Skip to content

Schadensersatz wegen unberechtigter Nutzung einer Fotografie in Onlineshop

AG Köln – Az.: 148 C 333/21 – Urteil vom 12.09.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grundlage dieses Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit leistet in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen der unberechtigten Nutzung einer Fotografie, die eine Flasche „C-B“ zeigt (s. Anlage K1 = Bl. 62 GA; im Folgenden: Werk).

Der Kläger betreibt den Onlineshop „www.A.de“. Für diesen fertigte er im Frühjahr 2011 mehrere Fotos zur Bewerbung seiner Produkte, darunter auch das streitgegenständliche Werk.

Die Beklagte betreibt in K. in der Schweiz einen Getränkehandel und unterhält die Webseite https://www.r.ch/de/. Auf dieser stellte sie spätestens am 10.03.2019 das streitgegenständliche Werk ein, ohne die Einwilligung des Klägers eingeholt zu haben. Nachdem der Kläger hiervon erfuhr, ließ er die Beklagte unter dem 13.03.2019 anwaltlich abmahnen und forderte neben einer Unterlassungserklärung ferner Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten (s. Anlage K4 = Bl. 66 ff. GA). Die Beklagte gab daraufhin die begehrte Unterlassungserklärung ab, ließ aber die übrigen Forderungen anwaltlich zurückweisen (s. Anlage K5 = Bl. 71 f. GA).

Schadensersatz wegen unberechtigter Nutzung einer Fotografie in Onlineshop
(Symbolfoto: Rawpixel.com/Shutterstock.com)

Der Kläger ist der Ansicht, dass deutsches Urheberrecht anwendbar sei und führt hierzu aus, dass die Webseite der Beklagten in deutscher Sprache verfasst und damit an das gesamte deutschsprachige Publikum adressiert sei. Die Leistungen der Beklagten seien auch nicht auf das Gebiet der Schweiz beschränkt, da die AGB der Beklagten (vgl. Anlage A5 = Bl. 116 GA) keine territoriale Einschränkung enthielten, sodass auch aus Deutschland Bestellungen abgegeben werden könnten. Dem stehe weder das unterschiedliche Preisniveau der beiden Länder noch die Nutzung einer schweizerischen Toplevel-Domain entgegen. Auch sei das Unternehmen der Beklagten nicht weit von der deutschen Grenze entfernt. Es sei daher nicht auszuschließen, dass deutsche Nutzer die Webseite der Beklagten aufsuchen und sei es nur zu Vergleichszwecken oder Ähnlichem. Damit bestünde die Gefahr insbesondere einer weiteren unberechtigten Nutzung des Werkes durch Dritte. Nur der von der Beklagten angebotene Gastronomieservice sei auf die Schweiz beschränkt. Durch die unbefugte Verwendung des streitgegenständlichen Werks sei zudem ein Schaden im Inland entstanden, da er hierdurch berechtigte Honorarforderungen verloren habe. Ferner wohne er selbst in Deutschland und habe das streitgegenständliche Werk auf seiner deutschen Webseite verwendet. Ein hinreichender Inlandsbezug liege nach allem vor, wobei ein wirtschaftlicher Inlandsbezug seiner Ansicht nach bereits nicht erforderlich sei. Seien die nationalen Gerichte zuständig, sei es nur folgerichtig, wenn auch das nationale materielle Recht anwendbar sei.

