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Ebay-Auktion – Vertragsschluss durch Angebot und Annahme

AG Pfaffenhofen – Az.: 1 C 341/19 – Urteil vom 30.07.2021

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 914,99 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.12.2018 Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Außenbordmotors Yamaha 25 PS, Baujahr 2001 zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.12.2018 zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Außenbordmotors Yamaha 25 PS, Baujahr 2001 in Annahmeverzug befindet.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte 93 % und der Kläger 7 %.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages die Zwangsvollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 984,99 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht die Rückabwicklung eines Kaufvertrages geltend.

Ebay-Auktion - Vertragsschluss durch Angebot und Annahme
(Symbolfoto: Ascannio/Shutterstock.com)

Der Kläger schloss am 15.04.2018 mit dem Beklagten über die Verkaufsplattform Ebay einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Außenbordmotor Yamaha 25 PS, Baujahr 2001, samt Tank und Tankverbindung zu einem Kaufpreis von insgesamt 914,00 €.

Der Kaufpreis wurde durch den Kläger bezahlt.

Der Außenbordmotor wurde mit einem Tank und einer Tankverbindung übergeben.

Bei Ebay war der gegenständliche Motor wie folgt beschrieben: „Gebraucht: Artikel wurde bereits benutzt. Ein Artikel mit Abnutzungsspuren, aber in gutem Zustand und vollkommen funktionsfähig. Bei dem Artikel handelt es sich unter Umständen um ein Vorführmodell oder um einen Artikel, der an den Verkäufer nach Gebrauch zurückgegeben wurde. Weitere Einzelheiten zum Beispiel genaue Beschreibung etwaiger Fehler oder Mängel im Angebot des Verkäufers. Leistung 16 – 50 PS“

Die weitere Beschreibung lautete: „Yamaha 25 PS, aus dem Jahre 2001, ist also schon älter und wird so wie auf dem Bild zu sehen, mit Yamaha 25 Liter Kraftstofftank verkauft. Keine Bedienungsanleitung dabei. Ich kann über den Motor nicht viel sagen, außer dass der von meinem Opa ist und wurde die letzten Jahre nicht mehr benutzt. Nur Selbstabholung

Privatverkauf: Keine Garantie, keine Gewährleistung.“

Am 08. Mai 2018 hatte der Kläger den Beklagten über die technischen Probleme bzw. die Abweichung der Beschreibung von der tatsächlichen Beschaffenheit sowie darüber informiert, dass hier evtl. sogar eine Täuschung bzw. ein Betrug im Raum stehe. Unter Fristsetzung von 14 Tagen hatte der Kläger den Beklagten zur Rückabwicklung aufgefordert.

Mit Schreiben des Klägervertreters vom 02.07.2018 wurden dem Beklagten die Mängel nochmals angezeigt. Es wurde dem Beklagten auch der Verdacht der arglistigen Täuschung bzw. des Betrugs angetragen und dem Beklagten die Möglichkeit gegeben, bis 09.07.2018 die Nacherfüllung zu erbringen.

Mit Schreiben des Beklagtenvertreters vom 06.07.2018 wurde das Nacherfüllungsverlangen des Klägers zurückgewiesen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.11.2018 hatte der Kläger den Rücktritt vom geschlossenen Kaufvertrag erklärt.

