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Urheberrechtsverletzung wegen illegalem Filesharing – Schadensersatzansprüche

AG München, Az.: 132 C 14777/18, Urteil vom 05.11.2018

1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts-Hamburg Altona vom 05. Juli 2018, Az. 18-3639853-0-0 wird aufrechterhalten, einschließlich der Kostenfolge. Der Beklagte hat daraus auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung dieses Urteils und die weitere Vollstreckung des Vollstreckungsbescheids seitens der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Vollstreckungsbescheids und dieses Urteils insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

3. Der Streitwert wird auf 1.107,50 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Urheberrechten durch sog. illegales Filesharing geltend.

Rechteinhaber am streitgegenständlichen Film „Mad Max: Fury Road“ ist die Warner Bros. Entertainment Inc., die alleinige Verwertungsrechte an diesem Filmwerk innehat. In der Verwertung solcher Filmrechte liegt dabei der Preis für eine dauerhafte Endnutzerlizenz in Deutschland und damit die Möglichkeit für dauerhaften Download eines aktuellen Filmwerks bei mindestens 13,99 €, bei weniger aktuellen Filmen bei mindestens 8,00 €. Branchenüblicher Anteil hieran für den Rechteinhaber liegt bei 50-70% des Netto-Verkaufspreises, liegt also bei einem aktuellen Film mindestens bei 5,88 €. Der streitgegenständliche Film war 2015 erschienen. Die Warner Bros. Entertainment Inc. hatte dann 2016 an die Klägerin, wohl eine Konzerntochter, für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das Recht übertragen, Rechtsverletzungen am Filmwerk in eigenem Namen und auf eigene Rechnung geltend zu machen. Dies galt insbesondere für Rechtsverletzungen mittels Internet-Tauschbörsen.

Nach dem Erscheinen des Films wurde vom Internetanschluss des Beklagten der Film über eine Tauschbörse heruntergeladen und dabei die heruntergeladenen Filmdatei-Teile mit dem Fortschreiten des Herunterladens gleichzeitig wieder zum Abruf durch andere File-Sharer hochgeladen. Eine entsprechende Abrufmöglichkeit der Filmdatei wurde am 01.06.2016 festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt stand weltweit einem unbegrenzten, unbestimmbaren und anonymen Personenkreis über den Internetanschluss des Beklagten ein Downloadzugriff auf die hinter dem Internetanschluss gespeicherte Filmdatei oder Teilen hiervon offen.

Urheberrechtsverletzung wegen illegalem Filesharing - Schadensersatzansprüche
Symbolfoto: whitehoune/Bigstock

Nach namentlicher Ermittlung des Beklagten als Anschlussinhaber wurde dieser mit Schreiben vom 21. Juni 2016 durch eine hierfür mandatierte Kanzlei zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert, ebenso zur Zahlung von Schadensersatz und Erstattung der rechtsanwaltlichen Rechtsverfolgungskosten. Der Beklagte gab über einen Anwalt „ohne Präjudiz und Anerkennung einer Rechtspflicht“ eine Unterlassenserklärung ab, bezahlte aber in der Folge keinen Schadensersatz und erteilte auch keine Auskünfte, wie es zu der Abrufmöglichkeit bei seinem Internetanschluss gekommen war. Bereits im Antwortschreiben hierauf wies die Klägerin mit Schreiben vom 01. Juli 2016 auf bestehende Nachforschungspflichten des Beklagten hin, ebenso auf die Verpflichtung, deren Ergebnis mitzuteilen. Es erfolgten mehrfache Mahnungen, die nicht zu einer Zahlung führten. Auch inhaltliche Mitteilungen der Beklagtenseite zu ihren Nachforschungen und deren Ergebnis erfolgten weiterhin nicht.

Durch die Klägerpartei war dann nach etlicher Zeit im April 2018 unter Drohung mit Klageerhebung erneut gemahnt worden. Als auch dies folgenlos blieb, wurde durch die Klägerseite zunächst Mahnbescheid beantragt, der am 15. Juni 2018 zugestellt wurde. In der Folge erging am 05. Juli 2018 Vollstreckungsbescheid, der am 10. Juli 2018 zugestellt wurde. Gegen den Vollstreckungsbescheid wurde am 12. Juli 2018 frist- und formgerecht Einspruch eingelegt. Das Verfahren wurde an das Streitgericht abgegeben, wo es am 27. Juli 2018 einging.

Die Klägerseite wurde zur Begründung des Anspruchs aufgefordert, und es wurde, da zunächst keine Begründung erfolgte, früher erster Termin bestimmt. Daraufhin begründete die Klägerpartei den Anspruch. Der Anspruch wurde vor dem Streitgericht in voller Höhe weiter verfolgt und die Aufrechterhaltung des Vollstreckungsbescheids begehrt.

