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Urheberrechtsverletzung – Störerhaftung und Prüfpflichten eines Sharehosting-Anbieters

Sharehosting-Anbieter: Sorgfaltspflichten bei Urheberrechtsverletzungen

Das Oberlandesgericht Dresden bestätigte die Störerhaftung eines Sharehosting-Anbieters für Urheberrechtsverletzungen durch Nutzer und die daraus resultierenden Prüf- und Handlungspflichten nach einem konkreten Hinweis auf Rechtsverletzungen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 14 W 312/15 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das OLG Dresden wies die Beschwerde des Sharehosting-Anbieters zurück und bestätigte die Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen Nichtbefolgung einer Unterlassungsverfügung.
  • Deutsche Gerichte sind international zuständig für Urheberrechtsverletzungen, die im Inland Wirkung zeigen.
  • Der Sharehosting-Anbieter verletzte seine Prüfpflichten, indem er nach einem konkreten Hinweis auf Urheberrechtsverletzungen die betreffenden Inhalte nicht umgehend sperrte und zukünftige Verstöße nicht wirksam verhinderte.
  • Eine E-Mail und ein Schreiben wiesen den Anbieter auf spezifische urheberrechtsverletzende Inhalte hin, die trotzdem weiterhin zugänglich blieben.
  • Die Störerhaftung greift auch ohne gesteigerte Prüfpflichten, wenn der Dienstanbieter nach Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung nicht alle zumutbaren Maßnahmen ergreift, um weitere Verstöße zu verhindern.
  • Das Gericht hielt das verhängte Ordnungsgeld für angemessen und wies die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Schuldnerin zu.

Rechtssicherheit im Upload-Dschungel

Im digitalen Zeitalter ist das Hochladen und Teilen von Inhalten im Internet alltäglich geworden. Doch auch Privatnutzer und Unternehmen sollten wachsam sein, denn bei der Veröffentlichung urheberrechtlich geschützter Werke drohen schnell teure Abmahnungen und Klagen.

Besondere Sorgfaltspflichten treffen dabei Sharehosting-Anbieter, die Nutzern Speicherplatz und Uploadmöglichkeiten bereitstellen. Gerichte verurteilen solche Dienstleister regelmäßig als Störer, wenn sie nach Kenntnis von Rechtsverletzungen nicht umgehend eingreifen. Die Urteile definieren Prüf- und Handlungspflichten, um weitere Verstöße zu unterbinden.

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Die Störerhaftung im Netz: Sharehosting-Anbieter auf dem juristischen Prüfstand

In einer bemerkenswerten Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden, Az.: 14 W 312/15, vom 08.06.2015, wurde die Beschwerde eines Sharehosting-Anbieters gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig zurückgewiesen. Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Störerhaftung und die damit verbundenen Prüfpflichten des Sharehosting-Anbieters, nachdem Nutzer über dessen Dienst urheberrechtlich geschütztes Material, konkret ein Musikalbum, öffentlich zugänglich gemacht hatten.

Juristische Klärung der internationalen Zuständigkeit und der Vollziehungsfrist

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte in diesem Fall ergab sich aus dem Lugano-Übereinkommen in Verbindung mit der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO), wobei der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges im Inland ausschlaggebend war. Zudem war die Einhaltung der Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO gegeben, da der Gläubiger rechtzeitig den Antrag auf Auslandszustellung stellte, was die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde der Schuldnerin unterstrich.

Die Haftung des Sharehosting-Anbieters bei Urheberrechtsverletzungen

Die Auseinandersetzung zeigte deutlich, dass der Sharehosting-Anbieter seine Prüf- und Handlungspflichten nach Erhalt konkreter Hinweise auf Urheberrechtsverletzungen vernachlässigt hatte. Trotz eindeutiger Hinweise blieben die urheberrechtlich geschützten Werke über die Plattform des Anbieters zugänglich. Das Gericht verdeutlichte, dass das Bestreiten mit Nichtwissen in diesem Zusammenhang unzulässig ist, da der Inhalt der Server des Anbieters Gegenstand seiner Wahrnehmung ist. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Anbieter nach dem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung nicht alle ihm technisch und wirtschaftlich Zumutbaren Maßnahmen ergriffen hatte, um weitere gleichartige Rechtsverletzungen zu verhindern.