Der Kläger trägt vor, dass der Außenbordmotor erhebliche Mängel aufweise. Er sei außerdem mit einem anderen Tank und einer anderen Tankverbindung, die sogar abgeschnitten sei, als auf dem Angebotsbild abgebildet, geliefert worden. Gravierender Weise habe der Motor einen Kolbenfresser, es könne nicht einmal die Startleine gezogen werden. Der Kläger ist der Auffassung, dass der Beklagte im Ebay Verkaufstext bezüglich des Außenbordmotors konkrete Zusicherungen gegeben hätte, insbesondere habe dieser dort ausgeführt, dass der Motor „in gutem Zustand und vollkommen funktionsfähig“ sei. Der Kläger habe den Außenbordmotor durch eine Spedition vom Beklagten abholen lassen, wofür ihm Kosten in Höhe von 70,00 € entstanden seien. Er habe nach Anlieferung die Startleine zu ziehen versucht, was jedoch nicht funktioniert habe, da der Motor einen Kolbenfresser hätte. Der Kläger habe nach Gefahrübergang den Motor nicht unsachgemäß gelagert. Der Kaufvertrag sei am 15.04.2018 geschlossen worden, am 08.05.2018 habe der Kläger die technischen Probleme gegenüber dem Beklagten gerügt. Bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Motors sei festgestellt worden, dass dieser festsitze. Die unsachgemäße Lagerung habe bereits vor Lieferung an den Kläger auf Beklagtenseite stattgefunden.

Der Kläger beantragt zuletzt,

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 914,99 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.12.2018, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Außenbordmotors Yamaha 25 PS, Baujahr 2001 zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Außenborders Yamaha 25 PS, Baujahr 2001, in Annahmeverzug befindet.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 70,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.12.2018 zu bezahlen.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 147,56 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.12.2018 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, Klageabweisung

Der Beklagte habe bereits in der Ebay-Anzeige als auch anlässlich der Übergabe den Kläger darauf hingewiesen, dass er als Laie keine weiteren Angaben zum Motor tätigen könne. Ferner habe er den Kläger darauf hingewiesen, dass die Angabe „funktionsfähig“ eine Textbausteinvorgabe der Ebay-Plattform sei und er deshalb konkrete Angaben im Freitextfeld hinterlegt habe. Der Kläger habe bei Abholung ausreichend Gelegenheit gehabt, den Motor eingehend zu besichtigen und auszuprobieren. Eine Übernahme der Beschaffenheitsgarantie im Sinne einer bindenden Gewährübernahme habe nicht vorgelegen. Die Aufwendungen für die Inanspruchnahme einer Spedition würden bestritten. Außerdem habe kein Motorschaden vorgelegen, der Außenbordmotor sei im Zeitpunkt der Übergabe weder defekt noch mangelhaft gewesen. Auch sei der Motor nicht mit einem anderen Tank oder einer abgeschnittener Tankverbindung geliefert worden. Vielmehr sei der vermeintliche Motorschaden nach Übergabe und durch eine fehlerhafte Bedienung durch den Kläger eingetreten. Der Motor sei auch nicht durch eine Spedition, sondern durch einen Bekannten beim Beklagten abgeholt worden. Der Motor sei vom Kläger nach Gefahrübergang unsachgemäß gelagert worden, so dass es zu den festgestellten Schäden gekommen sei.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und auf deren dortigen Vortrag sowie auf die mit den Schriftsätzen übersandten Anlagen als auch auf das Protokoll vom 16.10.2019 und hier auf die Vernehmung der Zeugin ZD und auf das schriftliche gerichtlich erholte Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. (FH) GF vom 11.02.2021 (Bl. 64 – 91 d. Akten und auf dessen Ergänzungsgutachten vom 04.06.2021 (Bl. 101 – 107) sowie auf den gerichtlichen Beschluss vom 01.07.2021 (Bl. 115 – 117 d. Akten) vollinhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage war im tenorierten Umfang begründet, im darüber hinaus geltend gemachten Ausmaß allerdings als unbegründet abzuweisen.

1.

Der Kläger hatte gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Ersatz der von ihm geltend gemachten Speditionskosten in Höhe von 70,00 €.

Insoweit hatte der Kläger vorgetragen, dass er für die Lieferung des Außenbordmotors durch eine Spedition 70,00 € bezahlt habe.

Einen entsprechenden Nachweis konnte der Beklagte jedoch nicht erbringen.

Demgegenüber hatte die Beklagtenseite eine Mitteilung des Klägers an ihn vorgelegt in der der Kläger um die Bekanntgabe der Adresse bat, um den Motor durch einen Bekannten abholen zu lassen. Hierauf erfolgte keine weitere Erklärung des Klägers.