Der Beklagte verteidigte sich. Er verwies auf die Rechtsprechung des BGH, die so wiedergegeben wurde, dass nur eine tatsächliche Vermutung für die Rechtsverletzung durch den Anspruchinhaber bestehe, und für eine Entlastung genüge, dass substantiiert dargelegt werde, welche anderen Personen neben dem Beklagten Gelegenheit und Fähigkeit hatten, die Rechtsverletzung vom Internetanschluss des Beklagten aus zu begehen. Hierzu wurde geltend gemacht, dass der Beklagte Besuch von einem Freund aus Peru gehabt habe. Dieser habe die Tat auch eingeräumt. Hierzu wurde ein auf Deutsch verfasstes Schreiben vom 11. Juli 2018 vorgelegt (Anlage B1), nach dem der Bekannte darauf verwies, zum Vergleich der Darstellungsqualität von Blu-Ray im Gegensatz zur HD-Auflösung einfach „irgendeinen Film“ aus dem Internet „heruntergeladen“ zu haben. Eine ladungsfähige Anschrift des Zeugen war dem Schreiben nicht zu entnehmen. Stattdessen war dem Schreiben zu entnehmen, dass der Beklagte längere Zeit ortsabwesend gewesen sei und dem Zeugen die Aufgabe übertragen habe, die Briefe aus dem Briefkasten zu nehmen und sie in die Wohnung des Beklagten zu legen.

Zudem wurde beklagtenseits geltend gemacht, dass der Beklagte selbst die Tat nicht gegangen haben könne, weil er sich von 21. Mai 2016 bis 07. Juli 2016 in Peru aufgehalten habe. Verwiesen wurde auf eine Buchungsbestätigung (Anlage B2).

Zudem seien sämtliche File-Sharer Gesamtschuldner, und die Klägerin deswegen gehalten, bisherige Zahlungen anderer, die diesen Film geshared hatten, offen zu legen. In Hinblick auf die klägerische Forderung der Erstattung vorgerichtlicher Rechtanwaltskosten für die erfolgte Abmahnung liege auch eine Vergütungsvereinbarung nahe, die eine geringere Bezahlung als nach RVG-Sätzen vorsehe, da es sich um Massengeschäfte handle.

Für eine erste mündliche Verhandlung war das persönliche Erscheinen des Beklagten angeordnet worden. In der Verhandlung vom 24. September 2018 erschien der Beklagte nicht. Gründe hierfür konnten im Termin nicht mitgeteilt werden.

Das Gericht erteilte umfangreich Hinweise, auf die Bezug genommen wird. Insbesondere wies das Gericht darauf hin, dass für den Zeitpunkt der Rechteverletzung nicht die Buchung, sondern die tatsächliche Reise maßgeblich wäre, so dass anzunehmen sei, dass tatsächliche Reiseunterlagen vorgelegt werden könnten. U.U. wären auch mit dem Reisepass über entsprechende Stempel die Reisedaten zu belegen.

Insbesondere wies das Gericht darauf hin, dass offen sei, ob dies überhaupt als Vortrag für eine Verteidigung genügt. Das Gericht wies auf seine Rechtsauffassung hin, nach der mit dem Bekanntwerden einer Rechtsverletzung vom eigenen Anschluss aus sich für den Anschlussinhaber bereits hieraus und bereits vor Prozess materielle Prüfpflichten und entsprechende Förderungspflichten in Hinblick auf einen noch zukünftigen Prozess in Form von Auskunftsobliegenheiten ergeben. Solche Obliegenheiten würden schon durch vorgerichtlich ausbleibende Mitteilung verletzt, und schon dies könne zum fehlenden Zureichen der behaupteten Verteidigung führen.

Weiter wies das Gericht darauf hin, dass es den Einwand, dass andere File-Sharer des streitgegenständlichen Films und deren Zahlungen durch die Klägerin dargelegt werden müssten, als nach vorläufiger Schadensschätzung irrelevant ansieht.

Die Parteien schlossen im Termin einen widerruflichen Vergleich. Das Gericht wies auf das Ungenügen einer Entschuldigung der Abwesenheit des Beklagten hin. Von einer streitigen Verhandlung wurde zunächst abgesehen.

In der Folge wurde der Vergleich von Beklagtenseite mit Schreiben vom 08. Oktober 2018 widerrufen. Das Ausbleiben des Beklagten im Termin wurde von seinem Rechtsvertreter damit nachträglich entschuldigt, dass dem Beklagten von der Kanzlei mitgeteilt worden sei, er brauche nicht zu erscheinen. Der Anwalt sei nach § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO als hinreichend bevollmächtigt anzusehen gewesen.

Zum Beleg der Ortsabwesenheit im Rechtsverletzungszeitpunkt wurde eine Passkopie zur Akte gereicht, zudem Kopien einer Kreditkartenabrechnung, die den Einsatz der Kreditkarte des Beklagten durch den Beklagten im Mai und Juni 2016 im Ausland belegen sollten.