Sorgfaltspflichten und deren Verletzung

Die Sorgfaltspflichten eines Sharehosting-Anbieters wurden durch die Entscheidung des OLG Dresden präzisiert. Nach einem Hinweis auf urheberrechtliche Verletzungen obliegt es dem Anbieter, das betreffende Material unverzüglich zu sperren und Vorkehrungen zu treffen, um ähnliche Verstöße in der Zukunft zu vermeiden. Die Unterlassung solcher Maßnahmen führte im vorliegenden Fall zur Bestätigung der Störerhaftung. Die Schuldnerin hatte es versäumt, die Account-IDs der Rechtsverletzer zu sperren, obwohl sie die technischen Möglichkeiten dazu hatte. Diese Nachlässigkeit wurde als Verletzung der zumutbaren Prüfpflichten gewertet.

Im Schlusspunkt der juristischen Bewertung stand die Bestätigung des Ordnungsgeldes durch das OLG Dresden als angemessene Sanktion für die Missachtung der gerichtlichen Unterlassungsverfügung und die damit verbundene Störerhaftung. Die Kosten des Verfahrens wurden der Schuldnerin auferlegt, und die Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit für Sharehosting-Anbieter, ihre Rolle im Kontext des Urheberrechts ernst zu nehmen und effektive Kontrollmechanismen zur Verhinderung von Rechtsverletzungen zu implementieren.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was bedeutet Störerhaftung im Kontext von Urheberrechtsverletzungen?

Die Störerhaftung im Kontext von Urheberrechtsverletzungen bezieht sich auf die Haftung von Personen oder Unternehmen, die ohne direkte Beteiligung an einer Rechtsverletzung (also ohne Täter oder Teilnehmer zu sein) dennoch in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsgutes beitragen. Diese Haftung kann sowohl im Verwaltungsrecht als auch im Zivilrecht, insbesondere im Internetrecht, Anwendung finden.

Ein Beispiel für die Anwendung der Störerhaftung im Urheberrecht ist die Haftung eines Domain-Registrars, der für Urheberrechtsverletzungen auf einer von ihm vermittelten Domain in Anspruch genommen wurde, weil über die Website hinter der Domain Musikwerke rechtswidrig im Wege des Filesharings angeboten wurden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass für solche Fälle keine Haftungsprivilegierung nach § 8 TMG für Zugangsvermittler (Access-Provider) gilt, aber dieselben Haftungsmaßstäbe wie bei Zugangsvermittlern anwendbar sind.

Die Störerhaftung setzt jedoch die Verletzung von Verhaltenspflichten voraus, deren Umfang sich danach bestimmt, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Dies bedeutet, dass nicht jede mittelbare Beteiligung an einer Urheberrechtsverletzung automatisch zur Haftung führt, sondern eine Verletzung spezifischer Prüf- oder sonstiger Pflichten vorliegen muss.

In der Praxis kann die Störerhaftung beispielsweise Anschlussinhaber betreffen, die eine Abmahnung wegen Filesharings erhalten, obwohl sie nicht selbst den vorgeworfenen Verstoß begangen haben. Typische Konstellationen umfassen Fälle, in denen Familienmitglieder, WG-Mitbewohner oder Besucher ohne Wissen des Anschlussinhabers die Urheberrechtsverletzung begangen haben. In solchen Fällen bedarf es einer Einzelfallbetrachtung, um zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der Anschlussinhaber haftet.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Gesetzgeber die Störerhaftung für WLAN-Betreiber im Jahr 2017 weitgehend abgeschafft hat, sodass Unternehmer und Privatpersonen, die ihr WLAN anderen zur Verfügung stellen, normalerweise nicht mehr für rechtswidriges Verhalten der Internetnutzer haften.

Wie werden Prüfpflichten für Sharehosting-Anbieter definiert?

Prüfpflichten für Sharehosting-Anbieter werden durch die Rechtsprechung definiert und legen fest, in welchem Umfang diese Anbieter verpflichtet sind, die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte auf mögliche Urheberrechtsverletzungen zu überprüfen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass File-Hosting-Dienste wie Rapidshare für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer als Störer haften können, wenn sie bestimmten Prüfpflichten nicht nachkommen.

Diese Prüfpflichten werden insbesondere dann relevant, wenn der Sharehosting-Anbieter Kenntnis von Urheberrechtsverletzungen hat oder wenn sein Geschäftsmodell Urheberrechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub leistet. In einem solchen Fall ist der Sharehosting-Anbieter zu einer umfassenden regelmäßigen Kontrolle der Linksammlungen verpflichtet, die auf seinen Dienst verweisen.