Mangels entsprechenden Nachweises trotz Bestreitens der Beklagtenseite hatte der Kläger keinen Anspruch auf Ersatz von 70,00 €.

2.

Demgegenüber hatte der Kläger gegen den Beklagten jedoch einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 914,99 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Außenbordmotors Yamaha 25 PS, Baujahr 2001.

a.

Diesbezüglich war zu berücksichtigen, dass der Kaufvertrag nicht erst bei Abholung des Kaufgegenstandes zustande gekommen war, sondern bereits mit Beendigung der Ebay-Aktion.

Daher führten spätere Erklärungen des Beklagten nicht mehr zu Änderungen am bereits wirksam vereinbarten Kaufvertrag.

Verträge kommen insoweit zustande durch auf den Vertragsschluss gerichtete, einander entsprechende Willenserklärung, in der Regel durch Angebot und Annahme nach §§ 145 ff. BGB.

Gegenständlich war der Kaufvertrag über den vom Beklagten im Rahmen der Ebay-Auktion angebotenen Außenbordmotors zustande gekommen nach § 433 Abs. 1, S. 1 BGB. Bei einer Ebay-Auktion handelt es sich nicht um eine Versteigerung im Sinne des § 156 BGB, sondern der Vertragsschluss kommt durch Angebot und Annahme im Sinne der §§ 145 ff. BGB zustande. Der Beklagte hatte dadurch, dass er die Auktion des zum Verkauf gestellten Außenbordmotors gestartet hatte, ein verbindliches Verkaufsangebot im Sinne von § 145 BGB abgegeben, welches an denjenigen gerichtet war, der zum Ablauf der Auktionslaufzeit als der nach § 148 BGB bestimmten Annahmefrist das Höchstgebot abgegeben haben würde. Außer Frage steht, dass das Online abgegebene Höchstgebot des Klägers eine wirksame, auf den Abschluss eines Kaufvertrags mit dem Beklagten gerichtete Willenserklärung darstellt. Die Annahme der Beklagtenseite liegt bereits darin, dass der Beklagte die von ihm eingerichtete Angebotsseite für die Versteigerung mit der ausdrücklichen Erklärung freigeschaltet hatte, er nehme bereits zu diesem Zeitpunkt das höchste, wirksam abgegebene Kaufangebot an.

b.

Allerdings war der von Beklagtenseite verkaufte Außenbordmotor mangelbehaftet (aa,).

Der Mangel lag auch bereits bei Gefahrübergang vor (bb.).

aa.

Der geltend gemachte Rücktritt war vorliegend nicht durch den Gewährleistungsausschluss des Beklagten ausgeschlossen worden.

Insoweit wird von Beklagtenseite zwar vorgetragen, dass der Beklagte sowohl in der Ebay-Anzeige als auch anlässlich der Übergabe den Kläger darauf hingewiesen habe, dass er als Laie keine weiteren Angaben zum Motor tätigen könne, der Motor im Besitz seines Großvaters gewesen sei und dort einwandfrei gelaufen wäre.

Maßgeblich für den Vertragsschluss waren die Angaben des Beklagten beim Starten seiner Ebay-Auktion. Insoweit lag es in der Verpflichtung des Beklagten, die Ebay-Seite in der Weise zu gestalten, dass eindeutig feststellbar war, dass als Beschaffenheitsvereinbarung gerade nicht die Funktionsfähigkeit des Motors gegeben war. Selbst der Hinweis an den Kläger, dass die Angabe „funktionsfähig“ eine Textbausteinvorgabe der Ebay-Plattform sei und deshalb konkrete Angaben im Freitextfeld hinterlegt worden seien, führt nicht zum Wegfall des Gewährleistungsanspruchs. Auch wenn dies eine Textbausteinvorgabe der Ebay-Plattform war, so entlastet dies den Beklagten als Verkäufer eben gerade nicht. Dieser ist als Verkäufer für seine Willenserklärung und deren Inhalt verantwortlich. Maßgeblich ist dabei der objektive Empfängerhorizont und nicht die individuelle innere Einstellung des Beklagten selbst. Der Hinweis darauf, dass er über den Motor nicht viel sagen könne, außer dass der von seinem Opa sei und die letzten Jahre nicht mehr benutzt worden wäre, führt nicht dazu, dass die Angabe „funktionsfähig“, die in der Ebay-Anzeige mit dem Zusatz „in gutem Zustand und vollkommen funktionsfähig“ durch den Beklagten als seine Willenserklärung übernommen worden war, relativiert worden wäre. Für den objektiven Empfängerhorizont war die Angabe „vollkommen funktionsfähig“ im Gegenteil nur so zu verstehen, dass der vom Beklagten verkaufte Außenbordmotor jedenfalls funktionierte, also zu starten ist und läuft.

Nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB stellen die Angaben des Beklagten in seinen Ebay-Anzeigen die Festlegung der geschuldeten Qualität der Kaufsache und damit die Ausgestaltung seiner Primärleistungspflicht dar. Soweit hier die von Ebay zur Verfügung gestellte Textbauvorgabe den Zustand des Kaufgegenstands eben gerade nicht richtig trifft, so hätte der Beklagte einen anderen Textbaustein wählen müssen. Durch die bewusste Verwendung der Textbausteinvorgabe der Ebay-Plattform hatte der Beklagte den Inhalt des Textbausteins bewusst zu seiner Willenserklärung gemacht und damit bewusst seine Primärleistungspflicht und die Qualität der Kaufsache beschrieben. Insoweit lag ein rechtsverbindlicher Bindungswille im Sinne einer Einstandspflicht für das Vorhandensein der entsprechenden Eigenschaft des Kaufgegenstandes vor.

Vor dem Hintergrund dessen, dass die Klagepartei den Kaufgegenstand außer in Bild und Text überhaupt nicht vor Kaufvertragsschluss tatsächlich prüfen und bewerten kann, sind an den Inhalt der Willenserklärung und die bildliche Darstellung des Kaufgegenstands für die Willensbildung des Käufers ersichtlich ein maßgeblicher Gesichtspunkt. Insoweit handelt es sich nicht nur um eine Beschaffenheitsinformation als rein tatsächliche Erklärung, sondern tatsächlich um eine Beschaffenheitsvereinbarung, denn dabei handelt es sich um einen wesentlichen Umstand und einen objektiven Erklärungsgehalt, der maßgeblich für die Willensbildung des Käufers ist, so dass durch den Hinweis „kann über den Motor nicht viel sagen, außer dass er im Besitz seines Großvaters gewesen sei und dort einwandfrei gelaufen wäre“ die Beschaffenheitsdarstellung „vollkommen funktionsfähig“ nicht determiniert werden konnte.

Die Auslegung des Vertrages zwischen den Parteien ergab, dass sich ein eventueller Gewährleistungsausschluss gerade nicht auf die im Vertrag angegebene Beschaffenheitsvereinbarung der vollkommenen Funktionsfähigkeit bezog. Insoweit konnte die Erklärung des Beklagten durch aus der Sicht des objektiven Empfängerhorizonts nicht so verstanden werden, dass durch seine nachfolgende Erklärung die Unverbindlichkeit der Beschaffenheitsvereinbarung hervorgegangen wäre und dies zur Folge hätte. Vielmehr gehen Ungenauigkeiten und Widersprüchlichkeiten letztlich zu Lasten des Verkäufers und damit des Beklagten, da nur dieser ausreichend über den Zustand der Kaufsache informiert ist und er letztlich die Beschreibung des Kaufgegenstands vornimmt – insoweit ggf. vorgefertigte Textbausteine verwendet, deren Richtigkeit er verpflichtet ist zu prüfen, und ggf. auf seinen konkreten Kaufgegenstand anzupassen. Damit, da die Gegenstandsbeschreibung neben den Bildern das Einzige ist, was der potentielle Käufer lesen, anschauen und vor Kaufabschluss prüfen kann, hat er auch für deren Inhalt einzustehen.