Ferner meint der Kläger, dass das streitgegenständliche Werk Urheberrechtsschutz nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 72 UrhG genieße.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 212,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. März 2019 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 571,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. März 2019 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die deutschen Gerichte unzuständig seien, da bereits kein Schaden in Deutschland entstanden sei. Die bloße Abrufbarkeit der Webseite aus Deutschland genüge nicht, vielmehr müsse ihrer Ansicht nach ein besonderer Inlandsbezug hinzutreten. Daran fehle es vorliegend. Hierzu führt sie aus, sie bewerbe ihre Produkte nicht für deutsche Kunden und es sei auch nicht zu erwarten, dass deutsche Konsumenten 1 ½ Stunden Fahrtzeit auf sich nähmen, um in ihrem Getränkemarkt einen nicht exklusiven Bedarf des täglichen Lebens zu decken. Das Preisniveau der Schweiz sei deutlich höher, auch biete sie ihre Produkte ausschließlich in Schweizer Franken an, wobei die schweizerische Umsatzsteuer von 2,5 % zu entrichten sei. Eine Flasche des abgebildeten Produkts koste in Deutschland 5,49 EUR bis 8,99 EUR, sie selbst biete diese unverändert zu einem Abholpreis von 16,15 CHF an, was derzeit 16,34 EUR entspreche. Ein umsatzsteuerfreier Einkauf aus dem Ausland sei nicht vorgesehen. Mit keinem ihrer Geschäftszweige biete sie Waren für Kunden aus Deutschland an. In ihren AGB sei eine räumliche Beschränkung nicht enthalten, aber auch faktisch entbehrlich, da sie nur über einen beschränkten „Lieferrayon“ (hierzu vgl. Anlage A6 = Bl. 115 GA) verfüge. Lieferungen erfolgten daher nur innerhalb der Schweiz. Ihre AGB bezögen sich nur auf Bestellungen und Lieferungen, nicht auf sonstige Leistungen. Für ihren Festservice müsse sie keinen „Lieferrayon“ anbieten, da Kunden für diesen zunächst eine Offerte abgeben müssten. Offerten aus Deutschland nähme sie nicht an, schon wegen der Zollgrenze und des aufwändigen Prozedere. Bei der Bestellung könne nur die Schweiz ausgewählt werden, ihre Telefonnummer sei im alten schweizerischen Format ohne „+41“ angegeben und beim Ort werde das Land nicht erwähnt. Zudem nutze sie eine ch-Domain.

Da § 19a UrhG in der Schweiz nicht gelte und einfache Lichtbilder dort erst seit dem 01.04.2020 urheberrechtlich geschützt seien, fehle es ihrer Meinung nach ebenso an einer Verletzungshandlung oder einem Verletzungserfolg in der Schweiz. Aber auch nach deutschem Recht sei das streitgegenständliche Werk nicht urheberrechtlich geschützt, weil es ihm an einem individuellen Charakter im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG fehle. Nach allem sei die Abmahnung unberechtigt erfolgt, sodass die Kosten derselben ebenso wenig zu erstatten seien.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.

I.

Die Klage ist zulässig.

Die internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts Köln ergibt sich aus § 32 ZPO. Besitzt die beklagte Partei – wie hier – keinen Wohnsitz respektive Niederlassung im Unionsgebiet, ist Art. 7 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel Ia-VO) unanwendbar. Das hat zur Folge, dass sich die internationale Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedsstaaten gemäß Art. 6 Abs. 1 Brüssel Ia-VO nach dem jeweiligen nationalen Recht bestimmt. Damit ist vorliegend § 32 ZPO anwendbar, da die §§ 12 ff. ZPO neben der örtlichen auch die internationale Entscheidungszuständigkeit kodifizieren (s. BeckOK ZPO/Thode, 45. Ed. 1.7.2022, Brüssel Ia-VO Art. 6 Rn. 1).

Nach dieser Vorschrift ist für Ansprüche aus einer (behaupteten) unerlaubten Handlung (hier: Urheberrechtsverletzung), dasjenige Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Unter diesem Begehungsort ist dabei neben dem Handlungs- auch der Erfolgsort zu verstehen als demjenigen Ort, an dem der Verletzungserfolg eingetreten ist. Wurde eine behauptete Urheberrechtsverletzung – wie hier – durch öffentliches Zugänglichmachen eines urheberrechtlich geschützten Werks über eine Internetseite begangen, ist dieser Erfolgsort dann im deutschen Inland belegen, wenn die geltend gemachten Rechte im Inland geschützt sind und die Internetseite (auch) im Inland öffentlich zugänglich ist. Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Internetseite bestimmungsgemäß (auch) in der Bundesrepublik Deutschland abgerufen werden kann (s. BGH, Urteil vom 21.04.2016 – I ZR 43/14 – An evening with Marlene Dietrich, Rn. 18 = GRUR 2016, 1048, beck-online).

Dies zugrunde legend ist das Amtsgericht Köln sowohl international wie auch örtlich zuständig, da der Kläger eine Verletzung seines durch die §§ 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 19a UrhG geschützten Rechts auf öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Werks geltend macht und die Internetseite der Beklagten ferner von Deutschland und somit auch von Köln aus abrufbar ist.

