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Gesetz gegen Abmahnmissbrauch

Wer im Internet unterwegs ist, der geht dabei stets ein gewisses Risiko ein. Zwar bietet das weltweite Netz durchaus ein kleines Stück weit Anonymität, doch ist der Nutzer niemals vor den Gefahren gefeit. Eines der großen Risiken, welches sich Nutzern im Internet, unabhängig von ihrem Status als Privatperson oder als Gewerbetreibende, ausgesetzt sehen, ist stets die Abmahnung seitens einer Organisation oder auch einer Privatperson. Im Verlauf der Zeit hat sich eine regelrechte Abmahnwelle entwickelt, sodass sogar ganze Rechtsanwaltskanzleien sich ausschließlich auf Abmahnungen spezialisiert haben. Der Gesetzgeber ist jedoch gegen den Abmahnmissbrauch mittels eines Gesetzes vorgegangen, welches mit dem 01.12.2020 in Kraft getreten ist.

Durch das Gesetz mit dem Namen „Gesetz für die Stärkung eines fairen Wettbewerbs“ soll der Abmahnwelle bzw. speziell auch dem Abmahnmissbrauch einen Riegel vorgeschoben werden. Erreicht werden soll dies durch neue Beschränkungen in Verbindung mit Abmahnungen.

Abmahnmissbrauch
(Symbolfoto: Von Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Das Gesetz für den fairen Wettbewerb wurde schnell auch im Volksmund unter dem Namen „Gesetz gegen den Abmahnmissbrauch“ bekannt und sieht in erster Linie vor, dass im UWG vorrangig neue Regelungen zum Einsatz kommen, sodass

  • Abmahnungen an strengere Formregeln gebunden sind
  • die mit der Abmahnung einhergehenden Kosten eingeschränkt werden
  • unberechtigte Abmahnungen zu Gegenansprüchen führen
  • Vertragsstrafen sowohl in der Höhe als auch dem Umfang nach begrenzt werden
  • der sogenannte fliegende Gerichtsstand aufgehoben wird

Mit dem 01.12.2020 wurde dieses Gesetz in dem Bundesgesetzblatt auch veröffentlicht, allerdings ist es in der gängigen Praxis bislang lediglich zu großen Teilen in Kraft getreten. Dies liegt jedoch an dem Umstand, dass mit dem Gesetz auch eine Pflicht von Verbänden verbunden ist. Diese Pflicht besagt, dass sich die Verbände auch in eine „Liste von qualifizierten Wirtschaftsverbänden“ zwingend eintragen müssen. Dies setzt jedoch ein entsprechendes Zulassungsverfahren voraus. Dementsprechend haben die Verbände noch bis zu dem 01.12.2021 Zeit, der Pflicht nachzukommen. Es ist demnach auch nicht weiter verwunderlich, dass es bis zu dem 01.12.2021 keine Verschärfung für die Wirtschaftsverbände im Zusammenhang mit den Abmahnanforderugen geben wird.

Mit der Eintragung in die entsprechende Liste erhalten die Verbände auch eine sogenannte Abmahnbefugnis, welche ihrerseits wiederum auch mit gewissen Voraussetzungen verknüpft ist. Verbände müssen für die Abmahnbefugnis

  • ein Minimum an 75 Mitgliedern aufweisen
  • eine Etablierung von mindestens einem Jahr zum Zeitpunkt der Antragsstellung nachweisen
  • die finanzielle sowie auch strukturelle Kapazität nachweisen, um sicherzustellen, dass die satzungsgemäßen Aufgaben zukünftig auch weiterhin in sachgerechter Weise von dem Verband wahrgenommen werden kann.
  • die Verbände eine ordnungsgemäße Verwaltung des Vermögens betreiben

Durch den Nachweis der strukturellen sowie auch finanziellen Kapazität soll sichergestellt werden, dass sich die Verbände nicht alleinig aus den Abmahneinkünften bzw. Vertragsstrafen heraus finanzieren!

