LG Köln – Az.: 14 S 1/17 – Urteil vom 14.12.2017
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 15. Dezember 2016, Az.: 148 C 389/16, wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1106,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. November 2015 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in I. und II. Instanz.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin macht wegen der von ihr behaupteten Verletzung ausschließlicher Nutzungsrechte an dem Film „Z“ gegen den Beklagten Ansprüche auf Zahlung von Lizenzschadensersatz in Höhe von 600,00 EUR und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 506,00 EUR geltend.
Im Rahmen von der Klägerin hierzu veranlasster Ermittlungen teilte die von der Klägerin beauftragte Ermittlungsfirma, die H GmbH, der Klägerin mit, dass der streitgegenständliche Film in der Zeit vom 16. Juni 2013 um 2:37:49 Uhr bis zum 16. Juni 2013 um 9:59:30 Uhr unter der IP-Adresse … über den Anschluss eines Nutzers eines Filesharing-Netzwerkes anderen Nutzern zum Download angeboten worden war. Zu den Ermittlungsergebnissen der H GmbH legt die Klägerin die von ihr als Falldatenblatt bezeichnete Zusammenfassung vor (Anlage K3, Bl. 40 der Akte).
Der Beklagte lebte auch zur Zeit des streitgegenständlichen Verletzungszeitraums mit seiner Ehefrau unter der im Rubrum angegebenen Adresse in einem gemeinsamen Haushalt. Der Beklagte war Inhaber eines von der S zur Verfügung gestellten Internetanschlusses.
Die Klägerin erwirkte bei dem Landgericht Köln zu Az. 231 O 127/13 gemäß § 101 Abs. 9 UrhG einen Gestattungsbeschluss vom 18. Juni 2013. Daraufhin erteilte der beteiligte Internet-Provider, die S, hinsichtlich der ermittelten IP-Adresse … zu den Daten 16. Juni 2013, 9:59:30 Uhr, und 16. Juni 2013, 6:14:53 Uhr, die Auskunft, dass obenstehende IP-Adresse zu den genannten Zeiten jeweils dem Internetzugang des Beklagten zugewiesen war. Dazu legt die Klägerin auszugsweise die Auskunft der S als Anlage K2 (Bl. 36 ff. der Akte) vor.
Die Klägerin ließ den Beklagten mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 4. Juli 2013 abmahnen und zur Zahlung von Lizenzschadensersatz sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren auffordern. Der Beklagte gab gegenüber der Klägerin eine mit Schreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 22. Juli 2013 übersandte Unterlassungserklärung ab. Den mehrfachen Zahlungsaufforderungen der Klägerin (Anlagenkonvolut K4, Bl. 41 ff. der Akte) kam der Beklagte nicht nach.
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe in der Zeit vom 16. Juni 2013 um 2:37:49 Uhr bis zum 16. Juni 2013 um 9:59:30 Uhr unter der IP-Adresse … den streitgegenständlichen Film im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse zum Download angeboten. Die Ermittlungen seien zutreffend erfolgt, was sie näher ausgeführt und sich dazu insbesondere auch auf das Falldatenblatt (Anlage K 3, Bl. 40 der Akte) bezogen hat. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe dieserhalb ein Anspruch auf Zahlung von Lizenzschadensersatz gegen den Beklagten zu, welcher wegen der Aktualität des streitgegenständlichen Filmes im Zeitpunkt der Rechtsverletzung, sowie der massiven Verbreitung im Rahmen eines Filesharing-Netzwerkes und damit einhergehenden Beeinträchtigung der Auswertung mit mindestens 600,00 EUR zu bemessen sei.