Eine außergerichtliche Antwortpflicht des Beklagten wie vom Gericht angenommen finde keine dogmatische Stütze. Die Abmahnung begründe kein Schuldverhältnis, und eine unberechtigte Abmahnung biete keinen Grund, zu reagieren. Sekundäre Darlegungslasten seien erst im Prozess aufgebürdet. Die Kosten eines dann von Klägerseite zu verlierenden Rechtsstreits könnten ja dem echten Rechtsschutzverletzer in Rechnung gestellt werden. Als weltweiter Konzern könnte die Rechteinhaberin ja auch weltweit klagen. Der Zeitverzug von mehreren Jahren bis zu den Mitteilungen im Prozess, wer als Rechteverletzer in Betracht käme, sei der Klägerseite anzulasten, da diese sich mit der Klage gegen den Beklagten so lange Zeit gelassen habe.

Mit Verfügung vom 16. Oktober 2018 wurde daraufhin erneut Termin anberaumt und erneut das persönliche Erscheinen des Beklagten angeordnet. In Hinblick auf die vorgelegte Ausweiskopie wurde die Vorlage des Reisepasses im Termin aufgegeben.

Vor Termin bestritt die Klägerin die Ortsabwesenheit des Beklagten mit Nichtwissen. Auch sei das vorgelegte Schreiben des angeblichen Täters (Anlage B1) schon vom Inhalt her nicht geeignet, das Einräumen der Täterschaft darzustellen. Zudem sei das Schreiben nicht authentisch, stelle also keine tatsächliche Erklärung des angeblichen Zeugen dar. Der Vortrag der Beklagtenseite zeige, dass von Anfang an kein ernsthaftes Aufklärungsinteresse bestanden habe.

Die Klägerseite wies auch darauf hin, dass der festgestellte Zeitpunkt einer Downloadmöglichkeit vom Internetanschluss des Beklagten aus keine Aussage über die Dauer dieser Downloadmöglichkeit enthalte, so dass eine Abwesenheit zum festgestellten Zeitpunkt keine substantiierte Verteidigung bedeute.

Vor der mündlichen Verhandlung erging am 18. Oktober 2018 in anderer Sache eine Entscheidung des EuGH (Urteil vom 18. Oktober 2018 – C-149/17) zu europarechtlichen Anforderungen an eine relevante Verteidigung bei Filesharing-Klagen.

Kurz vor Termin wurde beklagtenseits mitgeteilt, dass der Beklagte sich im Ausland aufhalte.

Im Termin vom 05. November 2018 erschien der Beklagte erneut nicht. Entschuldigungsgründe außer dem Auslandsaufenthalt wurden im Termin nicht mitgeteilt. Offen blieb so jedenfalls, ob der Beklagte trotz Kenntnis des Termins die Reise gebucht hatte, und ob er bei der Planung dem Umstand Rechnung getragen hatte, dass – nachdem sein persönliches Erscheinen bereits für die erste Verhandlung angeordnet war – er mit Widerruf des Vergleichs zeitnah zum jetzigen Verhandlungstermin geladen werden würde.

Beweisantritt der Beklagtenseite, dass der Beklagte sich zum Zeitpunkt der Downloadmöglichkeit bereits längere Zeit im Ausland aufgehalten hatte, erfolgte trotz gerichtlichen Hinweises nicht. Insbesondere der Aufforderung, die angekündigten Unterlagen im Original vorzulegen, wurde nicht entsprochen. Das Ergebnis dessen wurde erörtert.

Das Gericht präzisierte seine Rechtsauffassung zur Frage, was Gegenstand der sekundären Darlegungslasten des Beklagten sei, um den ihm obliegenden Darlegungslasten zu genügen. Insbesondere wies das Gericht darauf hin, dass von Beklagtenseite nur Erkundigungen zwei Jahre nach Erhalt der Abmahnung vorgetragen waren. Die fehlende Substanz dessen wurde gerügt.

Die Parteien schlossen erneut einen widerruflichen Vergleich. In Hinblick auf die Widerrufsmöglichkeit wurde ins streitige Verfahren eingetreten. Klägervertreter beantragte, den Vollstreckungsbescheid aufrecht zu erhalten. Beklagtenvertreter beantragte Aufhebung und Klageabweisung. Die Beklagtenseite erhielt Stellungnahmefrist zu den Rechtsausführungen des Gerichts, nicht aber zur weiteren Erörterung des Beweisverlaufs.

Ohne nachgelassene Frist hierfür erfolgten mit Schriftsatz vom 05. November 2018 Ausführungen zum ausgebliebenen Beweisantritt und wurde unter Wiederholung der Behauptung, der Beklagte sei zur Zeit der Downloadmöglichkeit ortsabwesend gewesen, Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung beantragt. Die erneute Abwesenheit des Beklagten im Termin wurde begründet, mit Verweis darauf, dass dieser zum 11. Oktober 2018 ins außereuropäische Ausland vereist sei, um dort seine Mutter zu pflegen.

Entsprechend der hierfür nachgelassenen Frist erfolgten weitere Rechtsausführungen der Beklagtenseite zu einer anderen Rechtsauffassung als der des Gerichts, was vorgerichtliche Antwortpflichten anging. Auf den Schriftsatz der Beklagtenseite vom 05. November 2018 wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Eine Sachentscheidung ist zulässig.