II.

Die Klage ist unbegründet.

Zwar ist deutsches Recht vorliegend grundsätzlich gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (ROM II-VO) anwendbar. Diese Norm kodifiziert das sog. Schutzlandprinzip, demzufolge bei einer (behaupteten) Verletzung geistigen Eigentums das Recht desjenigen Staates anzuwenden ist, für dessen Gebiet der Betroffene Schutz beansprucht. Anders als die Brüssel Ia-VO genießt die ROM II-VO auch universelle Geltung. Das heißt, dass sie auch dann anwendbar ist, wenn – wie hier – ein nicht EU-interner Sachverhalt vorliegt (s. Kotthoff in: Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch, Urheberrecht, 4. Aufl. 2018, § 120 Deutsche Staatsangehörige und Staatsangehörige anderer EU-Staaten und EWR-Staaten, Rn. 8). Da der Kläger einen Anspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG geltend macht und damit zum Ausdruck bringt, urheberrechtlichen Schutz für die Bundesrepublik Deutschland in Anspruch nehmen zu wollen, ist dementsprechend deutsches Urheberrecht anzuwenden (ausführlich hierzu s. auch AG Köln, Urteil vom 13.04.2021 – 125 C 319/18 – Parkettboden = GRUR-RS 2021, 9276, beck-online).

Dennoch steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 212,50 EUR aus § 97 Abs. 2 UrhG zu. Zwar hat diese unstreitig das – entgegen ihrer Ansicht gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 72 UrhG Urheberrechtsschutz genießende – streitgegenständliche Werk auf ihrer Webseite ohne Einwilligung des Klägers genutzt. Diese Verletzungshandlung weist aber keinen hinreichenden Inlandsbezug auf, um ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von §§ 15 Abs. 2 Nr. 2, 19a UrhG darzustellen.

Deutsches Urheberrecht ist nur dann verletzt, wenn die Verletzungshandlung einen wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug aufweist. Verlangte man dies nicht bzw. ließe man die bloße Abrufbarkeit eines Internetauftritts auch insoweit genügen, so hätte dies in letzter Konsequenz zur Folge, dass jeder, der eine Internetseite betreibt, sämtliche Urheberschutzvorschriften weltweit zu berücksichtigen hätte. Dies führte zwar zu einem maximalen Schutz der Urheberrechtsinhaber, wäre den Domaininhabern aber in zweifacher Hinsicht praktisch nicht zuzumuten: Einerseits kann von letzteren nicht verlangt werden, in sämtlichen weltweit existierenden Urheberrechtsordnungen bewandert zu sein, denn eine Auseinandersetzung mit selbigen wäre entweder äußerst zeit- und/oder – bei qualifizierter juristischer Beratung durch Dritte – kostenintensiv. Und andererseits ist zu bedenken, dass es nicht in deren Entscheidungsgewalt liegt, ob und aus welchen Staaten überhaupt auf ihren Internetauftritt zugegriffen wird, sodass sie sich aus dem Dilemma, sämtliche Urheberschutzgesetze kennen und einhalten zu müssen, selbst bei Anwendung höchstmöglicher Sorgfalt nicht aus eigener Kraft befreien könnten. Dies gelingt ihnen umgekehrt nur, wenn man über die bloße Abrufbarkeit hinaus darauf abstellt, in welchen Ländern eine Webseite bestimmungsgemäß abrufbar ist, weil sie sich gezielt an deren Einwohner richtet. Hierdurch werden die Urheberrechtsinhaber wiederum nicht schutzlos gestellt, da es ihnen unbenommen bleibt, die Gerichte desjenigen Staates anzurufen, zu dessen Hoheitsgebiet ein solcher Bezug besteht. Insbesondere wird nur eine derartige Begrenzung des räumlichen Anwendungsgebiets deutschen Urheberrechts dem sog. Territorialitätsprinzip gerecht, demzufolge die nationalen Gerichte jeweils (nur) für diejenigen Schäden zuständig sind, die im Hoheitsgebiet ihres jeweiligen (Mitglied-)Staates verursacht wurden (s. EuGH, Urteil vom 22.01.2015 – C-441/13 – Pez Hejduk/EnergieAgentur.NRW GmbH, Rn. 36 f. = GRUR 2015, 296, beck-online; zum Erfordernis einschränkender Kriterien insgesamt s. etwa EuGH, Urteil vom 18.10.2012 – C-173/11 – Football Dataco Ltd. u.a. ./. Sportradar GmbH u.a., Rn. 35 ff. = GRURInt 2012, 1113, beck-online; zum Markenrecht, aber mit uneingeschränkter Bezugnahme auf das Immaterialgüterrecht aus der Rechtsprechung des BGH exemplarisch: BGH, Urteil vom 09.11.2017 – I ZR 134/16 – Resistograph, Rn. 37 = GRUR 2018, 417, beck-online; LG Hamburg, Urteil vom 17.06.2016 – 308 O 161/13 unter II. 1. = BeckRS 2016, 12262 beck-online; AG Köln, Urteil vom 13.04.2021 – 125 C 319/18 – Parkettboden, a.a.O., unter III. 3., beck-online; wie hier auch AG Köln, Urteil vom 11.10.2021 – 148 C 49/21; Beck OK UrhR/Lauber-Rönsberg, 35. Ed. 15.7.2022, UrhG Kollisionsrecht und internationale Zuständigkeit, Rn. 26; Dreier/Schulze/Dreier, UrhG, 7. Aufl. 2022, Vorbemerkung vor § 120 UrhG, Rn. 49; das Territorialitätsprinzip scheinbar übersehend OLG Köln, Beschluss vom 27.08.2021 – 6 U 96/21). Schließlich können und werden Urheberrechte von den jeweiligen Staaten auch stets nur mit Wirkung für das jeweilige Staatsgebiet geschaffen (s. BeckOK BGB/Spickhoff, 62. Ed. 1.5.2022, VO (EG) 864/2007 Art. 8 Rn. 4 m.w.N.). Deutsches Urheberrecht auch dann anzuwenden, wenn ein urheberrechtlich relevantes Verhalten keinen besonderen Bezug zum Bundesgebiet aufweist, käme dagegen letztlich einer Missachtung der (rechtlichen) Souveränität anderer Staaten gleich.