Zur Aktivlegitimation hat die Klägerin ausgeführt, dass die Klägerin sämtliche exklusiven Verwertungsrechte (§§ 16, 17, 19 a UrhG) für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland an dem Film „Z“ mit Distribution Agreement vom 9. Mai 2011 von der IAV International LLC erworben habe. Die IAV International LLC habe die Rechte an dem Film mit Weltvertriebsvertrag vom 21. April 2011 von der Produktionsfirma K Holdings LLC (als Teil Rechtsnachfolger von D LLC und NVW Inc. gemäß Abtretungsvertrag vom 7. September 2011) erworben. Die Rechtekette habe die Klägerin im Zusammenhang mit dem Erwerb der Auswertungsrechte überprüft und von der Lizenzgeberin garantieren lassen. Die A Home Entertainment GmbH sei eine 100-prozentige Tochter der Klägerin, der die Klägerin die Rechte für die DVD-Auswertung übertragen habe. Deshalb sei diese und nicht die Klägerin auf der DVD im Hersteller- bzw. Urhebervermerk angegeben. Gleiches gelte für die Rechte an der Kinoauswertung, die die Klägerseite an ihre Tochter A Filmverleih GmbH vergeben habe. Die exklusiven Rechte aus § 19 a UrhG seien bei der Klägerin verblieben. Die Klägerin verweist hierzu ferner darauf, dass sie auf den gängigen Downloadportalen (Download-To-Own) im Internet als Rechte Inhaberin genannt sei. Dazu hat sie in ihrem Schriftsatz vom 30. Oktober 2016 Screenshots aus dem Portal iTunes (Bl. 96 der Akte) sowie aus dem Portal N (Bl. 97 der Akte) eingeblendet.
Der Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und dazu ausgeführt, auf dem Cover der DVD sei nicht die Klägerin, sondern eine A Home Entertainment GmbH aufgeführt.
Der Beklagte hat weiterhin behauptet, ihm sei die streitgegenständliche Datei nicht bekannt. Sie befinde sich nicht und habe sich zu keinem Zeitpunkt auf seinem oder einem anderen in seinem Haushalt befindlichen Rechner befunden. Der Beklagte verfüge nicht und habe auch zum fraglichen Zeitpunkt nicht über Tauschbörsen-Software verfügt, die für die Begehung der behaupteten Urheberrechtsverletzung erforderlich sei. Der Beklagte habe am 16. Juni 2013, einem Sonntag, um 2:37 Uhr bis in die späteren Morgenstunden geschlafen, sein Rechner sei ausgeschaltet gewesen. Nach Kenntnis des Beklagten habe auch niemand anderes aus der Wohnung des Beklagten dessen Internetanschluss benutzt. Weder der Beklagte noch seine Ehefrau kämen als Täter einer Urheberrechtsverletzung in Betracht.
Der Beklagte gehe insofern von einer fehlerhaften Ermittlung aus, wobei er die ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adresse, deren Zuordnung zu seinem Anschluss zum fraglichen Zeitpunkt sowie die Eignung der eingesetzten Ermittlungssoftware bestreitet.