Die Klage ist am Wohnsitz der Beklagtenpartei erhoben, die Klageforderung hält sich im Rahmen der Zuständigkeit des Amtsgerichts. Die Klage ist nach der Verhandlung entscheidungsreif, da abschließend verhandelt wurde:

I. Ein Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung war nicht geboten. Der Umstand, dass in der Verhandlung vom 05. November 2018 kein Beweisantritt erfolgte, bietet hierfür keinen Anlass:

Beweis dafür, dass der Beklagte über längere Zeit schon vor der Downloadmöglichkeit am 16. Juni 2014 vereist war, hat die Beklagtenseite in der letzten mündlichen Verhandlung nicht angetreten. Mit der gerichtlichen Aufforderung, den Reisepass vorzulegen, war ersichtlich, dass die Behauptung der Beklagtenseite, der Beklagte sei längere Zeit nicht vor Ort gewesen, beweisbedürftig war und in der Verhandlung Beweis erhoben würde. Die für den Urkundenbeweis erforderliche Vorlage des Originals erfolgte aber nicht. Dabei hatte die Beklagtenseite genügend Beweisalternativen, um durch Vorlage der Originale der tatsächlichen Reiseunterlagen oder Vorlage der Originale der Kreditkartenrechnung – wie angekündigt – Beweis zu bieten, so dass der Umstand, dass der Reisepass des Beklagten mit diesem mitverreist gewesen sein soll, keine Beweisnot begründet hatte. Insofern war eine Vertagung auf einen anderen Termin nicht in Betracht zu ziehen. Weil die Beklagtenseite die Möglichkeit gehabt hätte, Beweis anzutreten, ist nicht veranlasst, erneut zu verhandeln, um die versäumte Möglichkeit wieder zu eröffnen.

II. Die Sache war auch insoweit entscheidungsreif, als mit der Entscheidung europarechtliche Normen berührt sind. Eine Verpflichtung zu einer Vorlage zum EuGH folgt aus dieser Berührung nicht: Die getroffene Entscheidung zielt nicht auf eine Unbeachtlichkeit von europarechtlichen Vorschriften zielt und unterstellt diese auch nicht, im Gegenteil. Genauso wenig geht das Gericht von einem Konflikt zwischen europarechtlichen Vorschriften und deutschen Normen aus; bei europarechtskonformer Auslegung der zu stellenden Anforderungen, um prozessualen Sachvortrag beachtlich zu machen, besteht kein solcher Konflikt (s.u.).

Auch in Hinblick auf ein Vorlagerecht zum EuGH sieht das Gericht hierfür keine Veranlassung, weil die vor kurzem ergangene Entscheidung des EuGH ausreichend Hinweise enthält, um ohne Vorlage an den EuGH von auch europarechtlich zutreffender Rechtsauffassung des Gerichts auszugehen.

B.

In der Hauptsache ist die Klage dem Grunde nach begründet.

Die Klagepartei hat aus der Verletzung der ihr übertragenen Rechtewahrung durch das Eröffnen einer Downloadmöglichkeit des streitgegenständlichen Films für unbegrenzte und anonyme andere Tauschbörsennutzer Anspruch gegen den Beklagten auf Schadensersatz gemäß § 823 Abs.1 BGB (Verletzung eines sonstigen, eigentumsähnlichen Rechts). Nach prozessualen Kategorien ist der Beklagte als Täter anzusehen, weil die Rechtsverletzung von seinem Anschluss aus erfolgt ist. Eine Berufung des Beklagten darauf, nicht er komme als Täter in Betracht, sondern ein anderer, ist ihm aus seinem vorgerichtlichen Verhalten heraus verwehrt:

I. Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite bestehen schon vor dem Gerichtsverfahren Obliegenheiten eines Anschlussinhabers, wenn er sich später inhaltlich gegen eine Schadensersatzforderung wegen illegalen File-Sharings wehren will, und hat der Beklagte diese Obliegenheiten verletzt.

1. Die Rechtslage insbesondere vor dem Hintergrund europäischen Rechts führt zu deutlicher Erschwerung der Verteidigung als nur mit der Behauptung im Prozess, dass jemand anderes als Rechteverletzer vom eigenen Internetanschluss aus in Betracht kommt. Dies wird auch durch eine vor Kurzem ergangene Entscheidung des EuGH (Urt. v. 18.10.2018 – C-149/17) verdeutlicht: Die Entscheidung des EuGH macht deutlich, dass nationales Recht es einem Rechteinhaber tatsächlich ermöglichen muss, die zur Begründung seiner Ansprüche erforderlichen Beweismittel zu erlangen, die sich in der Verfügungsgewalt der gegnerischen Partei befinden, sofern bei der Vorlage dieser Beweismittel der Schutz vertraulicher Informationen gewährleistet wird. Zu den Beweismitteln zählen dabei auch schlicht Informationen, wer den Anschluss im Zeitpunkt der Rechtsverletzung benutzt hat/haben kann und für die Rechtsverletzung verantwortlich zu machen ist.