Die Verschärfung, welche mit dem Gesetz gegen den Abmahnmissbrauch einhergehen, bezieht sich auch primär auf die Abmahnvoraussetzungen. Gem. § 13 Absatz 2 UWG müssen Abmahnungen dementsprechend verständlich und klar die folgenden Angaben enthalten:

  • der vollständige Name des Unternehmens oder der Person, welche abmahnt
  • die Anspruchsberechtigungsvoraussetzungen
  • der Zweck der Abmahnung (Aufwendungsersatzansprüche mit exakter Angabe über die Höhe)
  • die Berechnung des Aufwendungsersatzanspruchs

Abmahnende sollten sich auf jeden Fall zwingend an diese Voraussetzungen halten, um kein Indiz für einen Abmahnmissbrauch zu liefern. Gem. § 8c UWG werden die Indizien für einen Abmahnmissbrauch gesetzlich verankert und sind daher sehr gut nachvollziehbar.

Liegen Indizien für einen Abmahnmissbrauch vor, so wird die Abmahnung damit automatisch unwirksam.

Welche Kriterien sieht das Gesetz als Abmahnmissbrauchsindiz an?

Der Gesetzgeber hat eine ganze Reihe von Abmahnmissbrauchsindizien festgelegt, um eine berechtigte Abmahnung von einer missbräuchlichen Abmahnung auch in der gängigen Praxis unterscheiden zu können. Die Indizien sind

  • der Grund der Abmahnung dient alleinig dazu, gegen die abgemahnte Person einen Ersatzanspruch bzw. eine Vertragsstrafe zu erreichen
  • die abmahnende Partei ist ein Mitbewerber bzw. Konkurrent und mahnt eine ganz erhebliche Menge an Verstößen aufgrund der gleichen Rechtsvorschrift gegen die abgemahnte Person geltend und verstößt damit gegen die Verhältnismäßigkeit der eigenen Geschäftstätigkeit
  • der in der Abmahnung geltend gemachte Gegenstandswert ist unverhältnismäßig hoch
  • Vertragsstrafen werden in unverhältnismäßiger Höhe per Abmahnung eingefordert
  • die mit der Abmahnung einhergehende Unterlassungsverpflichtungserklärung ist unverhältnismäßig im Vergleich zu der Rechtsverletzung der abgemahnten Person
  • einzelne Abmahnungen, die auch zusammengefasst hätten abgemahnt werden können

Im Hinblick auf die Indizien muss erwähnt werden, dass diese nicht vollständig vorliegen müssen. Auch das Vorliegen eines einzigen Indiz ist bereits ausreichend, um den Verdacht des Abmahnmissbrauchs zu wecken. Liegt der Abmahnmissbrauch vor, so hat die abgemahnte Partei auch einen Gegenanspruch auf die Erstattung der Kosten im Zusammenhang mit der Rechtsverteidigung gegen die Abmahnung.

Im Fall einer sogenannten Mitbewerberabmahnung gilt künftig, dass für ganz bestimmte Verstöße keine Abmahnkosten mehr verlangt werden dürfen. Der Anspruch auf die mit der Abmahnung einhergehenden Kosten ist geregelt in dem § 13 Absatz 4 UWG. Der Ausschluss der mit der Abmahnung einhergehenden Kosten gilt für

  • einen Verstoß gegen die Informations- bzw. Kennzeichnungspflichten in Telemedien sowie in dem elektronischen Geschäftsverkehr
  • einem Datenschutzverstoß gem. BDSG oder der DSGVO (wenn die abgemahnte Partei eine geringere Beschäftigtenzahl als 250 aufweist)

Die Gegenansprüche bei einer unberechtigten Abmahnung

Durch die Schaffung eines Gegenanspruchs im Fall einer unberechtigten Abmahnung verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, dass künftig mehr Parteien von dem Abmahnmissbrauch abgeschreckt werden. Gem. § 13 Absatz 5 UWG haben diejenigen Parteien, die unberechtigt abgemahnt werden, einen Anspruch auf die Verteidigungskosten. Hierbei muss allerdings erwähnt werden, dass dieser Anspruch nicht in unbegrenzter Höhe gilt, sondern vielmehr durch den Gesetzgeber auf die exakten Beträge gedeckelt wurde, welche auch tatsächlich durch die Verteidigung gegen die unberechtigte Abmahnung entstanden sind. Unberechtigt abgemahnte Personen können diese Kosten einfordern, wenn