Demgemäß erstreckt sich ein möglicher Gewährleistungsausschluss nur auf Mängel im Sinne von §§ 434 Abs. 1, S. 2 Nr. 1 u. 2 BGB und nicht auf die vereinbarte Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1, S. 1 BGB.

In diesem Sinne war der Außenbordmotor daher mangelhaft.

Zu diesem Ergebnis kam der gerichtlich bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) GF in seinem schriftlichen Gutachten vom 11.02.2021. Insoweit hatte der Sachverständige auf Seite 11 ff. ausgeführt:

„Um im vorliegenden Fall festzustellen, warum sich der gegenständliche Motor nicht mehr drehen lässt und ob ein Kolbenfresser vorliegt, wurde dieser in der Werkstatt des Unterzeichners Stück für Stück zerlegt, um an die Kolben und die Zylinder zu gelangen. Bei dem streitgegenständlichen Motor handelt es sich um einen Hubkolbenmotor mit zwei Zylindern. Er besitzt also zwei Kolben, die jeweils in einem Zylinder sitzen. Die beiden Zylinder liegen übereinander. Wie bereits in Abschnitt V erwähnt, wurden während des Ortstermins die Zündkerzen aus den beiden Zylindern geschraubt um mittels Endoskops mögliche Anzeichen (Abrieb und Schleifspuren an den Zylinderrändern) eines Kolbenfressers in den Brennkammern feststellen zu können. In der Brennkammer des oberen Zylinders (Zylinder Nr. 1) konnte kein Hinweis auf einen Kolbenfresser festgestellt werden. Beim Rausdrehen der Zündkerze des unteren Zylinders (Zylinder Nr. 2) wurde gefrorenes Wasser in der Brennkammer und an der Zündkerze festgestellt. Zudem zeigten die ersten Bilder, die mittels Endoskops aufgenommen wurden, dass sich neben dem Wasser auch Korrosion (Rost) im Zylinder befindet. Nach dem Zerlegen des Motors in der Werkstatt konnten folgende Tatsachen festgestellt werden:

  • die Zylinderkopfdichtungen sind intakt (kein Wassereintritt über den Zylinderkopf)
  • Wasser im unteren Zylinder, Kolben war nahezu in oberer Totpunkt-Stellung
  • oberer Kolben war nahezu in unterer Totpunkt-Stellung
  • Korrosion in beiden Brennkammern sichtbar, unterer Zylinder ist deutlich stärker betroffen.
  • keine Riefen in Hubrichtung an den Zylinderwänden beider Zylinder.
  • keine Riefen in Hubrichtung am oberen Kolben
  • kein übermäßiger Verschleiß an den Kolbenringen
  • sehr leichte Riefen in Hubrichtung am unteren Kolben (höchstwahrscheinlich durch Fremdkörper beim Demontieren entstanden, keine deckungsgleichen Riefen an den Zylinderwänden)
  • starke Korrosionsspuren im Kurbelwellengehäuse, vor allem im Bereich des unteren Kurbelwellenlagers.
  • starke Korrosion in den Kurbelwellenlagern
  • Korrosionsspuren am Vergaser des unteren Zylinders
  • festsitzende Pleuellager an beiden Pleuelstangen

Es konnten während der Demontage und Untersuchung des streitgegenständlichen Außenbordmotors keine Hinweise auf einen Kolbenfresser festgestellt werden. Im vorliegenden Fall liegt die Ursache des festsitzenden Motors nicht bei einem Kolbenfresser, sondern ist mit großer Wahrscheinlichkeit die Folge einer unsachgemäßen Lagerung des Außenbordmotors. Legt man den Kolben fälschlicherweise auf die Seite, kann Wasser (Kühlwasser), das sich noch im Abgassystem befindet über die Auslassventile zurück in die Zylinder laufen. Dort verteilt es sich, je nach Hublage des Kolbens, im Kurbelgehäuse und/oder in der Brennkammer des Zylinders, wo es daraufhin zu Korrosionsschäden kommt. Ein Warnhinweis zu den Folgen der unsachgemäßen Lagerung findet sich in jeder Betriebsanleitung von Außenbordmotoren, auch des Herstellers Yamaha. Aufgrund der vorliegenden Beschädigungen ist der gegenständliche Motor defekt und als wirtschaftlicher Totalschaden anzusehen. Eine Reparatur ist zwar möglich, aber nicht mehr wirtschaftlich.“