Demgegenüber sieht das deutsche Recht zugunsten eines Rechteinhabers keinen gesonderten Auskunftsanspruch gegen nicht gewerblich handelnde Dritter vor, auch wenn diese über solche Beweismittel verfügen. Die Klägerin kann also nicht im Wege einer Stufenklage zunächst auf eine solche Auskunft klagen. Der einzige Weg ist das Vorgehen gegen den Anschlussinhaber auf Zahlung wegen Schadensersatzes, unter der tatsächlichen Annahme, dieser sei Verletzter gewesen, weil die Verletzung von seinem Anschluss aus erfolgt war.

Gleichzeitig begründet das europäische Recht die Verpflichtung, wirksame tatsächliche Auskunftsmöglichkeiten wegen Rechtsverletzungen vorzusehen. Wenn erst eine Schadensersatzklage zu den zu fordernden Auskünften führt, liegt aber auf der Hand, dass die damit verbundenen Kosten zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand für den Rechteinhaber führen würden.

In der Summe führt dies dazu, dass nur dann wirksamer Rechtsschutz gegeben ist, wenn jedenfalls solange, bis genügende Auskünfte erteilt worden sind, ein deswegen notwendig gewordener Prozess zu Lasten des Anschlussinhabers als verloren angesehen werden muss.

2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – eine Beklagtenseite vom Rechteinhaber vor dem Prozess ausdrücklich aufgefordert worden war, Auskünfte zu erteilen. Regelmäßig beinhaltet dabei schon die Forderung des Rechteinhabers, eine Unterlassenserklärung abzugeben, implizit eine solche Aufforderung, sich zu bekennen oder den tatsächlichen Rechteverletzer zu benennen. Wenn dann „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ zukünftiges Unterlassen erklärt wird, ohne auch Nachforschungen und Ergebnis der Nachforschungen mitzuteilen, genügt dies – wie hier – nicht den Obliegenheiten zu Auskünften.

II. In der Konsequenz kann sich der Beklagte nicht mehr beachtlich damit verteidigen, er käme nicht als Täter in Betracht, sondern ein anderer.

1. Selbst im für die Beklagtenseite günstigsten Fall sind Auskünfte darüber, wer Rechtsverletzer war, die erst im Prozess erteilt werden, erledigende Umstände, die eine zunächst als begründet anzusehende Klage unbegründet werden lassen, mit entsprechender nachteiliger Kostenfolge.

Dass im Prozess legitime Verteidigung vorstellbar ist mit der Behauptung, der Anschluss, von dem die Verletzung begangen worden war, sei nicht der Anschluss der Beklagtenseite gewesen, führt zu keinem anderen Ergebnis: Zum einen schließen sich solche Verteidigungen logisch aus. Wenn geltend gemacht wird, die Verletzung sei nicht von diesem Anschluss aus erfolgt, kann nicht gleichzeitig geltend gemacht werden, dass jemand anderes als die Beklagtenpartei von diesem Anschluss aus die Rechtsverletzung begangen habe und für dessen Bestimmung genügend Auskunft erteilt wurde. Zum anderen steht es der Beklagtenseite frei, statt einer gegen sie gerichteten Schadensersatzklage entgegenzusehen ihrerseits Auskünfte vom Rechteinhaber zu verlangen, wie man auf diesen Anschluss gekommen sei, um so das Obliegen von Auskünften an den Rechteinhaber zu prüfen. Dies nimmt der Beklagtenseite dann die Möglichkeit, Auskünfte erst im Prozess zu erteilen, sich dann aber für eine günstigere Kostenfolge gleichzeitig darauf zu stützen, die Verletzung sei ohnehin nicht von ihrem Anschluss aus erfolgt.

Dass im Prozess legitime Verteidigung vorstellbar ist mit der Behauptung, die Klägerseite sei nicht Rechteinhaber, führt dann ebenso im Fall einer beidseitigen Erledigung zu keinem anderen Ergebnis: Wenn beklagtenseits auf fehlender Rechtsinhaberschaft beharrt werden soll, steht ihr frei, sich einer Erledigung nicht anzuschließen.

2. a. Allerdings geht das Gericht davon aus, dass die erforderliche Sanktion im vorliegenden Fall weitergehend ist als nur, dass verspätete Auskünfte mit nachteiliger Kostenfolge zu einer Erledigung führen würden:

Nach den europarechtlichen Vorschriften dürfen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zum Schutz geistigen Eigentums keine unangemessenen Fristen oder ungerechtfertigten Verzögerungen mit sich bringen, Art. 3 („Allgemeine Verpflichtung“) der Richtlinie 2004/48.

