Das Landgericht Köln hat entschieden, dass der Käufer einen Schadensersatzanspruch von 6.300 Euro gegen die Verkäuferin hat, da diese den Kaufvertrag nicht erfüllt und eine Anfechtung erst verspätet erklärt hat. Die Verkäuferin wird zur Zahlung des Schadensersatzes sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung vertraglicher Verpflichtungen in Online-Kaufverträgen.
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Übersicht
- 1 ✔ Kurz und knapp
- 2 eBay-Kaufvertrag: Schadensersatz wegen Nichterfüllung?
- 3 ✔ Der Fall vor dem Landgericht Köln
- 4 ✔ Die Schlüsselerkenntnis in diesem Fall
- 5 ✔ FAQ – Häufige Fragen: Schadensersatz bei eBay-Kaufvertrag
- 5.1 Was sind die grundlegenden Pflichten von Käufer und Verkäufer in einem Online-Kaufvertrag?
- 5.2 Wie wird ein Kaufvertrag online rechtlich bindend?
- 5.3 Welche rechtlichen Schritte kann man ergreifen, wenn ein Verkäufer einen Online-Kaufvertrag nicht erfüllt?
- 5.4 Was versteht man unter einem Erklärungsirrtum und wie beeinflusst dieser Kaufverträge?
- 6 § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- 7 ⬇ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Köln
✔ Kurz und knapp
- Ein bei eBay von der Verkäuferin eingestellter Preis ist verbindlich, auch wenn offensichtlich ein Irrtum vorlag.
- Eine Anfechtung des Vertrags durch die Verkäuferin wegen Erklärungsirrtums scheiterte mangels Fristwahrung.
- Durch die Nichteinhaltung des Kaufvertrags schuldet die Verkäuferin dem Käufer Schadensersatz in Höhe des entgangenen Vorteils.
- Dazu gehört die Differenz zwischen tatsächlichem Wert des Produkts und dem günstig angesetzten Kaufpreis.
- Auch vorgerichtliche Anwaltskosten für die Rechtsverfolgung fallen als Schadensersatz an.
- Unterlassenes zügiges Handeln führt zum Fristversäumnis für die Vertragskündigung wegen Irrtums.
- Ein Nachholen von Gründen ist unzulässig, wenn dies einen anderen Lebenssachverhalt darstellt.
eBay-Kaufvertrag: Schadensersatz wegen Nichterfüllung?
Wenn Käufer und Verkäufer im Internet aufeinandertreffen, können Missverständnisse schnell zu rechtlichen Problemen führen. Besonders im Bereich der Online-Auktionsplattformen wie eBay ist es wichtig, dass beide Seiten ihre Rechte und Pflichten kennen.
Kaufverträge, die über solche Plattformen abgeschlossen werden, unterliegen den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Das bedeutet, dass der Verkäufer zur Lieferung der Ware verpflichtet ist, während der Käufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen hat. Kommt eine Seite ihrer Verpflichtung nicht nach, kann dies Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.
Wie genau solche Fälle gerichtlich beurteilt werden, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Folgenden wird ein konkreter Fall analysiert, in dem es um einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung eines eBay-Kaufvertrages ging.
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✔ Der Fall vor dem Landgericht Köln
Schadensersatzforderung nach Kaufabbruch auf eBay
Der vorliegende Rechtsfall dreht sich um eine Schadensersatzforderung aufgrund eines nicht erfüllten Kaufvertrags auf der Online-Plattform eBay. Der Kläger erwarb über die Sofortkauf-Option ein Sofa für 700 Euro, das einen Marktwert von 7.000 Euro besitzt. Nach der Transaktion erklärte die in den USA wohnhafte Verkäuferin, dass ein Fehler vorliege und das Sofa nicht mehr verfügbar sei. Der Kläger pochte auf die Erfüllung des Kaufvertrags oder Schadensersatz, da seiner Meinung nach ein gültiger Vertrag zustande gekommen sei. Die Verkäuferin berief sich darauf, dass sie sich beim Preis vertippt habe und das Sofa eigentlich für 7.000 Euro anbieten wollte, was als möglicher Erklärungsirrtum in Betracht gezogen wird.
