LG Frankenthal – Az.: 6 O 176/18 – Urteil vom 04.12.2018
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
1.1.1.1. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
1. 4. Der Streitwert wird nach Klageerweiterung auf 5.329,80 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Erstattung von Abmahnkosten und Schadensersatz auf Grund von behaupteten Urheberrechtsverletzungen hinsichtlich des Computerspieles „Dead Island Riptide“, im Bereich eines Peer-to- Peer (P2P) Netzwerkes.
Die Klägerin ist eine führende Produzentin von digitalen Entertainmentprodukten (Software, Games, DVD Filme). Die Klägerin übernimmt im Rahmen von Vertriebsvereinbarung die komplette Vermarktung und den Vertrieb von Games und Consumer-Software-Produkten. Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses.
Die Klägerin wirft dem Beklagten drei Urheberrechtsverstöße im Rahmen eines P2P-Netzwerkes am 27.04.2013 und 28.04.2013 vor (Bl. 16 d.A.). Die Klägerin leitete vor dem Landgericht Köln ein Auskunfts- und Gestattungsverfahren ein, um den Inhaber der nach ihrer Behauptung verletzenden IP-Adresse zu ermitteln.
Auf Grundlage des Beschlusses des Landgerichts Köln 216 O 70/13, wobei das Aktenzeichen in der Klageschrift benannt ist, wurde dem Internet Service Provider gestattet, die begehrte Auskunft hinsichtlich der IP-Adresse zu erteilen.
Die Klägerin hat zunächst in der Anspruchsbegründung beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 859,80 € nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.07.2013 zu zahlen.
2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 640, 20 € nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 09.07.2013 zu zahlen.
Mit Beschluss vom 10.01.2018 hat sich das Amtsgericht Hermeskeil für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Koblenz verwiesen. Nach Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 16.05.2018 hat sich das Amtsgericht Koblenz mit Beschluss vom 19.06.2018 ebenfalls für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Frankenthal (Pfalz) verwiesen.
Die Klägerin trägt vor, sie übernehme im Rahmen von Vertriebsvereinbarungen die komplette Vermarktung und den Vertrieb von Games und Consumer-Software-Produkten. Die Firma A aus Polen habe das Computerspiel „Dead Island Riptide “ für die Klägerin produziert und exklusiv an die Klägerin lizenziert.
Die Erstveröffentlichung des streitgegenständlichen Computerspiels „Dead Island Riptide“ habe im April 2013 stattgefunden. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zu dem Veröffentlichungstermin seien in den P2P- Netzwerken Raubkopien dieser Software aufgetaucht, die zum Filesharing bereitgehalten wurden und werden.
Nach den Ermittlungen der Firma B GmbH seien drei Verstöße am 27.04.2013 und 28.04.2013 festgestellt worden. Hierbei sei eine Datei, welche den streitgegenständlichen Spieletitel enthalte, unter Verwendung eines P2P- Clients zum Herunterladen über IP- Adressen angeboten worden, welche dem Internetanschluss des Beklagten zuzuordnen seien. Die Klägerin bediene sich zur Ermittlung von IP- Adressen, über die unerlaubt das Computerspiel „Dead Island“ zum Download angeboten werde, der Firma B GmbH, welche die EDV- Software NARS einsetze. Diese Software überwache, ermittele und dokumentiere IP- Adressen von Internetanschlüssen, von denen aus Dateien im Rahmen eines Peer-to- Peer Netzwerkes öffentlich zum Download angeboten werden. Der Anschluss des Beklagten sei durch die Ermittlungen hinsichtlich der Verletzungshandlung klar zu identifizieren.
Es bestehe eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Beklagte als Anschlussinhaber die dargelegte Rechtsverletzung selbst begangen habe. Der Beklagte habe der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht entsprochen und keinen Sachverhalt dargelegt, welcher die ernsthafte Möglichkeit eröffne, dass allein ein Dritter den Internetzugang zu Beginn der Rechtsverletzung genutzt habe. Dies führe zur Haftung aufgrund einer Täterschaftsvermutung gegen den Anschlussinhaber.