Das Landgericht Hamburg hat beispielsweise entschieden, dass Sharehost-Anbieter auch gängige Linksammlungen im Internet daraufhin überprüfen müssen, ob diese auf urheberrechtlich geschützte Werke verweisen, die ohne Erlaubnis der Rechteinhaber öffentlich zugänglich gemacht werden.

Die Prüfpflichten müssen jedoch verhältnismäßig sein und dürfen nicht dazu führen, dass die Geschäftsmodelle der Sharehoster durch die Notwendigkeit manueller Durchsuchung von Inhalten konterkariert werden. Die konkreten Anforderungen an die Prüfpflichten können je nach Einzelfall variieren und hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie der Art und Weise, wie der Sharehosting-Dienst beworben wird, der Nähe der Anbieter zu den rechtswidrigen Inhalten und der Frage, ob und inwieweit der Anbieter von den Rechtsverletzungen profitiert.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Prüfpflichten nicht dazu verpflichten, alle auf der Plattform eingestellten Inhalte anlasslos auf mögliche Rechtsverletzungen zu untersuchen. Diese Haftungsprivilegierung regelt jedoch nur die Schadensersatzhaftung, sodass Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche hiervon nicht erfasst sind. Im Hinblick auf Letztere finden die von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Grundsätze zur Störerhaftung Anwendung.

Welche Maßnahmen müssen Sharehosting-Anbieter nach einem Hinweis auf Rechtsverletzungen ergreifen?

Nach einem Hinweis auf Rechtsverletzungen müssen Sharehosting-Anbieter verschiedene Maßnahmen ergreifen, um ihrer Verantwortung nachzukommen und eine Haftung zu vermeiden. Diese Maßnahmen umfassen:

  • Entfernung des rechtsverletzenden Inhalts: Sobald ein Sharehosting-Anbieter einen hinreichend konkreten Hinweis auf eine Rechtsverletzung erhält, muss er den betreffenden Inhalt unverzüglich entfernen.
  • Prüfung und Reaktion auf Hinweise: Der Hinweis auf eine Rechtsverletzung muss so konkret sein, dass der Sharehosting-Anbieter den Rechtsverstoß ohne eingehende rechtliche Prüfung erkennen kann. Der Anbieter muss dann entsprechend reagieren und die notwendigen Schritte einleiten.
  • Verhinderung künftiger Verletzungen: Nach der Kenntnisnahme einer klaren Rechtsverletzung ist der Sharehosting-Anbieter verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um ähnliche zukünftige Rechtsverletzungen zu verhindern.
  • Überwachungspflichten: In Fällen, in denen ein Sharehosting-Anbieter durch sein Geschäftsmodell Urheberrechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub leistet, kann er zu einer umfassenden regelmäßigen Kontrolle der Linksammlungen verpflichtet sein, die auf seinen Dienst verweisen.
  • Reaktion auf wiederholte Verletzungen: Wenn es nach einem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung erneut zu einer solchen kommt, muss der Sharehosting-Anbieter entsprechend reagieren und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um weitere Verletzungen zu unterbinden.
  • Abgestuftes Prüfungsverfahren: Der Bundesgerichtshof hat ein abgestuftes Prüfungsverfahren vorgeschlagen, das Sharehosting-Anbieter bei der Bearbeitung von Nutzerbeschwerden anwenden sollten. Dieses Verfahren beinhaltet die Bewertung der Hinweise auf Rechtsverletzungen, die Angemessenheit der Frist zur Stellungnahme, die Erkenntnismöglichkeiten des Plattformbetreibers und die Anforderungen an die Substantiierung der Stellungnahmen.