Gerichtliche Klärung des Sachverhalts
Das Landgericht Köln entschied, dass der Kläger einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 6.300 Euro hat. Das Gericht stellte fest, dass ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen war und die Verkäuferin diesen nicht erfüllt hatte. Eine Anfechtung der Willenserklärung der Verkäuferin wurde als nicht rechtzeitig und somit unwirksam angesehen. Dabei war relevant, dass die Verkäuferin die Preisangabe und den angeblichen Wohnsitz in den USA als Gründe für die Vertragsanfechtung anführte, jedoch die rechtlichen Voraussetzungen einer Anfechtung nicht erfüllte.
Juristische Bewertung und Entscheidungsfindung
Die gerichtliche Entscheidung basierte auf einer detaillierten Bewertung der Pflichtverletzung durch die Verkäuferin sowie der fehlenden Grundlage für eine wirksame Anfechtung. Das Gericht wies darauf hin, dass ein Erklärungsirrtum unter Umständen eine Anfechtung rechtfertigen kann, allerdings die Anfechtung innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen muss. In diesem Fall wurde die Anfechtung als verspätet angesehen, da sie nicht unverzüglich nach Erkennen des Irrtums erklärt wurde. Des Weiteren wurde betont, dass der Wohnsitz der Verkäuferin in den USA keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des deutschen Kaufvertrags habe.
Rechtsfolgen und gerichtliche Anordnungen
Als Rechtsfolge wurde die Verkäuferin zur Zahlung des Schadensersatzes sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Das Gericht legte dar, dass der Kläger durch die Nichterfüllung des Vertrags einen finanziellen Verlust erlitten hatte, da er das Sofa unter Marktwert erworben hatte. Zudem wurden Zinsen auf den Schadensersatzbetrag festgesetzt und die Verkäuferin zur Übernahme der Prozesskosten verpflichtet. Dies unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung vertraglicher Verpflichtungen und der korrekten Handhabung von Anfechtungen in rechtlichen Auseinandersetzungen.
✔ Die Schlüsselerkenntnis in diesem Fall
In diesem Fall hat das Landgericht Köln entschieden, dass ein wirksamer Kaufvertrag über eBay zustande gekommen ist und die spätere Anfechtung der Verkäuferin aufgrund von Fristversäumnis unwirksam war. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der unverzüglichen Erklärung einer Anfechtung, sobald der Anfechtungsgrund bekannt ist. Verkäufer müssen sich bewusst sein, dass ein Vertragsschluss im Internet rechtlich genauso bindend ist wie ein Vertrag im Offline-Handel.
✔ FAQ – Häufige Fragen: Schadensersatz bei eBay-Kaufvertrag
Was sind die grundlegenden Pflichten von Käufer und Verkäufer in einem Online-Kaufvertrag?
Die grundlegenden Pflichten von Käufer und Verkäufer in einem Online-Kaufvertrag im deutschen Recht orientieren sich an den allgemeinen Regelungen des Kaufvertragsrechts, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegt sind. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer die Ware zu übergeben und das Eigentum daran zu verschaffen. Dies beinhaltet, dass die Ware frei von Sach- und Rechtsmängeln sein muss. Das bedeutet, die Ware muss die vereinbarte Beschaffenheit aufweisen und darf keine Mängel haben, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Zudem muss der Verkäufer dafür sorgen, dass die Ware dem Käufer tatsächlich zugeht. Bei Online-Käufen ist dies besonders relevant, da die Ware in der Regel versendet wird und der Verkäufer bis zur Übergabe an den Käufer für den Transport verantwortlich ist.
Der Käufer wiederum ist verpflichtet, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen. Die Zahlungspflicht umfasst, dass der Käufer den vollständigen Kaufpreis fristgerecht an den Verkäufer entrichtet. Die Abnahmepflicht bedeutet, dass der Käufer die Ware entgegennehmen muss, wenn sie ihm gemäß den Vertragsbedingungen zur Verfügung gestellt wird.