In diesem Zusammenhang habe die Klägerin den Beklagten mit Mahnschreiben vom 27.06.2013 abgemahnt und bei Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung eine Zahlung von 1.500 € angeboten. Eine solche Unterlassungserklärung habe der Beklagte nicht abgegeben und das Angebot zurückgewiesen. Die Klägerin könne die Kosten der Abmahnung mit 859,80 € verlangen aus einem Gegenstandswert von 20.000,00 €, der bei einem überaus populären Computerspiel angemessen sei. Hinsichtlich der Erweiterung des Schadensersatzanspruchs auf nunmehr 4.470,00 € ergebe sich auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 12.5.2016, I ZR 48/15 – everytime we touch), die folgende Berechnung für ihren Schadensersatz: Der Endverkaufspreis für das Computerspiel „Dead Island“ habe zum Verletzungszeitpunkt auf der Preisbeobachtungstabelle „Geizhals.de“ 29,80 € betragen. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH ergebe sich bei einem Multiplikationsfaktor von 150 ein Betrag von 4.470,00 €. Im Übrigen hätten die Entwicklungs- und Vertriebskosten für das Spiel mehrere Millionen Euro gekostet.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 859, 80 € nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.07.2013 zu zahlen,
2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 4.470,00 € nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.07.2013 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. In diesem Zusammenhang verweist der Beklagte auf die Rechtsprechung des AG Saarbrücken vom 18.01.2017, Az. 121 C 316/16 (09).
Der Beklagte bestreitet zudem die Ermittlungen durch die Fa. B und überhaupt eine Beauftragung dieser Firma durch die Klägerin.
Er (der Beklagte) sei inzwischen 60 Jahre, zur Tatzeit 56 Jahre alt gewesen und lebe alleine mit seiner 56 Jahre alten, zur Tatzeit 51 Jahre alten Ehefrau zusammen. Das WLAN des Beklagten sei ursprünglich mit einem individuellen Passwort mit mindestens der Länge des werksseitig eingestellten Passworts geschützt gewesen. Ein Filesharing-Programm sei auf dem Computer des Beklagten im Zeitraum der Verletzungshandlung nicht installiert gewesen. Der Beklagte habe herausgefunden, dass bei Zurücksetzen des Routers auf die Werkseinstellung keine Passwortvergabe stattfinde. Dies sei für den Beklagten und seine Frau nicht erkennbar gewesen. Bei einem Stromausfall vor dem Zeitpunkt der Verletzungshandlungen, wahrscheinlich am 11.05.2012, sei der Router aber automatisch auf die Werkseinstellung gesetzt worden. Hierauf sei der Beklagte erst durch den benannten Zeugen C hingewiesen worden, welcher Informatik studiert habe. Wahrscheinlich sei das WLAN des Beklagten zur Tatzeit daher offen gewesen. Weder er noch seine Ehefrau würden das Spiel „Dead Island Riptide“ kennen. Beide seien in keiner Weise „PC-affin“. Eine Nutzung des Heimcomputers finde lediglich für E-Mails und zum Surfen im Internet statt. Computerspiele seien noch nie auf dem Computer des Beklagten gespielt worden, weder durch ihn noch durch seine Ehefrau. Wenn es zu einer Verletzungshandlung über den Anschluss gekommen sei, dann durch einen unbekannten Dritten.
Eine Abmahnung habe er nicht erhalten. Auch eine anderweitige Korrespondenz habe nicht stattgefunden. Der Beklagte erhebt zudem den Einwand der Verjährung.
Im Rahmen der öffentlichen Sitzung vom 06.11.2018 hat die Kammer die Akten des LG Köln Az. 216 O 70/13 zu Informations- und Beweiszwecken beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht (Bl. 261 d.A.).
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Nach erfolgter Klageerweiterung ist die Zuständigkeit des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) gemäß § 105 UrhG i.V.m. § 6 Abs. 2 ZivilZustV RP gegeben.