Das Amtsgericht Köln hat mit Urteil vom 15. Dezember 2016 (Bl. 126 ff. der Akte) die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte sei nicht passivlegitimiert. Es fehle an einer tatsächlichen Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, da es insoweit bereits an einer zuverlässigen Zuordnung der angeblichen ermittelten IP-Adresse zum Anschluss des Beklagten fehle. Es sei nämlich nur eine IP-Adresse ermittelt worden, so dass sich der Sachverhalt als Einzelermittlung darstelle. Es scheine sich um einen einheitlichen Ermittlungsvorgang zu handeln, so dass eine fehlerhafte Ermittlung nicht ausgeschlossen sei. Die Richtigkeit der Zuordnung der ermittelten IP-Adresse zum Anschluss sei von der Klägerin nicht ausreichend dargelegt; das Bestreiten des Beklagten sei beachtlich. Insbesondere fehle es an einer „echten“ Mehrfachzuordnung einer IP-Adresse zu einem Internetanschluss, da keine verschiedenen IP-Adressen zu unterschiedlichen Zeiträumen, bestenfalls im Rahmen verschiedener Anfragen an den Provider, dem Internetanschluss des Beklagten erfolgt sei. Auch an und für sich zuverlässig arbeitende Software könne, etwa bedingt durch Serverprobleme, Updates oder sonstige Arbeiten am Programm fehlerhafte Arbeitsergebnisse liefern, was ebenfalls gerichtsbekannt sei und von Personen, die mit den Datenbanken und Textverarbeitungsprogrammen der Justiz arbeiteten, die auch grundsätzlich funktionierten, schlechterdings nicht geleugnet werden könne.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie verweist insbesondere auf ihre Auffassung, dass die Zuordnung der IP-Adresse zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten durch den Provider S erfolgt sei und der Beklagte als Anschlussinhaber beauskunftet worden sei. Das Amtsgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass der Provider dynamische IP-Adressen häufig erst nach längeren Zeiträumen neu vergebe. Auch habe der Beklagte nicht in erheblicher Weise, sondern lediglich pauschal bestritten. Soweit das Amtsgericht bemängelt habe, dass die Klägerin für die zutreffende Zuordnung der IP-Adresse bei dem Provider keinen Beweis angeboten habe, habe es seine Hinweispflicht verletzt, da in der 1. Instanz diese Frage nicht problematisiert worden sei. Die Klägerin bietet nunmehr Beweis durch einen Zeugen des Internetproviders sowie durch Sachverständigengutachten an.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 15. Dezember 2016, Az. 148 C 389/16, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,
1. einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13. November 2015 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13. November 2015 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
1.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG i.V.m. §§ 94 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 31 UrhG sowie auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 506,00 EUR gemäß § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F..
a) Die Klägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen Leistungsschutzrechte des Filmherstellers zum öffentlichen Zugänglichmachen des streitgegenständlichen Films aktivlegitimiert. Die Kammer geht auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin davon aus, dass sie Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Film „Z“ betreffend das öffentliche Zugänglichmachen gemäß § 19 a UrhG für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist. Die Klägerin hat im Detail und unter Bezeichnung der einzelnen Verträge die Rechtekette bis zum Filmhersteller K Holdings LLC vorgetragen. Dafür, dass die Klägerin selbst die ausschließlichen Nutzungsrechte für das öffentliche Zugänglichmachen besitzt, sprechen zudem maßgeblich die von der Klägerin vorgelegten Auszüge aus den gängigen Downloadportalen (Download-To-Own) iTunes und N, in denen die Klägerin als Rechteinhaberin bezeichnet ist. Die in der Praxis nicht selten bestehenden Schwierigkeiten des Nachweises der Urheberschaft und der Inhaberschaft von ausschließlichen Nutzungsrechten haben den Gesetzgeber dazu bewogen, deren effektive Durchsetzung durch die Vermutungsregelungen gemäß § 10 UrhG, die die Vorgaben gemäß Art. 5 Buchst. a und b der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umsetzen, zu gewährleisten. Soweit die Vermutungswirkungen des § 10 Abs. 3 UrhG – wie im Streitfall – nicht greifen, ist in jedem Fall ein Indizienbeweis zulässig, bei dem mittelbare Tatsachen die Grundlage für die Annahme der Rechtsinhaberschaft liefern (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 – Tauschbörse I mit weiteren Nachweisen). Als ein solches Indiz für die Inhaberschaft der ausschließlichen Rechte zum öffentlichen Zugänglichmachen kommt auch die Benennung in gängigen Downloadportalen in Betracht.