Es ist wichtig, dass Sharehosting-Anbieter auf Hinweise auf Rechtsverletzungen angemessen und zeitnah reagieren, um ihre Haftung als Störer zu minimieren. Die konkreten Anforderungen können je nach Einzelfall variieren und hängen von der Art der Rechtsverletzung und den Umständen des Einzelfalls ab.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 890 ZPO (Zwangsvollstreckung wegen Unterlassung oder Duldung): Erläuterung: Dieser Paragraph regelt das Verfahren bei Nichtbefolgung eines Unterlassungsurteils, welches im Kontext der Störerhaftung bei Urheberrechtsverletzungen durch Sharehosting-Dienste relevant wird. Im vorliegenden Fall wurde ein Ordnungsgeld gegen den Sharehosting-Anbieter verhängt, weil dieser gegen eine Unterlassungsverfügung verstoßen hat.
  • Art. 5 Nr. 3 Lugano-Übereinkommen (Zuständigkeit bei Schadensersatzklagen): Erläuterung: Bestimmt den Gerichtsstand bei grenzüberschreitenden Fällen von Urheberrechtsverletzungen innerhalb der Vertragsstaaten. Für den Fall bedeutet es, dass deutsche Gerichte international zuständig sind, wenn der Schaden im Inland eingetreten ist.
  • § 138 Abs. 4 ZPO (Beweisführung und Wahrheitspflicht): Erläuterung: Dieser Paragraph besagt, dass Parteien eines Rechtsstreits ihre Behauptungen wahrheitsgemäß vorbringen müssen. Im Kontext des Urteils zeigt er, dass das Bestreiten mit Nichtwissen bezüglich der Verfügbarkeit urheberrechtlich geschützter Werke auf den Servern des Anbieters unzulässig ist.
  • Richtlinie 2000/31/EG (E-Commerce-Richtlinie): Erläuterung: Betrifft die Haftung von Dienstanbietern für von Nutzern bereitgestellte Inhalte. Die Richtlinie legt fest, unter welchen Bedingungen ein Dienstanbieter für rechtswidrige Tätigkeiten seiner Nutzer haftbar gemacht werden kann. Für Sharehosting-Anbieter sind insbesondere die Prüf- und Handlungspflichten nach Hinweis auf rechtswidrige Inhalte von Bedeutung.
  • BGH-Rechtsprechung zur Störerhaftung: Erläuterung: Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Störerhaftung präzisieren, unter welchen Umständen Dienstanbieter für Rechtsverletzungen Dritter haften. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Sharehosting-Anbieter nach Kenntnis von Urheberrechtsverletzungen geeignete Maßnahmen ergreifen muss, um ähnliche Verstöße in Zukunft zu verhindern.
  • § 167 ZPO (Fristwahrung durch Zustellung): Erläuterung: Regelt, dass die Zustellung von Dokumenten als fristwahrend gilt, wenn sie „demnächst“ nach der Einreichung beim Gericht erfolgt. Dies war relevant für die Feststellung, dass die Vollziehungsfrist für die Unterlassungsverfügung gewahrt wurde, obwohl der Schuldner im Ausland ansässig war.


Das vorliegende Urteil

OLG Dresden – Az.: 14 W 312/15 – Beschluss vom 08.06.2015

1. Die Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 05.02.2015, Az. 5 O 3137/13, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Schuldnerin.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 6.000,00 € festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Die nach §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist nicht begründet, § 890 ZPO. Zu Recht hat das Landgericht wegen der beanstandeten Titelverstöße ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,00 € verhängt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Beschluss, die den Angriffen der Beschwerde standhalten, wird verwiesen. Zu ergänzen bleibt Folgendes:

1. Die im Beschwerdeverfahren nicht beanstandete internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich im Streitfall aus Art. 5 Nr. 3 Lugano-Übereinkommen, durch das die Schweiz und Deutschland gebunden sind, i.V.m. § 890 ZPO. Die Maßstäbe des Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO (vgl. EuGH, GRUR 2012, 654 Rn. 19 – Wintersteiger/Products4U) sind zur Auslegung von Art. 5 Nr. 3 Lugano-Übereinkommen entsprechend heranzuziehen, so dass der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges im Inland maßgeblich ist. Nicht maßgeblich sind hingegen Art. 38 ff. Lugano-Übereinkommen oder Art. 39 ff. EuGVVO n.F., weil die Festsetzung von Ordnungsgeld noch eine Vorstufe für die von diesen Vorschriften erfasste Zwangsvollstreckung darstellt. Art. 49 Lugano-Übereinkommen und Art. 55 EuGVVO machen deutlich, dass ein Zwangsgeld im Vollstreckungsstaat nur vollstreckbar ist, wenn die Höhe durch die Gerichte des Ursprungsstaats endgültig festgesetzt worden ist. Dies erfolgt hier erst durch die angegriffene Entscheidung.

2. Die Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO ist gewahrt. Ist der Titelschuldner wie hier im Ausland ansässig, so reicht hierzu aus, dass der Gläubiger innerhalb der Frist den Antrag auf Auslandszustellung bei Gericht einreicht (hier am 19.11.2013,Bl. 27 dA) und die tatsächliche Zustellung jedenfalls demnächst i.S.v. § 167 ZPO (hier am 30.12.2013, Bl. 33 dA) erfolgt.

