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Ebay-Kaufvertrag – Schadensersatz auf Grundlage eines konkreten Deckungsgeschäfts

In einem Urteil des Amtsgerichts Altötting (2 C 461/20) vom 15. Oktober 2020 wurde festgestellt, dass eine Käuferin, die den Kaufvertrag für eine Modelleisenbahn auf Ebay-Kleinanzeigen verletzt hatte, dem Käufer Schadenersatz in Höhe des Kaufpreises eines vergleichbaren Modells schulden kann.

Der Fall begann, als der Käufer auf ein Angebot für eine Modelleisenbahnlok stieß, die von der Verkäuferin auf Ebay-Kleinanzeigen für 350 Euro angeboten wurde. Nachdem er seine Kaufabsicht bekundet und die Zahlung auf das Konto der Verkäuferin veranlasst hatte, verweigerte die Verkäuferin jedoch die Übergabe und Übereignung der Modelleisenbahn, obwohl sie dies zuvor zugesagt hatte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 C 461/20 >>>

Schadenersatz statt Leistung

Das Gericht urteilte, dass die Verkäuferin ihre Leistungspflicht aus dem geschlossenen Kaufvertrag verletzt hatte. Dem Käufer stand daher ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung zu, welcher auf der Grundlage eines konkreten Deckungsgeschäfts zu berechnen war. Der Käufer hatte als Ersatz eine vergleichbare Modelleisenbahn zu einem Preis von 855 Euro ersteigert, sodass der entstandene Schaden auf 505 Euro beziffert wurde.

Negierter Account Hack als Verteidigung

Als Verteidigung argumentierte die Verkäuferin, ihr Ebay-Account sei gehackt worden und der Vertrag somit nie zustande gekommen. Doch das Gericht fand diesen Vortrag nicht glaubwürdig. Es sei kaum vorstellbar, dass ein Hacker die Zahlung auf das Konto der Verkäuferin verlangen würde. Zudem bestanden aus Sicht des Gerichts keine Zweifel daran, dass die Verkäuferin der Vertragspartnerin des Käufers war, da sie unter einem neuen Ebay-Account erneut ähnliche Modelleisenbahnen verkaufte.

Konsequenzen und Auswirkungen

Als Konsequenz dieses Urteils wurde die Verkäuferin verurteilt, dem Käufer 505 Euro nebst Zinsen zu zahlen und die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil bestätigt, dass bei einer Vertragsverletzung auf Online-Verkaufsplattformen dem Geschädigten ein Schadensersatz auf Basis eines Deckungsgeschäfts zustehen kann. Diese Entscheidung ist besonders relevant für Käufer und Verkäufer auf Online-Marktplätzen und stärkt die Rechte der Käufer bei Vertragsbrüchen. Da in solchen Fällen der Schadenersatzanspruch dem Kaufpreis eines vergleichbaren Artikels entspricht, kann dies für Vertragsverletzer zu höheren Kosten führen als ursprünglich veranschlagt.

[…]


Das vorliegende Urteil

AG Altötting – Az.: 2 C 461/20 – Urteil vom 15.10.2020

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 505,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.07.2020 zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 505,00 € festgesetzt.

Tatbestand

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Ebay-Kaufvertrag – Schadensersatz auf Grundlage eines konkreten Deckungsgeschäfts
(Symbolfoto: George Sheldon/Shutterstock.com)

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die zulässige Klage erwies sich als begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gem. §§ 280 Abs.1, Abs. 3, 281 BGB in Höhe von 505, 00 Euro nebst Zinsen zu.

Das Gericht gelangt zu dem Ergebnis, dass die Beklagte durch Nichtübereignung und fehlender Übergabe der Modelbahnlok Typ: Roco H0 218 72748 piko ihre Leistungspflicht aus dem streitgegenständlichen Kaufvertrag verletzt hat und der Kläger daher seinen Schaden auf der Grundlage eines konkreten Deckungsgeschäfts berechnen durfte.