Bei Online-Käufen haben Käufer in der EU und somit auch in Deutschland zudem ein Widerrufsrecht, das es ihnen ermöglicht, innerhalb einer bestimmten Frist, in der Regel 14 Tage, vom Kaufvertrag zurückzutreten, ohne dafür Gründe angeben zu müssen. Dieses Recht soll den Käufer schützen, da er die Ware vor dem Kauf nicht physisch begutachten kann. Der Verkäufer muss den Käufer über das Widerrufsrecht informieren und ihm die entsprechenden Informationen zur Ausübung dieses Rechts zur Verfügung stellen.
Zusammengefasst sind die grundlegenden Pflichten in einem Online-Kaufvertrag die Lieferung einer mangelfreien Sache durch den Verkäufer und die Zahlung des Kaufpreises sowie die Abnahme der Ware durch den Käufer. Hinzu kommt das Widerrufsrecht des Käufers, das eine Besonderheit des Online-Handels darstellt.
Wie wird ein Kaufvertrag online rechtlich bindend?
Ein Kaufvertrag auf Plattformen wie eBay wird rechtlich bindend, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Das Angebot des Verkäufers
Wer als Verkäufer einen Artikel bei eBay einstellt, gibt damit ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages über diesen Artikel ab.
Die Annahme des Angebots durch den Käufer
Der Käufer nimmt dieses Angebot an, indem er bei einer Online-Auktion ein Gebot für den Artikel abgibt. Mit dem Gebot erklärt er die Annahme des Angebots unter der Bedingung, dass er bei Auktionsende der Höchstbietende ist. Bei Sofort-Kaufen-Angeboten kommt der Vertrag durch Anklicken der „Sofort-Kaufen“-Schaltfläche und anschließender Bestätigung zustande.
Vertragsschluss bei Auktionsende
Bei Ablauf der Auktionsdauer kommt zwischen dem Verkäufer und dem Höchstbietenden ein rechtlich bindender Kaufvertrag zustande. Beide Parteien sind nun an den Vertrag gebunden.
Pflichten aus dem Kaufvertrag
Aus dem Kaufvertrag ergeben sich die Pflichten des Verkäufers, dem Käufer die Ware zu übergeben und das Eigentum daran zu verschaffen. Der Käufer ist verpflichtet, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die Ware abzunehmen.
Zusammengefasst wird ein Kaufvertrag auf eBay rechtlich bindend, wenn der Verkäufer ein Angebot abgibt, der Käufer dieses durch Gebot oder Sofort-Kauf annimmt und bei Auktionsende zwischen Höchstbietendem und Verkäufer der Vertrag mit den genannten Pflichten für beide Seiten zustande kommt.
Welche rechtlichen Schritte kann man ergreifen, wenn ein Verkäufer einen Online-Kaufvertrag nicht erfüllt?
Wenn ein Verkäufer einen Online-Kaufvertrag nicht erfüllt, stehen dem Käufer verschiedene rechtliche Schritte zur Verfügung, um seine Ansprüche durchzusetzen. Diese Maßnahmen können sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich sein.
Außergerichtliche Maßnahmen
- Kontaktaufnahme mit dem Verkäufer: Der erste Schritt sollte immer sein, den Verkäufer direkt zu kontaktieren und auf die Nichterfüllung hinzuweisen. Oft können Missverständnisse oder Verzögerungen ohne weitere rechtliche Schritte geklärt werden.
- Einschaltung einer Schlichtungsstelle: Wenn direkte Kommunikation nicht zum Erfolg führt, kann eine Schlichtungsstelle helfen. In der EU gibt es die Online-Streitbeilegungsplattform (OS-Plattform), die speziell für Online-Kaufverträge eingerichtet wurde, um Verbrauchern und Händlern bei der außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zu assistieren.
Gerichtliche Maßnahmen
- Mahnverfahren: Ist der Kaufpreis gezahlt, aber die Ware nicht geliefert, kann ein Mahnverfahren eingeleitet werden. Dies ist ein relativ einfacher und kostengünstiger Weg, um einen vollstreckbaren Titel gegen den Verkäufer zu erwirken.