II.
Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf lizenzanalogen Schadensersatz aus §§ 97 Abs. 2 UrhG zu, noch ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten für die Abmahnung vom 27.06.2013 gem. § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F.
Die Klägerin hat keinen Beweis für eine Täterschaft des Beklagten hinsichtlich der vorgetragenen Verletzungshandlung erbracht. Der Beklagte ist insoweit – entgegen der Ansicht der Klägerin – seiner sekundären Darlegungslast ausreichend nachgekommen. Die Kammer kann daher offenlassen, ob die Klägerin ihre Aktivlegitimation hinsichtlich der behaupteten Nutzungsrechte ausreichend nachgewiesen hat und ob das Ermittlungsergebnis durch die Firma B zutreffend ist.
1.
a.
Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behaupteten Urheberrechtsverletzungen als Täter verantwortlich ist (vgl. BGH, NJW 2013, 1441 Rn. 32 – Morpheus; BGH, NJW 2014, 2360 Rn. 14 – BearShare; BGH, NJW 2016, 953 Rn. 37 – Tauschbörse III; BGH, NJW 2017, 78 Rn. 32 – Everytime we touch).
Die Klägerin nimmt den Beklagten als Täter in Anspruch. Täter in diesem Sinne ist zunächst derjenige, der einen handlungsbezogen formulierten Verletzungstatbestand der §§ 16 ff. UrhG eigenhändig erfüllt (BGH MMR 2010, 565, 566). Dies ist vom Anspruchssteller darzulegen und zu beweisen. Da dieser Beweis kaum zu führen ist, spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss nutzen konnten (BGH, NJW 2014, 2360 Rn. 15 – BearShare; BGH, NJW 2016, 953 Rn. 37 – Tauschbörse III). Diese tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers kommt auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss – wie bei einem Familienanschluss – regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird (BGH, NJW 2016, 953 Rn. 39 – Tauschbörse III; BGH, NJW 2017, 78 Rn. 34 – Everytime we touch; BGH, NJW 2018, 68).
Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.
In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast gemäß § 138 I und II ZPO hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH, NJW 2018, 65).
b.
Diesen soeben beschriebenen (s.o.) Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast ist der Beklagte, auch unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGHs nachgekommen.
Zunächst muss der Anschlussinhaber den Namen seiner Familienmitglieder, welche den Internetanschluss benutzen, namentlich benennen. Hier hat neben dem Beklagten auch seine Ehefrau Zugang zum Computer. Der Name der Ehefrau ist der Klägerin bekannt. In der Erklärung des Beklagten (Anlage B1, Bl. 237 d.A.) sowie im Schriftsatz vom 27.07.2018 sind Namen und Geburtsdatum der Ehefrau benannt. Die dem Beklagten bekannten Personen mit Zugang zum Netzwerk sind somit im Rahmen der sekundären Darlegungslast ordnungsgemäß genannt.
Der Beklagte hat darüber hinaus dargelegt, das in der Familie zum Verletzungszeitpunkt nur ein internetfähiger Computer vorhanden war.
Der Beklagte hat weiterhin vorgetragen, dass sowohl er als auch seine Ehefrau zu dem Zeitpunkt der vorgeworfenen Handlungen selbstständigen Zugang hatten. Eine genauere Darlegung zu den einzelnen Zeitpunkten ist nicht erforderlich. Zum einen ist es gerichtsbekannt, dass die Nutzung von P2P-Netzwerken auch in Abwesenheit möglich ist. Sofern die Filesharing-Software installiert ist, kann diese auch bei Abwesenheit zum Up- und Download genutzt werden. Zum anderen ist ein genauerer Vortrag zur Nutzung angesichts des Zeitablaufes auch gar nicht mehr möglich.