Dem ist der Beklagte nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. So hat er zwar unter Verweis auf die Benennung der A Home Entertainment GmbH auf der von der Klägerin vorgelegten Hülle der DVD des streitgegenständlichen Films und damit im Ausgangspunkt substantiiert bestritten, dass die Klägerin Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte für das öffentliche Zugänglichmachen ist. Nachdem die Klägerin dann allerdings wie geschildert im Einzelnen dargelegt hat, dass diese Rechte ihr zustehen, während nur die Videorechte bei ihrer 100-prozentigen Tochter, der A Home Entertainment GmbH, lägen, hat der Beklagte dagegen nichts vorgebracht. Für das Zutreffen dieser Darstellung der Klägerin spricht neben der Bezeichnung der Klägerin in den Downloadportalen, für die es auf das Recht zum öffentlichen Zugänglichmachen gemäß § 19 a UrhG ankommt, auch der Umstand, dass auf der vorgelegten DVD Hülle die A Home Entertainment GmbH als „ein Unternehmen der Q Gruppe“ ausgewiesen wird. Des Weiteren behauptet auch der Beklagte nicht, die Bezeichnung der Klägerin als Rechteinhaberin in den Downloadportalen sei gefälscht.
Damit ist der Indizienbeweis für die Aktivlegitimation der Klägerin geführt.
b) Der Beklagte ist passivlegitimiert.
Nach dem Sach- und Streitstand ist davon auszugehen, dass von dem Internetanschluss des Beklagten aus die von der Klägerin vorgetragene Rechtsverletzung erfolgte, dass also im angegebenen Zeitraum der Film „Z“ über den Anschluss des Beklagten öffentlich zugänglich gemacht worden ist.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts handelt es sich nicht um eine simple Einmalerfassung. Vielmehr hat die Klägerin mehrere Erfassungen des Internetanschlusses des Beklagten im Abstand von rund 7 1/2 Stunden vorgetragen. Angesichts dessen bestehen keine vernünftigen Zweifel an der Richtigkeit des von der Klägerin vorgetragenen Ermittlungsergebnisses. Denn dass es in zeitlichem Abstand von mehreren Stunden mehrfach zu Fehlern bei der Erfassung und Zuordnung gekommen sein könnte, liegt so fern, dass Zweifel an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen (§ 286 ZPO) (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16. Mai 2012 – 6 U 239/11, juris Rn. 4). Dies gilt auch, soweit vorliegend dieselbe IP-Adresse beauskunftet wurde, denn ausweislich der von der Klägerin als Anlage K2 vorgelegten Auskunft erfolgten zwischen den Erfassungen der IP-Adresse des Beklagten eine Vielzahl weiterer Ermittlungen zu gesondert erfassten und beauskunfteten, abweichenden IP-Adressen anderer Anschlussinhaber. Hinzu kommt ferner, dass – worauf die Klägerin unwidersprochen und zutreffenderweise hinweist – schon seit geraumer Zeit die Internet-Provider bei dauerhafter Verbindung des Internetanschlusses mit dem Internet die einem Anschlussinhaber zugewiesene dynamische IP-Adresse für geraume Zeit dessen Anschluss zugeordnet lassen; bei Kunden der S kann dies bis zu 6 Monaten andauern.
Auch stellt der Beklagte nicht in Abrede, dass es sich bei der in dem Ermittlungsdatensatz des Internet-Providers (Anlage K 2) aufgeführten Benutzerkennung um die seinem Anschluss zugewiesene Kennung handelt. Ebenso wenig steht in Streit, dass die S als Provider des Beklagten diese Auskunft erteilt hat. Der Beklagte zweifelt lediglich an, dass sein Internet Provider die IP-Adresse richtig zugeordnet hat.