3. Mit Unterlassungsverfügung vom 14.11.2013 wurde der Schuldnerin verboten, es Dritten zu ermöglichen, das Musikalbum „L. … “ der Künstlerin A. … insgesamt oder die darauf enthaltenen Tonaufnahmen öffentlich zugänglich zu machen, wie unter der URL http://… geschehen.

Hiergegen hat die Schuldnerin verstoßen, weil über die beiden Links …http://… am 03.02.2014 und http://… am 25.02.2014 die 20 Tonaufnahmen des vorbezeichneten Albums vom Dienst der Schuldnerin abrufbar waren.

Ohne Erfolg wendet die Schuldnerin mit der Beschwerde ein, sie habe die öffentliche Zugänglichmachung der verfahrensgegenständlichen Links mit Nichtwissen bestreiten dürfen. Der Inhalt der Server der Beklagten ist ohne weiteres Gegenstand ihrer Wahrnehmung, so dass insoweit ein Bestreiten mit Nichtwissen unzulässig ist, § 138 Abs. 4 ZPO (vgl. BGH GRUR 2013, 1030 Rn. 26 – File-Hosting-Dienst). Ein weitergehendes Bestreiten mit Nichtwissen hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Schuldnerin nicht angenommen. Vielmehr hat es das Bestreiten der Schuldnerin, dass die Links in Sammlungen veröffentlicht worden seien, als nicht hinreichend substantiiert bewertet. Der BGH (aaO) hat es sogar als ausreichenden Beweis erachtet, wenn unter Angabe der im Internet veröffentlichten Links zum Server der Beklagten die jeweiligen Screenshots, auf denen der konkrete Downloadvorgang zu erkennen ist, vorgelegt sind. Dem hat die Gläubigerin hier insbesondere mit Schriftsatz vom 25.11.2014, S. 2-5, genügt. Entgegen der Auffassung der Schuldnerin gilt dies nicht nur für den Verstoß vom 03.02.2014, sondern auch für denjenigen vom 25.02.2014 (S. 5 dieses Schriftsatzes). Mit dem Einwand, auf der Link-Sammlung Seite … sei die URL in der Browserleiste nicht zu erkennen und deshalb nicht mit der URL der nachfolgend aufgerufenen Seite zu vergleichen, setzt sich die Schuldnerin nicht ausreichend mit den vorgelegten Anlagen G 8, G 11 und G 4, S. 1-3 sowie G 8, S. 2, G 12 und G 5 auseinander. Selbst wenn in der Einblendung im Schriftsatz vom 25.11.2014 die Browserleiste fehlt, stellt das Abstellen der Schuldnerin auf eine lückenhafte Dokumentation kein hinreichend substantiiertes Bestreiten der mit Screenshots in den Anlagen belegten Downloadvorgänge dar. Auch hat die Schuldnerin nicht in Abrede gestellt, dass mittels Hörvergleichs die über die Links abrufbaren Dateien die fraglichen Aufnahmen enthielten. Der Uploaded-Link musste hierzu nicht auf der Linksammlungsseite oder der Linkcrypterseite erkennbar wiedergegeben sein.

4. Die Schuldnerin dringt auch nicht mit ihrem Einwand durch, ihr oblägen keine gesteigerten Prüfpflichten. Selbst wenn dies der Fall wäre, hatte sie doch als Dienstanbieter, der von Nutzern bereitgestellte Informationen speichert, die nach vernünftigem Ermessen von ihr zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anzuwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG; EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 109 – L’Oreal/eBay; BGHZ 191, 19 Rn. 22 – Stiftparfüm). Die Schuldnerin trifft als gewerbliche Sharehosting-Anbieterin im Hinblick auf bestimmte geschützte Werke jedenfalls eine anlassbezogene Prüfpflicht, nachdem sie auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf die konkreten Werke hingewiesen worden ist (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 28 – Alone in the Dark). Solche zumutbaren Prüf- bzw. Verhaltenspflichten hat die Schuldnerin verletzt.

