach Zustellung des Mahnbescheids.

Die Klage wurde unter Heranziehung des § 167 ZPO binnen 14 Tagen und damit ohne schuldhaftes Zögern, an das Sachgericht abgegeben Die Rechtshängigkeit beginnt gemäß § 696 Abs. 3 ZPO mit Zustellung des Mahnbescheides, sofern der Antragsteller nach Mitteilung über den Widerspruch ohne schuldhaftes Zögern die Abgabe an das Sachgericht veranlasst. Der Mahnbescheid wurde am 19.03.2020 zugestellt und am 24.03.2020 erfolgte die Nachricht über den Widerspruch an den Antragsteller. Die Abgabe an das Amtsgericht Essen erfolgte am 31.03.2020.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 850,00 EUR festgesetzt.

 

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