In Anbetracht dieser Umstände liegt es fern, dass es zu Fehlfunktionen und Fehlern bei dem Einsatz der Ermittlungssoftware und auch der Zuordnung der IP-Adressen zu dem Internetanschluss des Beklagten gekommen ist. Zwar erscheinen bewusste oder auch unbewusste Fehler nicht schlechthin undenkbar und sind auch der Kammer Unzulänglichkeiten der von dem Amtsgericht angesprochenen in der Justiz benutzten Software bekannt. Wenn jedoch keinerlei Umstände darauf hinweisen, dass es zu einer Fehlfunktion der Software gekommen ist, und im Gegenteil die doppelte Ermittlung gerade dafürspricht, dass die Ermittlungssoftware ordnungsgemäß gearbeitet hat und auch die Zuordnung der IP-Adresse zu dem Anschluss des Beklagten zutreffend erscheint, genügt dies den Anforderungen für die richterliche Überzeugung, dass die Ermittlungen ordnungsgemäß erfolgt sind. Insbesondere ist dafür ein zweifelsfreier Nachweis der vollständigen Fehlerfreiheit des Auskunftsverfahrens nicht erforderlich. Für eine den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügende richterliche Überzeugung bedarf es keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades an Gewissheit, der Zweifel Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vergleiche BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 – Tauschbörse I).
Da der Beklagte keinerlei konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt hat, die gegen die Richtigkeit der von der Klägerin im einzelnen dargelegten Ermittlungen sprechen, ist von dem Zutreffen der Ermittlungen auszugehen.
c) Der Beklagte ist auch täterschaftlich dafür verantwortlich, dass das streitgegenständliche Filmwerk zu den hier fraglichen Zeitpunkten am 16. Juni 2013 über seinen Internetanschluss öffentlich zugänglich gemacht worden ist. Der Beklagte hat den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin nicht in erheblicher Weise bestritten.
Nach allgemeinen Grundsätzen trägt die Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf (Lizenz-)Schadensersatz sowie auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12 – Morpheus; Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 – BearShare, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III; Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch; Urteil vom 6. Oktober 2016 – I ZR 154/15 – Afterlife; Urteil vom 30. März 2017, I ZR 19/16 – Loud). Auch besteht keine generelle Vermutung, dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist. Hierfür fehlt es an einer hinreichenden Typizität des Geschehensablaufs. Angesichts der naheliegenden Möglichkeit, dass der Anschlussinhaber Dritten Zugriff auf seinen Anschluss einräumt, besteht für die Annahme der Täterschaft des Anschlussinhabers keine hinreichend große Wahrscheinlichkeit (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016, I ZR 154/15 – Afterlife).
Eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers greift aber ein, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Diese tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers kommt auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss – wie bei einem Familienanschluss – regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III; Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch; Urteil vom 30. März 2017, I ZR 19/16 – Loud). Eine diese tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III; Urteil am 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch; Urteil vom 6. Oktober 2016 – I ZR 154/15 – Afterlife; Urteil vom 30. März 2017, I ZR 19/16 – Loud).
Nach diesen Grundsätzen ist von der Täterschaft des Beklagten auszugehen, weil der Internetanschluss des Beklagten zu den Verletzungszeitpunkten hinreichend gesichert war (aa) und der Internetanschluss zwar nach Vortrag des Beklagten bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen war, der Beklagte aber insoweit seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt hat (bb).
aa) Es ist nicht davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen von Seiten eines unbekannten Dritten begangen wurden. Dass der Internetanschluss des Beklagten nicht mit den üblichen Sicherungsvorkehrungen versehen war, insbesondere der von dem Beklagten verwendete Router über die im Zeitpunkt seines Kaufs für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen (vergleiche dazu BGH, Urteil vom 24. November 2016 – I ZR 220/15 – WLAN-Schlüssel) nicht verfügt hätte, trägt der Beklagte schon nicht vor. Zwar gilt auch insoweit, dass die Darlegungs- und Beweislast bei der Klägerin als der Anspruchstellerin liegen (vergleiche dazu BGH, Urteil vom 24. November 2016 – I ZR 220/15 – WLAN-Schlüssel). Da die Frage, welche Sicherheitsvorkehrungen der Anschlussinhaber bei Inbetriebnahme seines Routers getroffen hat, außerhalb des Wahrnehmungsbereichs des Anspruchstellers liegt, obliegt jedoch dem Anschlussinhaber insoweit eine sekundäre Darlegungslast (vergleiche BGH, Urteil vom 24. November 2016 – I ZR 220/15 – WLAN-Schlüssel). Mangels Vortrags des Beklagten zu dieser Frage ist mithin von einer ausreichenden Sicherung auszugehen.
bb) Der Beklagte hat seiner sekundären Darlegungslast auch im Übrigen nicht genügt. Zwar hat der Beklagte vorgetragen, er habe seinen Internetanschluss im Zeitraum der Verletzungshandlungen bewusst einer anderen Person, nämlich seiner Ehefrau, überlassen.