- Klage auf Erfüllung oder Schadensersatz: Wenn der Verkäufer die Lieferung verweigert, kann der Käufer Klage auf Erfüllung des Vertrages erheben. Alternativ kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung gefordert werden, wenn dem Käufer durch die Nichterfüllung ein Schaden entstanden ist.
- Rücktritt vom Vertrag: Unter bestimmten Umständen kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verkäufer auch nach einer angemessenen Nachfrist die Leistung nicht erbringt.
Besonderheiten bei Online-Käufen
Bei Online-Käufen hat der Käufer zusätzlich das gesetzliche Widerrufsrecht von 14 Tagen, innerhalb dessen er den Vertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen kann. Dies gilt allerdings nur, wenn der Verkäufer ein Unternehmer und der Käufer ein Verbraucher ist. Der Widerruf muss klar und eindeutig gegenüber dem Verkäufer erklärt werden, woraufhin der Verkäufer den bereits gezahlten Kaufpreis zurückerstatten muss.
Käufer, die mit der Nichterfüllung eines Online-Kaufvertrags konfrontiert sind, haben mehrere Optionen, um ihre Rechte durchzusetzen. Die Wahl der Maßnahme hängt von der spezifischen Situation ab, wobei außergerichtliche Lösungen oft weniger zeitaufwendig und kostengünstiger sind. Bei komplexeren Fällen oder wenn außergerichtliche Maßnahmen scheitern, stehen gerichtliche Schritte zur Verfügung.
Was versteht man unter einem Erklärungsirrtum und wie beeinflusst dieser Kaufverträge?
Ein Erklärungsirrtum liegt vor, wenn eine Person bei der Abgabe einer Willenserklärung, also bei einem rechtsgeschäftlichen Akt wie dem Abschluss eines Kaufvertrags, eine Erklärung abgibt, die sie in dieser Form gar nicht abgeben wollte. Dies kann durch Versprechen, Verschreiben, Vertippen oder ähnliche Fehler geschehen. Der Erklärende sagt also nicht das, was er sagen möchte, und es kommt zu einem unbewussten Auseinanderfallen von dem, was äußerlich erklärt wurde, und dem, was innerlich gewollt war.
Im Kontext von Kaufverträgen, insbesondere bei Online-Plattformen wie eBay, kann ein Erklärungsirrtum beispielsweise dann vorliegen, wenn der Verkäufer beim Einstellen des Verkaufspreises einen Tippfehler macht und dadurch einen Artikel zu einem viel niedrigeren Preis anbietet, als beabsichtigt. Ein weiteres Beispiel wäre, wenn durch einen Fehler in der Software eines Online-Shops falsche Preise angezeigt werden und auf dieser Grundlage Kaufverträge abgeschlossen werden.
Rechtlich gesehen, ermöglicht § 119 Abs. 1 BGB dem Irrenden, seine Willenserklärung anzufechten, wenn er bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles die Erklärung nicht abgegeben hätte. Die Anfechtung muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nach Erkennen des Irrtums erfolgen (§ 121 BGB). Wird die Anfechtung erfolgreich durchgeführt, ist die Willenserklärung von Anfang an (ex tunc) nichtig. Das bedeutet, der Kaufvertrag, der aufgrund des Erklärungsirrtums zustande gekommen ist, wird rückwirkend aufgelöst.
Für den Fall, dass ein Verkäufer auf eBay einen Kaufvertrag aufgrund eines Erklärungsirrtums anficht, kann dies zu Schadensersatzansprüchen des Käufers führen, wenn der Käufer auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut hat. Der Verkäufer muss dann gemäß § 122 BGB den Vertrauensschaden ersetzen, also den Schaden, der dem Käufer dadurch entstanden ist, dass er auf die Gültigkeit der Willenserklärung vertraut hat. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Käufer aufgrund des vermeintlich günstigen Kaufs auf den Erwerb eines alternativen Produkts verzichtet hat und nun einen höheren Preis zahlen muss.
