LG Kiel, Az.: 13 O 21/17
Urteil vom 20.12.2017
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger begehrt von dem Beklagten Schadensersatz nach einem eBay-Kauf.
Der Beklagte bot im März 2016 über die Auktionsplattform eBay einen Stein samt Echtheitszertifikat an, der in dem Angebot als echter natürlicher gelber Saphir aus Indien, Gewicht 8,40 Karat, bezeichnet war. Das Startgebot betrug 80,00 €. Gewährleistungsrechte wurden ausgeschlossen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Angebots einschließlich der Abbildungen des Steins und des Zertifikats wird Bezug genommen auf die Anlage K1 (Bl. 4 d. A.). Der Kläger erwarb als alleiniger Bieter am 13.03.2016 den abgebildeten Stein zum Startgebot. Der Beklagte lieferte sodann den im Angebot abgebildeten Stein an den Kläger. Mit Schreiben vom 18.10.2016 forderte die Prozessbevollmächtigte des Klägers den Beklagten zur Nachlieferung auf, weil es sich bei dem gelieferten Stein nicht um einen Saphir von 8,40 Karat handele und dieser damit nicht über die zugesicherte Eigenschaft verfüge. Eine Nachlieferung durch den Beklagten erfolgte nicht.
Der Kläger behauptet, es handele sich bei dem an ihn ausgelieferten Stein nicht um einen echten natürlichen gelben Saphir. Ein Saphir, wie er im Angebot umschrieben war, habe einen Wert von 10.000,00 €. Mit der Klage begehrt er die Differenz zwischen dem Wert des tatsächlich gelieferten Steins in Höhe von 80,00 € und des von ihm angenommenen Wertes des angebotenen Steins.
Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 9.920,00 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.10.2016 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 887,03 € zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, der gelieferte Stein sei ein echter natürlicher gelber Saphir und entspreche auch der mit dem mitgelieferten Zertifikat angebotenen zweitniedrigsten Güteklasse „Transparent“, da er deutliche Einschlüsse von weißlichen und gelblichen Verfärbungen aufweise. Gerade natürliche Saphire zeichneten sich im Gegensatz zu industriell-synthetisch hergestellten oder chemisch-technisch behandelten synthetischen Korunden als Oberbegriff von Saphiren durch solche Verfärbungen bzw. Einschlüsse aus. Der Preis derartiger natürlicher Steine hänge von der jeweiligen Qualität ab.
Das Gericht hat den Beklagten am 23.11.2017 als Partei angehört. Insoweit wird verwiesen auf das Sitzungsprotokoll vom 23.11.2017 (Bl. 60 ff. d. A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus den §§ 437 Nr. 3, 434, 281 Abs. 1 Satz 1, 280 Abs. 1 BGB nicht zu.
Nach § 437 Nr. 3 BGB kann der Käufer, wenn die gelieferte Sache mangelhaft ist, u. a. nach den §§ 440, 280, 281 BGB Schadensersatz verlangen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil der gelieferte Stein schon nicht mangelhaft ist.
Nach § 434 Abs. 1 S.1 BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat, d. h. die sog. Ist-Beschaffenheit nicht von der sog. Soll-Beschaffenheit nicht abweicht. Entgegen der Ansicht des Klägers weist der gelieferte Stein eine solche Abweichung nicht auf, weil es sich – unstreitig – um den von dem Beklagten auf der Auktionsplattform eBay in dem Angebot abgebildeten Stein handelt und eine Vereinbarung von dessen Beschaffenheit, die der Kläger für sich reklamiert, nämlich einen Wert von 10.000,00 € statt 80,00 €, zwischen den Parteien nicht getroffen worden ist.
Dies ergibt sich aus der Auslegung der zwischen den Parteien im Rahmen der eBay-Versteigerung getroffenen Vereinbarung. Verträge sind gemäß §§ 133, 157 BGB nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auszulegen. Dabei ist ausgehend vom Wortlaut der Vereinbarung bzw. der Erklärungen deren Inhalt unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände zu bestimmen, wie ein verständiger Erklärungsempfänger sie verstehen würde.