Um seiner sekundären Darlegungslast als Anschlussinhaber zu genügen, muss der Anschlussinhaber indes dazu vortragen, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III; Urteil am 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch; Urteil vom 6. Oktober 2016 – I ZR 154/15 – Afterlife; Urteil vom 30. März 2017, I ZR 19/16 – Loud). Der Beklagte hat indes ausdrücklich erklärt, dass seine Ehefrau nicht als Täterin der Rechtsverletzung in Betracht kommt. Da er ferner vorgetragen hat, dass niemand anderes den Internetanschluss des Beklagten benutzt hat, fehlt es an der Darlegung, dass nicht der Beklagte, sondern ein Dritter ernsthaft als Alleintäter der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung in Betracht kommt. Hat der Anschlussinhaber nach zumutbaren Nachforschungen – wie hier – nicht seiner sekundären Darlegungslast entsprechend vorgetragen, dass (auch) andere Personen zum Verletzungszeitpunkt selbstständig Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er als Täter für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. In einem solchen Fall fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage für die Annahme, ein Dritter könnte die Verletzungshandlung mit – alleiniger – Tatherrschaft begangen haben (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III; Urteil vom 30. März 2017 – I ZR 19/16 – Loud). Kommt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast indes nicht nach, haftet er als Täter (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 86/15 – Silver Linings Playbook).
d) Das öffentliche Zugänglichmachen des streitgegenständlichen Filmes war auch rechtswidrig, da es ohne Zustimmung der Rechteinhaber erfolgte.
e) Der Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt, weil er unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und damit zumindest fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB) verkannt hat, zur Nutzung des streitgegenständlichen Films im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse nicht berechtigt zu sein.
f) Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus vorstehenden Gründen ein Anspruch auf Lizenzschadensersatz wegen der unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Films in Filesharing-Netzwerken zu, §§ 97 Abs. 2, 94 Abs. 1 S. 1 UrhG. Der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz von 600,00 EUR ist auch der Höhe nach begründet.
Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 68/08 – Restwertbörse I; Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 – Tauschbörse I). Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Verletzte überhaupt beabsichtigte, eine Lizenzierung vorzunehmen; die Zuerkennung einer angemessenen Lizenzgebühr kommt selbst dann in Betracht, wenn die vorherige Erteilung der Zustimmung als schlechthin undenkbar erscheint (vgl. BGH GRUR 1993, 55 – Tchibo/Rolex II) oder ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Benutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1320, 1321). Zur Ermittlung der angemessenen Lizenzgebühr ist zu fragen, was ein vernünftiger Lizenzgeber und ein vernünftiger Lizenznehmer anstelle der Parteien für die Übertragung des Rechts auf die Beklagten vereinbart hätten, infolge dessen diese den streitgegenständlichen Fällen im Internet im Rahmen eines Netzwerks für eine Vielzahl von Teilnehmern zum Download bereit halten durfte.