Der Beklagte hat weiterhin dezidiert zum eigenen Nutzerverhalten und zum Nutzerverhalten seiner Ehefrau vorgetragen. Der Beklagte hat ausgeführt, dass er sowie seine Ehefrau den Computer für Emails und zum Surfen im Internet und im Übrigen als Bürogerät nutzen würden. Er selbst habe, wie auch seine Frau, kein Interesse an Computerspielen. Das streitgegenständliche Computerspiel sei dem Beklagten sowie seiner Frau unbekannt. Der Beklagte hat somit zum Nutzerverhalten, auch hinsichtlich von Computerspielen, ausreichend vorgetragen. Der Beklagte hat zudem die Reaktion der Ehefrau mitgeteilt, nämlich dass auch seine Ehefrau mit einem illegalen Download definitiv nichts zu tun habe. Der Beklagte trägt vor, er könne daher nur vermuten, dass möglicherweise ein unbekannter Dritter die Rechtsverletzung begangen habe. Damit hat der Beklagte die gegen ihn sprechende Täterschaftsvermutung ausreichend erschüttert.
Soweit die Klägerin vorträgt, der Beklagte habe keine ernsthafte andere Möglichkeit aufgezeigt, folgt die Kammer dem nicht. Als Täter kommen nach dem Vortrag des Beklagten ernsthaft und nicht nur theoretisch andere Personen außer dem Beklagten selbst in Betracht. Die sekundäre Darlegungslast des beklagten Anschlussinhabers führt nicht zu einer Umkehr der Beweislast und auch nicht zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast gemäß § 138 I, II ZPO hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGH GRUR 2016, 1280 – Everytime we touch). Ein Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und deshalb als Täter der Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommen (BGH GRUR 2016, 1280 – Everytime we touch). Dem hat der Beklagte genügt, wie oben gezeigt.
Der Vortrag des Beklagten genügt auch den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast, die nunmehr durch den EuGH aufgestellt worden sind. Der Beklagte hat nicht nur rein theoretisch Familienmitglieder benannt, welche den Anschluss nutzen konnten, sondern auch zum Nutzungsverhalten der Familienmitglieder (seiner Frau) zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung vorgetragen. Er hat dargelegt, dass keinerlei Familienmitglieder Computerspiele gespielt haben und dass niemand innerhalb der Familie eingeräumt hat das Spiel „Dead Island“ herunter- oder hochgeladen zu haben. Zu weiterem Vortrag ist der Beklagte, auch nach der Entscheidung des EuGHs nicht verpflichtet (EuGH Urt. v. 18.10.2018 – C-149/17, BeckRS 2018, 25253).
Soweit die Klägerin weiterhin mit Nichtwissen bestreitet und vom Beklagten im Rahmen der sekundären Darlegungslast nunmehr (hilfsweise) fordert, sämtliche Personen zu benennen, die im Falle eines ungesicherten Netzwerkes des Beklagten im Hinblick auf die angrenzende Bebauung theoretisch Zugang gehabt haben könnten, ist dem nicht zu folgen, da hierdurch einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast gemäß § 138 I, II ZPO hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers entstehen würde. Zudem hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 07.11.2018 ausdrücklich streitig stellt, dass das Netzwerk des Beklagten ungesichert gewesen ist. Die Beweisaufnahme ist demnach nicht fortzusetzen. Zum einen ist ein Beweisantritt zu einem Bestreiten mit Nichtwissen nicht möglich. Das Bestreiten der Klägerin hierzu erfolgt aber auch ersichtlich ins Blaue hinein.
2.
Der Beklagte haftet gegenüber der Klägerin auch nicht auf Erstattung der geltend gemachten Abmahnkosten aus § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F.
a.
Im Rahmen des § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. ist vorliegend bereits problematisch, ob einer Geltendmachung von Abmahnkosten nicht entgegensteht, dass der eigentliche Unterlassungsanspruch nicht weiterverfolgt wird.