Insofern bräuchten bei europarechtskonformer Auslegung Verzögerungen, die die Beklagtenseite durch obliegende, aber fehlende Auskünfte herbeiführt, eine Rechtfertigung, um die verspäteten Auskünfte im Verfahren überhaupt noch beachtlich zu machen. Die Gründe hierfür müssten dargelegt und entsprechend substantiiert werden, insbesondere wenn wie hier die Mitteilung von Informationen über Jahre verzögert wird und dann erstmals im Gerichtsverfahren erfolgt. Nur, indem eine Verteidigung mit solchen Informationen bei fehlender Entschuldigung abgeschnitten ist, erreicht das deutsche Recht das vorgesehene europäische Schutzniveau zur Vermeidung unangemessener Frist oder ungerechtfertigter Verzögerungen. Die Beachtlichkeit der Verteidigung unterliegt dann – bei fehlender Darstellung ausreichender Entschuldigungsgründe – der Verwirkung:

Einem Anschlussinhaber muss mit Erhalt einer Abmahnung und Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassenserklärung klar sein, dass ihm persönlich Sanktionen drohen und er gehalten ist, sein Mögliches zu tun, um aufzuklären und dies dann auch vorgerichtlich gegenüber dem Rechteinhaber darzustellen. Ein Rechteinhaber darf demgegenüber darauf vertrauen, dass nur derjenige eine Unterlassenserklärung abgibt, dem der Rechteverstoß auch vorzuwerfen ist. Eine Unterlassenserklärung ohne Mitteilung der eigenen Nachforschungen und Erkenntnis, nur „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht“ genügt nicht, um dieses Vertrauen zu unterbinden: Grundlage dessen ist, dass der Aufforderung zur Abgabe der Unterlassenserklärung zumindest in den Filesharing-Fällen auch Sachaufklärungscharakter zukommt, gerade weil kein eigener Auskunftsanspruch gegen den Anspruchsinhaber besteht. Dies ist auch höchstgerichtlich entschieden: Teil der tragenden Gründe der Entscheidung des BGH, Urteil vom 22. März 2018 – I ZR 265/16 – „Riptide“ ist, dass eine Abmahnung ausdrücklich die Funktion als „Mittel zur Sachverhaltsaufklärung“ hat; ihr kommt die „Funktion eines nachdrücklichen Auskunftsverlangens“ zu, und dies bei für den Rechteinhaber notwendig eilbedürftiger Ermittlung der tatsächlichen Umstände, weil dieser nur bei zeitnaher Sachverhaltsaufklärung in der Lage ist, einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Rechteverletzer im Wege der einstweiligen Verfügung durchzusetzen.

Das Unterlassen solcher Auskünfte nach Abmahnung hat damit den prozessualen Aussagewert, dass man mit der Abmahnung und Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassenserklärung den „richtigen“ belangt hat. Da der Anschlussinhaber der einzige ist, der Aufklärung bieten kann, kann er sich auch nicht darauf zurückziehen, die Unterlassenerklärung sei „ohne Rechtspflicht“ erfolgt. Der Auskunftscharakter der Abmahnung ist nicht davon abhängig, ob der Belangte seine Obliegenheit einsieht und einräumt oder nicht. Jedenfalls längeres Ausbleiben obliegender Auskünfte trotz Abmahnung stellt dann auch ausreichendes Zeitmoment dar, um eine Verteidigung mit dann nach langer Zeit erstmaliger Auskunft zu verwehren.

2. b. Eine Rechtfertigung der jahrelangen Verzögerung solcher Mitteilung ist aber durch den Beklagten nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Der inhaltliche Vortrag reduziert sich darauf, dass der Beklagte damals nicht vor Ort gewesen sei, aber mit dem Zeugen vereinbart habe, dieser habe in dieser Zeit Zugang zur Wohnung, um sich um die Post zu kümmern. Worin dann Schwierigkeiten liegen sollten, den nach diesem Vortrag einzig in Betracht kommenden tatsächlichen Täter von Anfang an mitzuteilen, ist nicht zu ersehen.

Stattdessen macht das Schreiben des angeblichen Zeugen und angeblich tatsächlichen Rechteverletzers dann exemplarisch deutlich, worin die Risiken einer Verzögerung solcher Mitteilungen für einen Rechteinhaber liegen: Der (angebliche) Täter ist nicht mehr in Deutschland greifbar. Dessen (angebliche) Erklärung lässt maßgebliche Teile offen, weil schon nicht ersichtlich ist, eine Verletzung welchen Filmrechts und welche Verletzungshandlung überhaupt eingeräumt wird; streitgegenständlich ist nicht „irgendein Film“ und nicht dessen „Herunterladen“, sondern die Eröffnung einer Downloadmöglichkeit eines konkreten Filmwerks für die ganze Welt. Ohne zeitnahes Vorgehen gegen einen Rechteverletzer steigt auch das Risiko erheblich, dass dessen Unrechtsbewusstsein verblasst, und – wie hier – ersichtlich unsinnige Erklärungen erfolgen, um das eigene Fehlverhalten schön zu reden, um so einer Haftung zu entgehen. Von einer erst Jahre nach dem Fehlverhalten folgenden Sanktion geht dann auch – entgegen europarechtlicher Anforderung an nationales Recht – keine ausreichende Abschreckungswirkung mehr aus.

Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite ist die Verzögerung auch nicht der Klägerseite durch Zuwarten mit einer Klage anzulasten. Die Auskünfte obliegen dem Beklagten und er ist von Klägerseite auch zu solchen Auskünften aufgefordert worden. Bei Annahme eines Schuldverhältnisses wäre der Beklagte mit solchen Auskünften in Verzug. Dieselben Wertungen greifen dann hier: Die Klägerseite ist nicht gehalten, durch frühzeitige Klage zur Erfüllung der im Selbstschutzinteresse des Beklagten liegenden Obliegenheiten anzuhalten. Diese Obliegenheiten bestehen von Anfang an und die außergerichtliche Aufforderung durch Abmahnung, den Obliegenheiten zu entsprechen, genügt, um die anhaltende Ernsthaftigkeit des Rechtsverfolgungsinteresses darzustellen. Auch im Verzug wäre ein Gläubiger nicht wegen des Verzugs gehalten, frühzeitig zu klagen, um den Verzug zugunsten des Schuldners zu beenden.

3. Insofern kann auch dahinstehen, dass die Beklagtenseite trotz Ankündigung nie eine Adresse mitgeteilt hat, unter der der angebliche Zeuge zu erreichen wäre. Da die Beklagtenseite außer der Obliegenheit zur Förderung des Prozesses im eigenen Interesse keinem eigenständigen Auskunftsanspruch unterliegt, hätte die Klägerseite nichts in der Hand, um gegen den angeblichen Rechteverletzer vorzugehen. Sie könnte nicht einmal gegen den Beklagten zumindest auf Mitteilung der Adresse des angeblichen Rechteverletzers klagen. Auch nach der eigenen Logik muss der Beklagte dann schon wegen dieser Ungenügendheit seiner Auskünfte verlieren.

C.

In der Hauptsache ist die Klage der Höhe nach begründet.

Die geltend gemachten Schäden unterliegen gerichtlicher Schätzung, § 287 ZPO, und belaufen sich auf mindestens die geltend gemachte und mit dem Vollstreckungsbescheid zugesprochene Höhe:

I. Danach ist der Schaden wegen der Rechteverletzung als solches ohne Weiteres mit 1.000,00 € anzusetzen. Dies gilt auch, wenn andere Rechteverletzer bereits Zahlungen auf die Verletzung der Verwertungsrechte am streitgegenständlichen Film geleistet hätten.

1. Zu berücksichtigen ist, dass es sich bei dem illegal zum Sharen angebotenen Film im Zeitpunkt der Verletzungshandlung um einen Blockbuster-Film nur einige Monate nach dessen Erscheinen gehandelt hatte. Insofern ist ohne Weiteres von schnellem Verbreitungspotential bei Eröffnen einer illegalen Downloadmöglichkeit auszugehen. Dazu kommt, dass die Verbreitung solcher Downloads dann einen Schneeball-Effekt aufweist, weil bei Filesharing-Programmen typisch diejenigen, die einen Film illegal downloaden, diesen auch zeitgleich an wieder eine Vielzahl nicht ohnehin schon beteiligter, sondern dann auch anderer, weiterer Nutzer hochladen. Insofern führt ein einziger Verstoß zu annähernd exponentiell ansteigenden Verstößen anderer Nutzer, bis das Interesse an dem Film durch Zeitablauf oder andere Vertriebsformen wie Verfügbarkeit im Fernsehen oder Erschöpfen der Gruppe Interessierter, die zu illegalem Download bereit sind, abflacht. Bei dem dargestellten Produktionsjahr 2015 (Anlage K1) liegt aber fern, dass das Interesse, den Film „umsonst“ herunterladen zu können, im Zeitpunkt der Verletzungshandlung im Juni 2016 bereits abgeflacht war, so dass nach wie eine Vervielfachung des Anwachsen von Folgedownloads aufgrund des Uploads vom Beklagtenanschluss aus anzunehmen ist. Aufgrund der Anonymität des Internets sind hierzu keine genauen Zahlen verfügbar.

Es handelt sich deswegen nur um Plausibilitäts- und Wertungsgesichtspunkte zur Schadensbewertung. Diese beruht dann als solches auf einer Lizenzanalogie, so dass eine Vervielfachung einer einfachen fiktiven Lizenz anzusetzen ist. Aufgrund des Eingriffscharakters ist dabei von einem zumindest doppelten Lizenzansatz auszugehen, mit mindestens 11,76 €, da es sich um einen aktuellen Film handelte. Da jeder weitere Filesharing-Nutzer ebenfalls eine solche doppelte Lizenz schulden würde, genügt dann eine Reichweite von direkt oder mittelbar weniger als 100 Nutzern, um den geforderten Schaden darzustellen. Nach den aufgestellten Plausibilitätsgesichtspunkten der Reichweite eines aktuellen Blockbusters geht das Gericht ohne Weiteres davon aus, dass eine solche Reichweite durch den streitgegenständlichen Upload erreicht wurde. Die verlangten 1.000,00 € stellen eine mäßige und damit jedenfalls angemessene Schadensersatzforderung dar.