Zusammengefasst ist der Erklärungsirrtum ein Irrtum bei der Abgabe einer Willenserklärung, der dazu führen kann, dass die betroffene Erklärung angefochten und der darauf basierende Kaufvertrag rückwirkend aufgelöst wird. Im Online-Handel kann dies insbesondere bei Preisangaben relevant werden, wobei der Verkäufer unter Umständen Schadensersatz leisten muss, wenn der Käufer durch den Irrtum einen Schaden erlitten hat.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 433 BGB (Kaufvertrag): Dieser Paragraph regelt die Verpflichtungen von Käufer und Verkäufer im Rahmen eines Kaufvertrags. Der Verkäufer ist verpflichtet, die Ware zu übergeben und das Eigentum daran zu verschaffen, während der Käufer zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet ist. Im vorliegenden Fall bildet dieser Paragraph die Grundlage für den Kaufvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten über das Sofa.
- § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Dieser Paragraph sieht vor, dass ein Schadensersatzanspruch entsteht, wenn eine vertragliche Pflicht verletzt wird. Im Kontext des Falls wird er relevant, da die Beklagte das Sofa trotz des bestehenden Kaufvertrags nicht lieferte und damit ihre vertragliche Pflicht verletzte.
- § 281 BGB (Schadensersatz statt der Leistung): Dieser Paragraph kommt zum Tragen, wenn der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt und ihm erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt wurde. Da die Beklagte das Sofa nicht lieferte, konnte der Kläger unter diesen Voraussetzungen Schadensersatz statt der Leistung verlangen.
- § 119 BGB (Anfechtung wegen Irrtums): Erlaubt die Anfechtung einer Willenserklärung bei Vorliegen eines Inhalts- oder Erklärungsirrtums. Die Beklagte versuchte, den Kaufvertrag unter Berufung auf einen angeblichen Erklärungsirrtum (falscher Preis) anzufechten. Dies ist zentral für den Fall, da das Gericht die Wirksamkeit der Anfechtung zu prüfen hatte.
- § 286 BGB (Verzugsschaden): Dieser Paragraph regelt die Schadenersatzpflicht bei Verzug. Der Kläger hat einen Anspruch auf Verzugszinsen geltend gemacht, da die Beklagte die Zahlung des Schadensersatzes nicht rechtzeitig leistete. Dies unterstreicht die finanziellen Konsequenzen, die sich aus der Verzögerung der Zahlung ergeben.
⬇ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Köln
LG Köln – Az.: 37 O 220/22 – Urteil vom 25.08.2023
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.300,- EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.07.2022 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 368,78 EUR zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadenersatzansprüche nach einem nicht erfüllten O.-Kaufvertrag geltend.
Die Beklagte bot auf der Internet-Plattform „O.“ ein Sofa „D., G. 7, Ausführung „schimmervelours“ als Sofortkauf-Option zu einem Preis von 700,- EUR an. Das Sofa hatte tatsächlich einen Wert von 7.000,- EUR.
Der Kläger nutzte am 17.04.2022 die Sofortkauf-Funktion bei O., um das Sofa zu erwerben und bezahlte den Preis noch am selben Tag mittels des Zahlungsdienstes „Paypal“.
Noch am selben Tag teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ein Fehler vorläge und er sein Geld zurückbekäme. Am 18.04.2022 antwortete der Kläger der Beklagten, dass ein rechtsverbindlicher Kaufvertrag vorliegen würde und bat um Mitteilung eines Terminvorschlages zur Abholung des Sofas. Darauf teilte die Beklagte ihm mit, dass sie in den USA und nicht in Deutschland leben würde und dies das Problem sei.
Am gleichen Tag teilte O. dem Kläger mit, dass die Beklagte den Kauf mit dem Grund „Ich habe den Artikel nicht mehr vorrätig oder er ist beschädigt.“ abgebrochen habe. Der bereits gezahlte Kaufpreis von 700,- EUR wurde dem Kläger daraufhin erstattet.
Der Kläger wies die Beklagte mit weiterer Email vom 18.04.2022 nochmals darauf hin, dass ein rechtsverbindlicher Kaufvertrag vorliegen würde und forderte erneut zur Übergabe des Sofas auf, hilfsweise Schadensersatz wegen Kaufabbruchs zu leisten sei. Mit Email vom 02.05.2022 setzte der Kläger eine letzte Frist zur Abholung des Sofas.