  • keine Berechtigung zu der Abmahnung seitens der abmahnenden Partei vorhanden ist
  • der Abmahnungsgrund nicht vorliegt
  • die Abmahnung nicht den Formvorschriften entspricht

Ein Ersatzanspruch der unberechtigt abgemahnten Partei ist jedoch ausgeschlossen, wenn die abmahnende Partei eine fehlende Berechtigung zu der Abmahnung zu dem Zeitpunkt, an dem die Abmahnung herausgeschickt wurde, nicht erkannt hat oder auch nicht erkennen konnte. Es gilt ausdrücklich die sogenannte objektive Erkennbarkeit.

Insbesondere im Zusammenhang mit Vertragsstrafen hat der Gesetzgeber durch das neue Gesetz gegen den Abmahnmissbrauch einen wichtigen Schritt unternommen. Der § 13a UWG regelt nunmehr auch Fallkonstruktionen, in denen die Vertragsstrafe gänzlich ausgeschlossen ist. Hierfür müssen jedoch sogenannte kumulative Voraussetzungen vorliegen, wie

  • die erstmalige Abmahnung eines Mitbewerbers
  • der Abmahnungsgegenstand richtet sich ausschließlich gegen die sogenannten privilegierten Kennzeichnungs- bzw. Informationspflichten oder alternativ dazu gegen den Datenschutz
  • die abgemahnte Partei beschäftigt für gewöhnlich lediglich 100 oder weniger Arbeitnehmer

Im Hinblick auf die Vertragsstrafenforderungen wurde auch eine Deckelung der Maximalhöhe vorgenommen!

Die Deckelung der Maximalhöhe ist jedoch gekoppelt an Voraussetzungen. Diese sind

  • die Anzahl der Mitarbeiter bei der abgemahnten Partei beträgt oder unterschreitet 100
  • die Art sowie das Ausmaß des Verstoßes nebst der Folgen beeinträchtigen die jeweiligen Interessen nur in einem sehr unerheblichen Umfang

Bislang war es im Zusammenhang mit Abmahnungen rechtlich zulässig, den fliegenden Gerichtsstand anzuwenden. Dies bedeutet, dass die abmahnende Partei die Wahl des zuständigen Gerichts alleinig an die sachliche Zuständigkeit binden konnte. Gem. § 14 Absatz 2 UWG gilt nunmehr jedoch, dass der „fliegende Gerichtsstand“ unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben wurde. Die regionale Zuständigkeit des Gerichts ist damit, neben der sachlichen Zuständigkeit, stärker in den Fokus gerückt. Damit soll verhindert werden, dass die abgemahnte Person ein Gericht „fernab“ des Geschäftssitzes zur Verhandlung der Abmahnung aufsuchen muss. Dies hatte in der Vergangenheit dazu geführt, dass Abmahmissbrauch alleinig aus dem Umstand der Entfernung heraus betrieben werden konnte, da die abgemahnte Partei zu den Verhandlungen nicht angereist sind bzw. anreisen konnten.

Durch die neue Gesetzgebung hat der Gesetzgeber einen sehr wichtigen Schritt in die richtige Richtung unternommen und einen wirksamen Schlag gegen den Abmahnmissbrauch gesetzt. Zwar wird das neue Gesetz vollumfänglich erst mit dem Dezember 2021 in Kraft treten, doch ist die abschreckende Wirkung auf die „Abmahnindustrie“ in Deutschland bereits entfaltet worden. Sehr viele Rechtsanwaltskanzleien haben die Abmahnung alleinig aus Umsatzgründen heraus für ihre Auftraggeber herausgeschickt, sodass nach dem „Gießkannenprinzip“ auch sehr viele unberechtigte Abmahnungen rechtliche Wirkung entfalten konnten. Wenn Sie sich mit einer zweifelhaften Abmahnung konfrontiert sehen können Sie selbstverständlich mit uns Kontakt aufnehmen.

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