2. Dabei ist der Schaden nicht deswegen geringer anzunehmen, weil die Klägerin vielleicht schon durch andere Rechteverletzer für die Verletzung der Rechte an diesem Film Schadensersatzzahlungen erlangt hat. Dies wäre nur dann anzunehmen, wenn die geltend gemachte Forderung außerhalb eines Bereichs läge, der einen vorweggenommenen Innenausgleich bereits beinhaltet. Das geltend gemachte Verletzungsverhalten läuft aber auf ein Schneeballsystem hinaus, bei dem allen Beteiligten von Tauschbörsen klar ist, dass die illegal angebotenen Filme von den anderen Abnehmern mit relevanter Wahrscheinlichkeit selbst weiter geteilt werden. Tatsächlich dürfte sich nach Einschätzung des Gerichts der Schaden, der durch die File-Sharer gemeinsam verursacht worden ist, auf ein Vielfaches des geforderten Betrags hinauslaufen und sieht das Gericht die geltend gemachte Forderung innerhalb dessen liegend, was bei Berücksichtigung all derer, die unbekannt bleiben und die so als „Dunkelziffer“ zählen, als Schaden jedenfalls den vereinzelten Tätern, die bekannt und zur Rechenschaft gezogen werden, zuzurechnen ist. Insofern sieht das Gericht auch keine weiteren Darlegungslasten auf Klägerseite. Es wäre einem Schädiger unbenommen und in dessen Verantwortung, selbst die „Dunkelziffer“ zu erhellen und so verlässlichere Schätzung zu erlauben. Auch wenn dies ersichtlich nicht möglich ist, ist dies als Verweis fair, weil der Schädiger ja derjenige ist, der durch sein Verhalten Mitschädiger generiert hat, auch wenn sie anonym und unbekannt bleiben. Die schlechte Schätzungsgrundlage ist Teil der Schadenszufügung.

II. Auch der geltend gemachte Zahlungsanspruch für die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist angemessen. Auch insofern unterliegt die Höhe als Schadensschätzung der freien Würdigung des Gerichts, § 287 ZPO. Dabei können die Vermutungen der Beklagtenseite, die klägerische Kanzlei werde, weil es sich um Massengeschäfte handle, für Abmahnungen weit unter RVG-Gebühren bezahlt, unberücksichtigt bleiben. Das Gericht teilt diese Vermutung nicht: Selbst wenn massenhaft gleichgelagerte Verfahren für einen Mandaten erfolgen, legt dies nicht nahe, dass günstigere Honorarvereinbarungen geschlossen wurden. Hiergegen spricht schon, dass aufgrund gesetzlicher Bestimmungen die Streitwerte für Abmahnsachen deutlich reduziert wurden, und mit § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG über den dort festgesetzten Streitwert die gesetzlichen angemessene Bezahlung eines Anwalts definiert ist, auch wenn es sich um eine Massensache handelt. Da sich die klägerische Forderung auf Abrechnung nach diesen Vorschriften beschränkt, genügt der Bezug hierauf, um dem Gericht Schadensschätzung zu erlauben.

Nach gerichtlicher Schätzung ist dann sowohl der Streitwert zutreffend angenommen, als auch der Gebührensatz angemessen festgesetzt, und so die Forderung begründet. Den gesetzlichen Vorschriften entsprechend ist zumindest der Streitwert von 1.000,00 € für das Unterlassungsbegehren und von weiteren 700,00 € für den vorgerichtlich verlangten Schaden anzusetzen. Auch eine Geschäftsgebühr von 1,3 ist angemessen, auch wenn es sich mit dem Abmahn-„Geschäft“ um ein massenhaft auftretendes Phänomen handelt, bei der die Klägerkanzlei ersichtlich umfangreich auf zahlreiche Textbausteine zurückgreift. Dies ändert nichts daran, dass die Details jedes einzelnen Falles auch im Einzelnen gerade in Filesharing-Streitsachen zu anderen Einschätzungen führen können, und die Beantwortung der sich stellenden materiellen Fragen ständige Beobachtung und Bewertung höchstrichterlicher Rechtsprechung bedingt, und dies dann schnell grundsätzliche Fragen der Handhabung „solcher“ Fälle auslöst. Die Schwierigkeit der Rechtsmaterie gleicht insofern die massenhafte Handhabung und deren Vorteile aus.

D.

In der Sache ist der Vollstreckungsbescheid auch in der ausgesprochenen Zinsverpflichtung seit dem 08.05.2018 begründet. Die Zinsfolge ergibt sich bei Verzug von Gesetzes wegen. Der Beklagte war vielfach gemahnt und zur Zahlung aufgefordert.

E.

Die Kostenfolge ergibt sich aus dem Unterliegen der Beklagtenpartei, § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

F.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich wegen der Höhe des in der Hauptsache zugesprochenen Betrags (nicht über 1.250,00 €) nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

G.

Der Wert des Streitgegenstands wird vom Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt (§ 3 ZPO). Maßgeblich ist hier das von der Klagepartei verfolgte wirtschaftliche Interesse und ergibt sich der Streitwert damit aus der Höhe der Hauptforderung bei Einleitung des Verfahrens.

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