Für die im Grundsatz durchaus vergleichbare Ausgangslage im Markenrecht hat das LG Frankfurt a.M. (Urteil vom 24. 5. 2002 – 3/12 O 31/02) die überzeugende Auffassung vertreten, dass der Unterlassungsgläubiger den Schuldner nach dessen erfolgloser Abmahnung wegen eines Wettbewerbsverstoßes oder einer Markenrechtsverletzung nicht isoliert auf Kostenerstattung in Anspruch nehmen kann, ohne zugleich eine Unterlassungsklage einzuleiten. Die Vorgehensweise der Klägerin führt im Ergebnis dazu, dass der Unterlassungsschuldner zunächst nicht mit dem von ihm in Betracht gezogenen Unterlassungsrechtsstreit konfrontiert wird, sondern mit dem vorgelagerten Kostenerstattungsrechtsstreits der vorliegenden Art, bei dessen Erfolg er dann, wenn er nicht doch die Unterwerfungserklärung noch abgibt, einem weiteren Rechtsstreit ausgesetzt ist, nämlich dem dann folgenden Unterlassungsprozess.
Eine durch die Aufsplitterung des Vorgehens der Klägerin bedingte (potentielle) Doppelbelastung des Beklagten mit zwei denkbaren Rechtsstreiten entspricht nach dem Verständnis der Kammer nicht dem Sinn des § 97a UrhG a.F. sowie n.F.. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten wurde als nichtprozessuales, außergerichtliches Institut geschaffen, um in zweierlei Hinsicht Klarheit zu schaffen. Dem Unterlassungsschuldner wird vor Augen geführt, dass er einem Unterlassungsbegehren des Unterlassungsgläubigers ausgesetzt ist, dass dieser für berechtigt hält, und dass er – der Schuldner – darüber zu befinden hat, ob er zur Meidung eines Unterlassungsrechtsstreits durch Abgabe einer Unterwerfungserklärung einlenkt, oder ob er seine Situation so einschätzt, dass er den sich abzeichnenden Unterlassungsrechtsstreit aufnehmen will. Auf der anderen Seite soll das Institut der Abmahnung dem Unterlassungsgläubiger zur Klärung der Frage dienen, ob ein etwaiger Unterlassungsrechtsstreit entbehrlich ist. Das prozessuale Verhalten der Klägerin läuft diesem Sinn und Zweck des § 97a UrhG zuwider.
Letztlich kann aber offenbleiben, ob das Vorgehen der Klägerin überhaupt rechtlich möglich ist.
b.
Ein Anspruch der Klägerin aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. besteht jedenfalls nicht. Denn der Zugang der Abmahnung nach den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen der §§ 130 ff. BGB ist für den Anspruch aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. jedenfalls erforderlich (BeckOK UrhR/Reber UrhG § 97a Rn. 14-16, beck-online).
Die Klägerin hat für den Zugang der Abmahnung vom 27.06.2013 bei dem Beklagten jedoch keinen entsprechenden Beweis angetreten und hat zur Versendung der Abmahnung auch nicht substantiiert vorgetragen. Die Klägerin hat die Abmahnung vom 27.06.2013 lediglich vorgelegt (Anlage K11, Bl. 169 d.A.), aber hat die Umstände der Absendung nicht genauer beschrieben und hat zudem auch für die Versendung der Abmahnung bisher kein Beweismittel angeboten. Sie trägt hier vor, dass das Abmahnschreiben an die gleiche Adresse geschickt wurde wie letztlich auch der Mahnbescheid, der unbestritten erfolgreich zuging. Im Übrigen bestreitet sie mit Nichtwissen, dass der Beklagte keine Kenntnis von der Abmahnung habe (Bl. 74 d.A.).