Das Gericht schließt sich den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen an. Einwendungen hiergegen wurden von keiner Seite erhoben und waren auch sonst nicht ersichtlich.

Dementsprechend war nach Überzeugung des Gerichts der gegenständliche Außenbordmotor mangelhaft.

bb.

Die Mangelhaftigkeit hatte bereits bei Gefahrübergang bestanden.

Dies wurde durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen in dessen Ergänzungsgutachten vom 04.06.2021 festgestellt.

Insoweit führte der gerichtlich bestellte Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten ab Seite 5 ff. aus:

„Die folgenden Tatsachen sind als direkte Folge einer unsachgemäßen Lagerung anzusehen:

– Wasser bzw. Feuchtigkeit im unteren Zylinder

– starke Korrosionsspuren im Kurbelwellengehäuse, vor allem im Bereich des unteren Kurbelwellenlagers

– starke Korrosion in den Kurbelwellenlagern

– Korrosionsspuren am Vergaser des unteren Zylinders

– festsitzende Pleuellager an beiden Pleuelstangen

Durch die unsachgemäße Lagerung konnte Wasser, das zur Kühlung des Motors durch den Block gepumpt wird und sich später mit den Abgasen vermischt, durch offenstehende Abgasventile in den Block bzw. in die Brennkammer laufen und danach über die Kolbenringe in das Kurbelwellengehäuse. Vor diesem Ereignis wird im Handbuch des Motorherstellers explizit gewarnt.“

Und weiter „Die unsachgemäße Lagerung muss kurz nach dem letzten Gebrauch des Motors stattgefunden haben. Es muss sich noch Wasser im Kühlsystem des Motors befunden haben, welches nach unsachgemäßer Handhabung bzw. Lagerung, über ein offenstehendes Abgasventil in den Motor fließen konnte.“

Und darüber hinaus „Die bei dem Ortstermin festgestellten Vereisungen sind ein Zeichen, dass sich noch immer etwas Wasser, zumindest in der Brennkammer des unteren Zylinders, befunden hatte, welches aufgrund der tiefen Temperaturen zum Zeitpunkt der Besichtigung gefroren war. Dieses Wasser (zur Motorkühlung) konnte nur über ein offenstehendes Abgasventil in den Motorblock gelangen.“

Und schließlich „Die vorhandenen Korrosionsspuren sind eindeutig Folgen bzw. Zeichen einer unsachgemäßen Lagerung. Eine Korrosion in der Brennkammer und dem Kurbelwellengehäuse kann nur entstehen, wenn Wasser über ein offenstehendes Abgasventil in den Block eindringt. Die Korrosion beginnt, sobald Wasser in die Bereiche der Brennkammer und des Kurbelwellengehäuses eingedrungen ist, also kurz nach dem letzten Gebrauch des Motors, als sich noch Wasser im Kühlwassersystem befand.“

Das Gericht schließt sich den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen an. Einwendungen hiergegen wurden von keiner Seite erhoben und waren auch sonst nicht ersichtlich.

Aus diesem Grund war das Gericht davon überzeugt, dass zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs der Mangel bereits bestanden hatte und dass die unsachgemäße Lagerung durch den Großvater oder später die Beklagtenpartei verursacht worden war.

Neben den Feststellungen aus dem schriftlichen Sachverständigengutachten, in dem der gerichtlich bestellte Sachverständige bereits zum Ergebnis kam, dass die unsachgemäße Lagerung und damit der Beginn der Korrosion vor Gefahrübergang bereits auf Seiten der Beklagtenpartei gelegen hatte, waren auch noch die Angaben der Zeugin ZD zu sehen.

