AG Frankfurt – Az.: 30 C 3070/20 (32) – Urteil vom 02.02.2021
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1000,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 5.4.2019 sowie weitere 215,00 € außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.4.2019 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ersatzansprüche aufgrund einer behaupteten Urheberrechtsverletzung.
Die Klägerin ist die ausschließliche Nutzungsberechtigte der Urheberrechte des Films „…“. Das Filmwerk wurde über den Internetanschluss des Beklagten am 26.02.2017 in der Zeit von 20:00:17 Uhr bis 20:01:25 Uhr mittels einer Filesharing-Software öffentlich zum Download zugänglich gemacht. Dies hat die von der Klägerin beauftragte Firma A GmbH mithilfe ihrer Ermittlungsoftware PFS festgestellt und dokumentiert. Aufgrund des durchgeführten Auskunfts- und Gestattungsverfahrens gemäß § 101 UrhG hat der betreffende Provider den Beklagten als Anschlussinhaber mitgeteilt, dem die ermittelte IP-Adresse zu dem genannten Zeitraum zugeordnet gewesen ist. Der Beklagte wohnt allein, erhält jedoch gelegentlich Besuch von seinen Kindern und Enkelkindern. Die Klägerin mahnte den Beklagten mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten wegen der Urheberrechtsverletzung am 2.3.2017 ab und forderte ihn zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und zur Zahlung von 915,00 € unter Fristsetzung bis zum 12.3.2017 auf.
Die Klägerin nimmt den Beklagten sowohl auf Schadensersatz in Form der Lizenzanalogie als auch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch. Als Aufwendungsersatz für die Abmahnung macht sie unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 1.700,00 € Rechtsanwaltskosten i.H.v. insgesamt 215,00 € geltend. Im Übrigen begehrt sie Schadensersatz wegen den streitgegenständlichen Verletzungshandlungen i.H.v. 1000,00 €.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1000,00 € betragen soll, zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 5.4.2019,
2. 107,50 € als Hauptforderung zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 5.4.2019 sowie
3. 107,50 € als Nebenforderung zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 5.4.2019
zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bestreitet, eine Urheberrechtsverletzung begangen zu haben. Er behauptet, dass er keinen Computer zu Hause besessen habe. Er bestreitet, den streitgegenständlichen Film angeschaut zu haben.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten gemäß § 97 UrhG ein Schadensersatzanspruch in tenorierter Höhe zu.
Die Klägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Film aktivlegitimiert.
Die von der Klägerin in Auftrag gegebenen Ermittlungen haben zu dem Ergebnis geführt, dass das streitgegenständliche Filmwerk am 26.2.2017 in der Zeit von 20:00:17 Uhr bis 20:01:22 Uhr unter der dem Beklagten zu dieser Zeit zugeordneten IP-Adresse zum Herunterladen angeboten worden ist. Die Klägerin hat im Einzelnen die Vorgehensweise und die Ergebnisse der Ermittlungen dargelegt. Der Beklagte hat nicht dargetan, dass und inwiefern das durchgeführte Ermittlungsverfahren im vorliegenden Fall fehlerhaft gewesen sein könnte.
Da die betreffende IP-Adresse zum Verletzungszeitpunkt dem Anschluss des Beklagten zugeordnet war, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (vergleiche BGH, Urteil vom 6.10.2016, I ZR 154/15). Diese Vermutung hat der Beklagte nicht entkräftet. Er hat nicht dargetan, dass andere Personen ernsthaft als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen. Vielmehr hat er vorgetragen, dass er allein in der Wohnung lebt. Soweit der Beklagte behauptet, weder zum damaligen Zeitpunkt noch heute einen Computer zu besitzen, schließt dies die Begehung der Urheberrechtsverletzung durch den Beklagten nicht aus. Er hätte auch ohne eigenen Computer den Film auf einem anderen internetfähigen Endgerät (z.B. Smartphone) oder auf dem Computer einer anderen Person, beispielsweise von Verwandten oder Freunden, die besuchsweise in seiner Wohnung weilten, ansehen können oder auch diesen Personen das Ansehen des Films mittels eines Filesharingprogramms über seinen Internetanschluss erlauben können.
Nach alledem spricht die tatsächliche Vermutung dafür, dass der Beklagte im angegebenen Zeitraum eine Datei mit dem Filmwerk ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte im Wege des Filesharings anderen Teilnehmern einer Tauschbörse zum Herunterladen angeboten hat. Hierdurch hat er widerrechtlich in das der Klägerin zustehende Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§§ 19 a, 69 c Nr. 4 UrhG) eingegriffen.
Der Beklagte ist daher der Klägerin gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zum Schadensersatz verpflichtet. Die Bemessung einer angemessenen Lizenzgebühr orientiert sich an § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG. Die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr hat das Gericht gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Maßgeblich ist dabei, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommene Benutzungshandlung vereinbart hätten. Im vorliegenden Fall ist bei der gerichtlichen Schätzung zu berücksichtigen, dass das Filmwerk mit erheblichem Kostenaufwand entwickelt worden ist und dass die übliche Lizenz für den Abruf zum dauerhaften Download für einen aktuellen Spielfilm regelmäßig nicht weniger als 5,88 € beträgt. Das unerlaubte Anbieten des Films im Rahmen einer Tauschbörse führt dazu, dass das Werk unbegrenzt vielen Personen zum Herunterladen Verfügung gestellt wird, ohne dass die Klägerin hierfür eine Gegenleistung erhält. Der Schaden der Klägerin beträgt daher ein Vielfaches der üblichen Lizenz für ein einmaliges Herunterladen. Nach alledem erachtet das Gericht im Wege der Lizenzanalogie einen Betrag i.H.v. 1000,00 € für angemessen.
Zudem steht der Klägerin gemäß § 97 a Abs. 3 UrhG ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die berechtigte Abmahnung des Beklagten und die vorgerichtliche Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs zu.
Die Klägerin kann demnach vom Beklagten die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 215,00 €, beanspruchen.
Die Zinsansprüche sind aus Verzugsgesichtspunkten gemäß §§ 280, 286 BGB begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 709 ZPO.