Die Rechtsbeziehung der Parteien rührt aus einem am 15.1.2020 geschlossenen Kaufvertrag auf der Verkaufsplattform ebay-Kleinanzeigen. Dort hatte die Beklagte die streitgegenständliche Modelbahnlok zum Verkauf für 350 Euro angeboten. Spätestens nachdem der kaufinteressierte Kläger sich nach einer Möglichkeit zur Kaufpreiszahlung erkundete und die Beklagte diesem sodann ihre Bankdaten inklusive zu zahlendem Betrag und Betreff mitteilte, erklärte diese konkludent ihre Zustimmung zum Abschluss eines Kaufvertrags über die Modelbahnlok zum Kaufpreis von 350 Euro.

Selbst wenn dem Vortrag der Beklagten Glauben zu schenken wäre, dass diese nie Eigentümerin und Besitzerin der Modelbahnlok gewesen sei, so ändert dies nichts an der Wirksamkeit des Vertrages, vgl. § 311a Abs. 1 BGB.

Nicht glaubhaft hingegen erscheint dem Gericht der Vortrag der Klägerin, ihr ebay-Account sei gehackt worden und ein Vertrag mit ihr daher erst gar nicht zustande gekommen. Es ist schlichtweg nicht nachvollziehbar, weshalb ein unbekannter Dritter Zahlung auf das Bankkonto der Beklagten verlangen sollte. In solchen Fällen wäre vielmehr die Zahlung auf ein dem Dritten gehöriges Konto üblich. Indem die Beklagte nun über einen neuen ebay-Account erneut ähnliche Modellbahnen veräußert und dabei den selben Sprachgebrauch verwendet („Auf fragen ist versand möglich nein ist es nicht steht ja schon da“ und „es ist kein versand möglich wer fragt ist versand möglich nein ist es nicht“) bestehen aus der Sicht des Gerichts keinerlei Zweifel darüber, dass die Beklagte Vertragspartnerin des Kaufvertrages mit dem Kläger war.

Ebenso wenig scheitert ein Vertragsschluss an der fehlenden Einigung über die Bezahlart. Zwar hatte die Beklagte unter ihrem Verkaufsartikel zunächst die Zahlungskondition „nur selbst abholung und bar bezahlung“ bestimmt, diese später jedoch durch ihre Nachricht, indem sie dem Kläger ihre Bankdaten zukommen ließ und einen Versand am Samstag ankündigte, abgeändert.

Indem die Beklagte dem Kläger nun die streitgegenständliche Modellok weder übergab noch übereignete, verletzte sie ihre vertragliche Pflicht in Form der Nichtleistung. Dem Kläger stand nämlich ein fälliger und einredefreier Anspruch gem. § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB zu.

Zum einen hatte er bereits seine eigene Pflicht gem. § 433 Abs. 2 erfüllt, indem er 350,00 Euro auf das Konto der Beklagten überwies.

Überdies bestand der Anspruch des Klägers gem. § 433 Abs. 1 Satz 1 trotz erfolgter „Stornierung“ der Beklagten bzw. durch deren Ehemann fort. Mangels Rücktrittsrechts, Widerrufsrechts oder Anfechtungsgrund stand der Beklagten nämlich keine Möglichkeit zu, sich vom geschlossenen Kaufvertrag mit dem Kläger zu lösen.

Indem die Beklagte trotz ihrer eigenen Angabe, dass der Versand am Samstag 18.1.20 erfolgen würde, ihrer Leistungspflicht nicht weiter nachkam, hat sie diese also verletzt.

Durch Schreiben des Klägers vom 23.1.20, in welchem er bis Sonntag, 26.1.20 von der Beklagten einen Lösungsansatz einforderte, hat der Kläger aus der Sicht des Gerichts bereits eine angemessene Frist gem. § 281 Abs. 1 BGB gesetzt, zumal die Beklagte die Bahn ja nur noch hätte versenden müssen. Zudem wäre aufgrund der Äußerung des Ehemanns der Beklagten im ebay-Chatportal, welche sich die Beklagte zurechnen lassen muss, den Kaufvertrag zu stornieren, also die Leistung endgültig zu verweigern, und der unberechtigten Drohung mit einer Anzeige wegen Belästigung und Stalking eine Fristsetzung auch gem. § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich gewesen.