Diese gab an, dass bereits nach der Anlieferung beim Ausladen der Kläger versucht habe, zum Test den Motor über die Zugleine zu bewegen. Dies habe nicht funktioniert. Auch sie selbst hat versucht, den Motor zu bewegen über die Zugleine, was ihr ebenfalls nicht gelungen war. Im Einzelnen gab die Zeugin an: „Der Motor ist durch eine Spedition gekommen mit einem Transporter. Das wurde dann ausgeladen. Mein Mann hat mich dazu gerufen zum Testen für den Motor. Ich hab ihn festgehalten mit ihm. Er wollte ziehen, das war bombenfest. Das konnte man gar nicht rausziehen. Er hat oben die Haut abgeschraubt und hat versucht irgendwie das zu ziehen. Aber es ging nicht. Das mit dem Kolbenfresser kann ich nicht bezeugen. Allerdings kann ich bezeugen, dass überhaupt nichts gegangen ist. Er hatte mal gesagt ich soll ziehen. Aber das war gleich am Anfang wo ich nicht ziehen konnte. Am Anfang war’s bloß mal zum Ziehen zu probieren. Wie er das genau gemacht hat weiß ich nicht mehr. Ich hab das mal ganz fest in Erinnerung, dass man das nicht ziehen konnte. Ob er den Tank angeschlossen hat oder Benzin eingefüllt hat, das weiß ich nicht. Er hat nur gemeint ich soll ihn mal halten und auch mal versuchen zu ziehen. Ich hab die Ebay Anzeige nicht gesehen. Er hat nur gemeint, dass der Tank auch nicht der wäre der in der Ebay Anzeige gewesen wäre. Das ist das einzige was ich noch sagen kann. Er hat nur irgendwas gemeint mit der Tankanzeige. Genauer mehr kann ich dazu nicht sagen. (…) Mein Mann ist nicht technisch unbedarft. Er hat früher Roller geschraubt. Er kennt sich schon mit Motoren aus. Ob er den Motor zerlegt hat weiß ich nicht. Zum Kolbenfresser selbst kann ich keine Angaben machen. Das ist was, was ich nicht bestätigen kann. Soweit ich mich erinnern kann hab ich das Gefühl gehabt, dass gar nichts geht. Das ist jetzt aber mein Gefühl. Das ist ein bisschen länger her. Ich kann mich erinnern, dass ich versucht habe zu ziehen, aber das ist einfach nicht gegangen.“

Die Zeugin machte insoweit nachvollziehbare und in sich schlüssige Angaben, die glaubhaft waren. Die Zeugin war auch glaubwürdig. Gegenteiliges war nicht ersichtlich und wurde auch von keiner Seite vorgebracht.

Demgegenüber hatte offensichtlich die Beklagtenseite vor dem Verkauf überhaupt nicht versucht, den Motor zu bewegen, so dass sie deshalb über den Zustand insoweit gar nichts aussagen konnte.

Die Angaben der Zeugin zeigten jedoch, dass bereits zum Zeitpunkt der Anlieferung der Motor festsaß und nicht bewegt werden konnte, was letztlich der gerichtlich bestellte Sachverständige auf die Korrosion zurückführte.

Unter Berücksichtigung sowohl der Angaben des gerichtlich bestellten Sachverständigen als auch der Angaben der Zeugin ZD war das Gericht davon überzeugt, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hatte.

c.

Dementsprechend war der Kläger zum Rücktritt berechtigt.

Demgemäß stand dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zu.

3.

Darüber hinaus hatte der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten auf Feststellung dahingehend, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Außenbordmotors Yamaha 25 PS, Baujahr 2001 in Annahmeverzug befand.

Erklärungen diesbezüglich wurden von Beklagtenseite hierzu nicht abgegeben.

4.

Die Klage war daher in tenoriertem Umfang begründet, in ansonsten geltend gemachten Höhe als unbegründet abzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr., 711 ZPO.

 

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