Für den Schadensersatzanspruch entspricht es unter Anwendung dieser Grundsätze der Rechtsprechung der Kammer, als Anhaltspunkt für die Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO auf die Beträge abzustellen, die für vergleichbare Nutzungsarten vereinbart werden. Der Kammer ist aus einer Reihe von Fällen gerichtsbekannt, dass bereits für die zeitlich und räumlich beschränkte Lizenz zum Anbieten einer Single im Internet Lizenzgebühren im vierstelligen Euro-Bereich vereinbart werden. Auch aus diesem Grund setzt die Kammer in ständiger Rechtsprechung für das Angebot von Musikaufnahmen über Filesharingnetzwerke im Internet für den Regelfall jeweils 200,00 EUR pro Musiktitel als angemessenen Schadensersatz an. Dies entspricht der obergerichtlichen (vgl. etwa OLG Köln, Urteil vom 6. Februar 2015 – 6 U 209/13; OLG Hamburg, Urteil vom 5. November 2013 – 5 U 222/10; OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Juli 2014 – 11 U 115/13; Urteil vom 16. Dezember 2014 – 11 U/14) und auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteile vom 11. Juni 2015 zu I ZR 7/14, I ZR 19/14 und I ZR 75/14 – Tauschbörse I-III; Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch).
Vor diesem Hintergrund hält die Kammer ebenfalls in ständiger Rechtsprechung Schadensersatzverlangen im Bereich von 400,00 EUR bis 600,00 EUR für das rechtswidrige Download-Angebot im Internet im Rahmen eines Filesharingnetzwerks für einen kompletten Film für angemessen. Im Hinblick darauf, dass die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen im Rahmen der aktuellen Verwertungsphase, kurz nach Erstveröffentlichung des streitgegenständlichen Films erfolgten und damit in besonderem Maße geeignet waren, die der Klägerin gleichfalls zustehenden ausschließlichen Vertriebsrechte zu beeinträchtigen, erachtet die Kammer vorliegend einen Schadensersatzanspruch von 600,00 EUR für angemessen.
2. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung vom 4. Juli 2013 ist gemäß § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. in der geltend gemachten Höhe von 506 EUR begründet.
Der Anspruch der Klägerin ist gemäß § 97 a UrhG a.F. in der bis 8. Oktober 2013 geltenden Fassung zu beurteilen. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 272/14 – Die Päpstin).
Die Abmahnung des Beklagten vom 4. Juli 2013 war berechtigt, da der Klägerin aus den vorstehenden Gründen gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 97 Abs. 1, 94 Abs. 1 S. 1 UrhG wegen der unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Films zustand; die durch die vorangegangene Rechtsverletzung indizierte Wiederholungsgefahr war erst durch die Unterlassungserklärung des Beklagten vom 22. Juli 2013 beseitigt worden.
Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist nicht gemäß § 97 a Abs. 2 UrhG a.F. auf 100,00 EUR beschränkt. Bei der Ermittlung der Rechtsverletzung in so genannten Filesharing Netzwerken wie im vorliegenden Fall und der Durchsetzung der daraus folgenden Ansprüche handelt es sich nicht um einen einfach gelagerten Fall im Sinne von § 97 a UrhG in der bis 8. Oktober 2013 geltenden Fassung (ständige Rechtsprechung der Kammer; bestätigend schon OLG Köln, Beschluss vom 13. September 2013 – 6 W 152/13; höchstrichterlich bestätigt durch BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 1/15 – Tannöd). Die zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren bemessen sich aus diesem Grund nach dem vollen Gegenstandswert der Abmahnung.
Bei der öffentlichen Zugänglichmachung eines aktuellen, durchschnittlich erfolgreichen Films im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse ist von einem Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch von nicht unter 10.000,00 EUR auszugehen (vergleiche BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 272/14 – Die Päpstin). Die Rechtsanwaltsgebühren bestimmen sich danach grundsätzlich anhand einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR, zuzüglich einer Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7300 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR. Die Klägerin macht lediglich eine 1,0 Geschäftsgebühr geltend, welche nach Anlage 2 a.F. zu § 13 Abs. 1 RVG 506,00 EUR betrug.
3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 S. 2, 291, 247 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht §§ 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.
IV.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt. Die Kammer weicht mit dieser Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab, noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung oder ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 906,00 EUR festgesetzt.