Diese Pflichtverletzung in Form der Nichtleistung hat die Beklagte auch zu vertreten. Dabei wird das Vertretenmüssen gem. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zulasten der Beklagten bereits vermutet. Hier hat die Beklagte nichts gegenteiliges Vorgetragen, was zu einer Exkulpation führen könnte. Vielmehr sah sie sich aufgrund des aus ihrer Sicht fehlenden Kaufvertrags bzw. erfolgter Stornierung hiervon nicht zur Leistung verpflichtet. Diese Fehlannahme war jedenfalls fahrlässig.

Aufgrund dieser Pflichtverletzung ist dem Kläger ein kausaler Schaden in Höhe von 505,00 Euro entstanden.

Der nicht belieferte Käufer kann seinen Schaden nämlich auf der Grundlage eines konkreten Deckungsgeschäfts berechnen (vgl. BGH NJW 1998, 2903). Hier hat der Kläger zur Überzeugung des Gerichtes dargelegt, dass er am 23.2.20 mittels ebay Ersteigerung einen solchen Deckungskauf tätigte und dies auch mittels Zahlungsbestätigung über PayPal konkret nachgewiesen (vgl. Anlage K3 und K4).

Ebenso handelt es sich bei der erworbenen Modellbahnlok aus Sicht des Gerichts um einen gleichwertigen Kaufgegenstand, sodass der Kläger aus der Pflichtverletzung der Beklagten auch keinen unberechtigten Vorteil zieht (vgl. zu dieser Problematik OLG Stuttgart NJW-RR 2012, 251).

Die Beklagte hatte eine Modellbahnlok Typ Roco H0 218 72748 piko zum Kaufpreis von 350 Euro angeboten. Weitere Angaben zum Zustand oder Alter traf die Beklagte dabei nicht.

Demgegenüber hat der Kläger als Deckungskauf ebenfalls eine Modellbahnlok Typ Roco 72748 BR 218 418-2 als Neumodell für 855 Euro erworben. Bereits anhand der Artikelnummer lässt sich erkennen, dass es sich hierbei um das gleiche Modell handelt. Ebenso sind beide Modelle in ihrem Erscheinungsbild gleichartig.

Auch der starke Preisunterschied kann hier nicht auf eine fehlende Gleichwertigkeit hindeuten. Bei ebay Auktionen ist es gerade üblich, dass unterschiedliche – vom Normalpreis abweichende – Preise erzielt werden, zumal sich der Kläger hier gegen neun Mitbieter durchsetzen musste (vgl. Anlage K3). So wurde etwa die streitgegenständliche Modellokbahn bereits zwischen 299,00 Euro und 1213,00 Euro in diesem Jahr gehandelt (vgl. https://www.moba-preise.com/roco/72748.html). Aus diesem Grunde durfte sich der Kläger auch zum Kauf eines neuen Modells herausgefordert fühlen, zumal für gebrauchte Exemplare teilweise schon höhere Preise gezahlt wurden als für neuwertige Modelle.

Dem Kläger kann es gerade nicht angelastet werden, dass sich die Kaufpreisforderung der Beklagten im unteren Preissegment der möglicherweise erzielbaren Einnahmen befindet. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass der Kläger anderweitig ein preiswertes Modell hätte erwerben können, zumal eine solche Modellbahnlok gerade nicht regelmäßig angeboten wird.

Somit hat die Beklagte ihre Leistungspflicht aus dem mit dem Kläger geschlossenen Kaufvertrag verletzt, sodass diesem ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung in Höhe von 505,00 Euro zuzusprechen war.

Die Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit folgen aus §§ 286, 288 BGB

Aus diesem Grunde war die Klage begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.11 und 713 ZPO.

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