Ob der Abmahnende den Zugang des Abmahnschreibens beweisen muss und welcher Maßstab für den diesbezüglichen Vortrag gilt ist in der Rechtsprechung und in der Literatur umstritten: Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass der Abmahnende den tatsächlichen Zugang eines vorprozessualen Abmahnschreibens nicht zu beweisen hat, das Risiko des Verlustes eines solchen Schreibens vielmehr vom Verletzer zu tragen ist (OLG Karlsruhe v. 11.6.2003 – 6 U 210/02, WRP 2003, 1146; OLG Dresden WRP 2004, 970, unter Aufgabe von OLG Dresden v. 10.9.1997 – 14 W 0854/97, WRP 1997, 1201;Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 41 Rz. 6b; ders., WRP 2005, 654, 655; Ottofülling in MünchKomm/UWG, § 12 Rz. 25 f.; Gloy/Loschelder, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 75 Rz. 30). Nach anderer Ansicht obliegt es im Bestreitensfall grundsätzlich dem Verletzten, nicht nur die ordnungsgemäße Absendung eines Abmahnschreibens, sondern auch dessen Zugang nachzuweisen (vgl. OLG Köln v. 3.10.1983 – 6 W 103/83, WRP 1984, 230; KG v. 7.5.1992 – 25 W 726/92, WRP 1992, 716; OLG Düsseldorf NJWE-WettbR 1996, 256; GRUR-RR 2001, 199; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 12 UWG Rz. 1.32 ff.; Piper in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 12 Rz. 12; Großkomm.UWG/Kreft, Vor § 13C Rz. 73; Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, S. 296). Der BGH (BGH GRUR 07, 629 Rn 11f – Zugang des Abmahnschreibens) lässt im Rahmen einer – insoweit nach Ansicht der Kammer auf den vorliegenden Fall nur bedingt übertragbaren – Grundsatzentscheidung zu § 93 ZPO zu, dass der Beklagte sich zunächst auf die schlichte Behauptung, die Abmahnung sei ihm nicht zugegangen, beschränken kann. Daraufhin sei die klagende Partei verpflichtet, die genauen Umstände der Absendung vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen. Erst dann hat die beklagte Partei wiederum den Nichtzugang zu beweisen, wobei an den Nachweis keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen.
Die Kammer schließt sich der zweiten genannten Ansicht an.
Da die Klägerin weder die genauen Umstände der Versendung vorträgt, noch einen Beweis für Versand sowie den Zugang angeboten hat, genügt der Vortrag der Klägerin aber auch nicht der Vorgabe des BGH, will man die zu § 93 ZPO ergangene Entscheidung – anders als die Kammer – auf den vorliegenden Fall anwenden (BGH GRUR 07, 629 Rn 11f – Zugang des Abmahnschreibens). Das Bestreiten mit Nichtwissen ist an dieser Stelle unzulässig. Allein aus dem Umstand, dass der Mahnbescheid zugestellt werden konnte, geht nicht hervor, dass eine vorangegangene Abmahnung dem Beklagten nicht zuging. Der Kammer ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass die Post oder andere Zusteller auch mal einen Brief verlieren.
Die Kammer kann daher offenlassen, ob eine private Störerhaftung auf Zahlung von Abmahnkosten nach Inkrafttreten der neuen §§ 7, 8 Abs.1 Satz 2 TMG überhaupt noch anzunehmen ist, oder nicht. Auch kann offenbleiben, wie damit umzugehen ist, dass der Beklagte die Umstände einer Störerhaftung durch Vorhalten eines ungesicherten Netzwerkes zwar vorträgt, die Klägerin die fehlende Sicherung aber letztlich mit Schriftsatz vom 07.11.2018 wieder bestritten hat (Bl. 263f. d.A.).
Die Beweisaufnahme über das zwischen den Parteien ebenfalls in Streit stehende Ermittlungsergebnis war, da es bereits an dem Nachweis eines Zuganges der Abmahnung fehlt (s.o.), vorliegend nicht fortzusetzen.
3.
Die Klage ist mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird nach Klageerweiterung auf 5.329, 80 € festgesetzt.
Die Abmahnkosten wirken sich gemäß § 4 ZPO streitwerterhöhend aus, weil sie nicht als Nebenforderung, sondern isoliert und ohne den Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden( Danckwerts/Papenhausen/Scholz/Tavanti, Wettbewerbsprozessrecht, 1. Auflage 2016 , Rn. 1452).