Nach Verstreichen dieser Frist erklärte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 21.06.2022 (K6, Bl. 13) den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte Schadensersatz in Höhe von 6.300,- EUR unter Fristsetzung zum 05.07.2022.
Die Beklagte wies den Anspruch durch anwaltliches Schreiben vom 04.07.2022 (K7, Bl. 15) zurück und erklärte, dass bei der Angabe des Preises ein Fehler unterlaufen sei, da sie sich vertippt habe und das Sofa zum Preis von 7.000,- EUR habe anbieten wollen.
Der Kläger ist der Ansicht, dass zwischen den Parteien ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen worden sei und die Beklagte zu Unrecht nicht geleistet habe. Eine wirksame Anfechtung würde nicht vorliegen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.300,- EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.07.2022 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 368,78 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass sie den Kaufvertrag wirksam aufgrund eines Erklärungsirrtums angefochten habe, da sie sich bei der Eingabe des Preises vertippt habe und das Sofa eigentlich zum tatsächlichen Wert in Höhe von 7.000,- EUR habe anbieten wollen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
1)
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 6.300,- EUR gemäß §§ 433 Abs. 1, 280, 281 BGB.
a)
Die Parteien haben am 17.04.2022 einen Kaufvertrag gemäß §§ 433, 145, 147 BGB geschlossen. Der Kläger als Käufer hat das Angebot der Beklagten als Verkäuferin zum Abschluss eines Kaufvertrages über das Sofa „D., G. 7, Ausführung schimmervelours“ auf der Plattform „O.“ durch Anklicken des „Sofortkauf“-Schaltfeldes und Bestätigung des Vorganges angenommen.
b)
Die Beklagte hat ihre Willenserklärung zum Abschluss des Kaufvertrages im Anschluss auch nicht wirksam gemäß §§ 119, 142 BGB angefochten. Die Anfechtung einer Willenserklärung ist nur wirksam, wenn der Anfechtende einen Anfechtungsgrund geltend machen kann und die Anfechtung innerhalb der jeweiligen Frist erklärt.
Es kann dahinstehen, ob überhaupt ein Anfechtungsgrund vorliegt. Sie erklärte dem Kläger zunächst nur, dass ein Fehler vorliegen würde, ohne diesen überhaupt darzulegen. Auf Nachfrage gab sie dann an, dass sie in den USA leben würde und dies das Problem sei. Unabhängig davon, dass es sich dabei angesichts der im Rubrum enthaltenen Anschrift offensichtlich um eine Lüge handelte, stellt der Aufenthaltsort für sich genommen ohnehin keinen Anfechtungsgrund gemäß § 119 BGB dar. Der sodann gegenüber O. zum Angebotsabbruch angegebene Grund „Ich habe den Artikel nicht mehr vorrätig oder er ist beschädigt.“ stellt ebenfalls keinen Anfechtungsgrund dar, da insoweit bereits ein Irrtum nicht ersichtlich ist.
Soweit sich die Beklagte schließlich mit anwaltlichem Schreiben vom 04.07.2022 darauf berief, dass ihr ein Fehler unterlaufen sei, da sie versehentlich einen falschen Preis eingestellt habe, könnte dies zwar grundsätzlich einen Erklärungsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB darstellen. Nach § 119 Abs. 1 Var. 2 BGB kann, wer bei der Abgabe einer Willenserklärung eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falls nicht abgegeben haben würde. Die Beklagte behauptet insoweit, dass sie das Sofa zu einem Preis von 7.000,- EUR und nicht für 700,- EUR habe verkaufen wollen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Sofa – unstreitig – einen Wert von 7.000,- EUR hat, könnte auch anzunehmen sein, dass die Beklagte das Angebot nicht eingestellt hätte, wenn sie erkannt hätte, dass sie eine Zahl falsch eingegeben habe.