Beschaffenheit i.S.d. § 434 BGB umfasst alle Faktoren, die der Sache selbst anhaften (z.B. neu oder gebraucht, Größe, Gewicht, Alter), und auch Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben (Palandt/Weidenkaff, 76. Aufl. 2017, § 434 Rn. 10). Vereinbart ist dabei diejenige Beschaffenheit, welche zu übereignen und zu übergeben sich der Verkäufer nach Inhalt des Kaufvertrages verpflichtet (Palandt/ Weidenkaff, 76. Aufl. 2017, § 434 Rn. 15). Diese Vereinbarung kann auch in der Beschreibung eines angenommenen Angebots einer eBay-Versteigerung liegen (KG NJW-RR 2012, 290), wobei in diesen Fällen alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2012, 2723).
Nach diesen Maßstäben war das Angebot des Beklagten über den zu erwartenden Stein dahin zu verstehen, dass es sich um einen Stein handelt, der einer Qualitätsklasse entspricht, die dem schließlich vereinbarten Kaufpreis auch entspricht. Entgegen der Ansicht des Beklagten war dieses Angebot erkennbar nicht auf den Verkauf eines hochpreisigen Steins im Wert von 10.000,00 € gerichtet. Das Angebot des Beklagten war entsprechend der Formulierung bei eBay gerichtet auf einen echten natürlichen gelben Saphir aus Indien mit einer Größe von 2,83×10,04×6,91 mm, einem Gewicht von 8,40 Karat, im Ovalschliff facettiert und durchsichtig. Diese Beschaffenheitsmerkmale hat der Verkäufer in seinem Angebot klar ersichtlich vereinbart und eben diese Beschaffenheit hat der Kläger mit Abgabe des Höchstgebots angenommen. Der vom Kläger geltend gemachte hohe Wert des Steins war davon nicht umfasst. Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass Edelsteine in verschiedenen Güte- und Qualitätsklassen gehandelt werden. Der tatsächliche Wert wird dabei neben Angebot und Nachfrage u. a. durch Größe, Gewicht, Klarheit, Schliff und Herkunft des Edelsteins bestimmt. Aufgrund der deutlichen Transparenz des Marktes bezüglich solcher Steine im Internet, wie dies etwa auch aus den zur Akte gelangten anderweitigen Angeboten von natürlichen Saphiren ersichtlich ist, war für einen verständigen Erklärungsempfänger erkennbar, dass vorliegend kein Angebot für einen sehr hochwertigen Stein im Wert von 10.000,00 € gemacht wurde. Der Stein wies ausweislich des Lichtbilds der Anlage B II 2 (Bl. 44 d. A.), welches dem Angebot beigefügt war, deutliche Einschlüsse von weißlichen und gelblichen Verfärbungen auf. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände stellte der Angebotspreis vorliegend auch einen maßgebenden Umstand für dessen Wertbildung dar.
Soweit der BGH in der Entscheidung vom 28.03.2012 (BGH NJW 2012, 2723 – Az.: VIII ZR 244/10) ausgeführt hat, dass sich allein aus einem geringen Startpreis bei einer Internetauktion keine Rückschlüsse auf den Wert des Versteigerungsobjekts ziehen ließen, führt dies hier zu keiner anderen Beurteilung. Denn der BGH hat weiter ausgeführt, dass – wie dargelegt – in Fällen von Internetauktionen unter Würdigung der abgegebenen Willenserklärungen und Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln sei, ob und mit welchem Inhalt eine Beschaffenheitsvereinbarung durch die Angebotsbeschreibung getroffen wurde. Das führt vorliegend zu der dargelegten Auslegung, während es in dem vom BGH entschiedenen Fall um Beschaffenheitsvereinbarungen in einem eBay-Angebot für ein Handy einer bestimmten Marke ging, die für Originalware auf dem Markt mit entsprechenden Wertvorstellungen verbunden ist, wobei tatsächlich aber ein Plagiat veräußert wurde.
Da hiernach die Klage in der Hauptsache unbegründet ist, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Mahnkosten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 S.1 und 2 ZPO.