Ihr wurde per E-Mail vom 25.09.2013 und mit Schreiben vom 27.09.2013 angezeigt, dass die streitgegenständlichen Musiktitel über die von ihr betriebene Internetseite unter den genannten URLs rechtsverletzend öffentlich zugänglich gemacht wurden. Die verfahrensgegenständlichen Aufnahmen waren gleichwohl weiterhin, so am 31.10.2013, vom Dienst …net abrufbar. Die Schuldnerin wurde hierüber mit anwaltlichem Abmahnschreiben vom 31.10.2013 (Ast 3) informiert. Nachdem eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben wurde, erließ auf Antrag der Gläubigerin das Landgericht Leipzig hierzu die Verbotsverfügung vom 14.11.2013 (Bl. 23 ff. dA). Die Schuldnerin war spätestens seit dem Abmahnschreiben vom 31.10.2013 nicht nur dazu verpflichtet, das konkrete Angebot unverzüglich zu sperren, sondern hatte auch Vorsorge zu treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kam (vgl. BGH, GRUR 2011, 1038 Rn. 39 – Stiftparfüm). Gleichwohl waren die Musikaufnahmen noch nach dem Abmahnschreiben, das die Prüfungspflicht der Schuldnerin begründete, am 03.02.2014 und 25.02.2014 auf Servern der Schuldnerin abrufbar. Für diese später aufgedeckten Rechtsverletzungen haftet die Schuldnerin als Störer, weil sie nach dem Hinweis vom 31.10.2013 und der Verbotsverfügung nicht alles ihr technisch und wirtschaftlich Zumutbare getan hat, um weitere gleichartige Rechtsverletzungen auf ihren Servern zu verhindern. Solche gleichartigen Rechtsverletzungen sind nicht nur Angebote, die das Zugänglichmachen desselben Musikalbums durch denselben Nutzer betreffen. Vielmehr musste es die Schuldnerin auch ohne gesteigerte Prüfungspflichten im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren nicht nur verhindern, dass der für die angezeigte Verletzung verantwortliche Nutzer, sondern auch dass andere Nutzer über ihre Server das ihr konkret benannte urheberrechtlich geschützte Musikalbum Dritten anbieten (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 32 – Alone in the Dark).

Diese Prüfungspflicht hat die Schuldnerin dadurch verletzt, dass sie den von ihr vergebenen Account-ID des Rechtsverletzers „C.“ nicht dazu verwendet hat, das Nutzerkonto zu sperren. Die Schuldnerin trägt selbst vor, dass sie zu den rechtswidrig veröffentlichten Links die jeweiligen Nutzeraccounts auf …net ermittelt und diese bei gravierenden Verstößen bereits mit der ersten Zuwiderhandlung, ansonsten spätestens bei einem wiederholten Verstoß lösche. Es ist aber weder dargetan noch ansonsten ersichtlich, dass nicht – wie die Gläubigerin es darlegt – bei Ergreifen dieser Maßnahmen die weiteren Verstöße unterblieben wären. Die Schuldnerin kann die zur Löschung gemeldeten Links einem bestimmten Nutzerkonto zuordnen, von dem aus die Datei, zu der der rechtsverletzende Link führt, hochgeladen wurde. Die Schuldnerin kannte die rechtsverletzenden Links aufgrund der Abmahnung vom 31.10.2013. Sie waren auch aufgrund der „Abuse“-Meldung der p… GmbH vom 31.10.2013 zur Löschung gemeldet worden. Auf Wunsch teilt die Schuldnerin die als rechtsverletzend gemeldeten Links dem Nutzer mit (G 32). Dann hätte die Schuldnerin die zugehörigen Account-IDs sperren müssen.

Hätte sie Downloadangebote zu dem verfahrensgegenständlichen Musikalbum ohnehin bei der Durchsuchung von Linksammlungen gefunden, wäre es auch nicht zu den gerügten Verstößen gekommen. Auf den Einsatz von Filtersoftware kommt es demnach nicht mehr an.

5. Die vom Landgericht zutreffend bemessene Höhe des Ordnungsgeldes greift die Beschwerde nicht an.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 891 S. 3, 97 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung hat §§ 3 ZPO, 47 Abs. 1 S. 1 GKG zur Grundlage. Maßgebend für die Bemessung des Streitwerts in Verfahren der Vollstreckung eines Unterlassungstitels ist das Interesse des Gläubigers an der Erzwingung, das regelmäßig als Bruchteil des Streitwerts des Erkenntnisverfahrens (hier: 25.000,00 €) bemessen wird (vgl. Heinrich in: Musielak, ZPO, § 3 Rz. 32 Stichwort: Ordnungs-, Zwangsmittelverfahren). Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht (vgl. § 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO).

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