Letztlich kann es jedoch dahinstehen, ob die Beklagte einem Erklärungsirrtum unterlegen ist. Die Beklagte hat zwar eine Anfechtungserklärung gegenüber dem Kläger gemäß § 143 BGB abgegeben. Diese erfolgte jedoch nicht mehr innerhalb der Anfechtungsfrist gemäß § 121 Abs. 1 S. 1 BGB und ist mithin verspätet. Insoweit ist nicht die Erklärung der Beklagten vom 17.04.2022 maßgeblich, sondern erst das anwaltliche Schreiben vom 04.07.2022. Die Mitteilung der Beklagten vom 17.04.2022 könnte war als Anfechtungserklärung ausgelegt werden. Jedoch hat sich die Beklagte dabei auf den unbeachtlichen Anfechtungsgrund, dass sie in den USA leben würde, berufen. Erst mit anwaltlichem Schreiben vom 04.07.2022 berief sie sich darauf, dass sie sich bei der Eingabe des Preises geirrt habe. Das Nachschieben von Tatsachen, die einen Anfechtungsgrund begründen, ist zwar grundsätzlich möglich. Wenn jedoch die nachträglichen Tatsachen einen anderen Lebenssachverhalt darstellen, stellt dies eine neue Anfechtungserklärung dar (vgl. BGH NJW-RR 1993, 948; Wendtland in BeckOK BGB, 66. Edition, § 143 Rn. 6). So liegt der Fall hier. Die Behauptung der Beklagten, nicht liefern zu können, weil sie in den USA lebe, stellt einen gänzlich anderen Lebenssachverhalt dar, als die Tatsache, dass sie sich bei der Eingabe des Preises vertan habe. Diese Anfechtungserklärung war jedoch verspätet. Für die Rechtzeitigkeit der Anfechtungserklärung ist alleine auf diese zweite Anfechtungserklärung abzustellen. Die Anfechtung muss allerdings gemäß § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern erklärt werden. Diese Frist beginnt mit Kenntniserlangung über den Anfechtungsgrund und beträgt maximal zwei Wochen (vgl. Wendtland in BeckOK BGB, 66. Edition, § 121, Rn. 7.1). Die Beklagte hat noch am 17.04.2022 festgestellt, dass sie sich bei Eingabe des Preises vertan hat. Die Anfechtungserklärung erfolgte jedoch erst am 04.07.2022, also mehr als zweieinhalb Monate später, mithin verspätet.
c)
Die Beklagte hat eine Pflichtverletzung gemäß § 281 BGB begangen, da sie ihre Leistung nicht oder nicht wie geschuldet leistet, in dem sie das nach dem Kaufvertrag geschuldete Sofa nicht geliefert hat mit dem Kläger keinen Abholungstermin vereinbart.
Der Kläger hat der Beklagten auch mehrfach erfolglos eine Frist gemäß § 281 Abs. 1 BGB gesetzt und sie zur Leistung aufgefordert, zuletzt mit Mail vom 02.05.2022.
Das Verschulden der Beklagten wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Die Beklagte hat sich nicht exkulpiert.
Als Rechtsfolge hat die Beklagte dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Nichtleistung entstanden ist, wobei der Kläger so zu stellen ist, wie er bei ordnungsgemäßer Leistung stehen würde. Bei ordnungsgemäßer Leistung hätte er jedoch ein Sofa im Wert von 7.000,- EUR erhalten, so dass die Differenz zwischen dem Wert des Sofas und dem von ihm zu zahlenden Kaufpreis von 700,- EUR, mithin ein Betrag in Höhe von 6.300,- EUR den entstandenen Schaden darstellt.
2)
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB, da der Kläger der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 21.06.2022 ein Frist bis zum 05.07.2022 gesetzt hatte.
3)
Der Kläger hat gegen die Beklagte auch einen Schadenersatzanspruch gemäß §§ 280, 286 BGB bezüglich seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 368,78 EUR.
Bei Einschaltung seines jetzigen Prozessbevollmächtigten befand sich die Beklagte aufgrund der Fristsetzung mit Mail vom 02.05.2022 in Verzug.
4)
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
Streitwert: 6.300,- EUR