Dem steht auch die unter Ziffer I. zitierte Entscheidung des BGH vom 21.04.2016 (IX ZR 43/14 – An evening with Marlene Dietrich) nicht entgegen. Soweit dort davon die Rede ist, dass eine bestimmungsgemäße Abrufbarkeit nicht erforderlich sei, bezieht sich der BGH zum einen explizit auf die Frage der internationalen bzw. örtlichen Zuständigkeit (s. BGH, a.a.O., Ls. 5 und Rn. 17) und damit auf eine Zulässigkeitsvoraussetzung, aber nicht auf das Vorliegen einer dem deutschen Urheberrecht unterfallenden Verletzungshandlung, die eine Frage der Begründetheit ist. Und zum anderen fehlt es auch an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte, da vor dem BGH eine Konzerngesellschaft der „Google Inc.“, nämlich die Betreiberin der Videoplattform „YouTube“, verklagt worden war, deren aktiv weltweite Tätigkeit – anders als hier – einen direkten und wirtschaftlich relevanten Bezug zu dem Hoheitsgebiet (auch) der Bundesrepublik Deutschland aufweist. Überdies fordert der BGH für die Annahme einer Nutzungs-/Verletzungshandlung, wenn deren Schwerpunkt – wie hier – im Ausland liegt, im Bereich des Immaterialgüterrechts grundsätzlich einen sog. „commercial effect“ derselben (s. bspw. BGH, Urteil vom 09.11.2017 – I ZR 134/16 – Resistograph, Rn. 37 m.w.N. = GRUR 2018, 417).

Kriterien für oder gegen einen hinreichenden Inlandsbezug im vorstehend genannten Sinne sind etwa die Sprache des jeweiligen Internetangebots, dessen Inhalt und Aufmachung, seine Bekanntheit im Inland, die verwandte Adresse respektive Toplevel-Domain, die Natur der angebotenen Inhalte, womöglich auf bestimmte Länder zugeschnittenen Liefer- und/oder Zahlungsmodalitäten bzw. Werbemaßnahmen oder das Vorhandensein eines relevanten inländischen Kundenkreises (vgl. ausführlich etwa LG Hamburg, a.a.O., unter II. 1.).

Auf Basis der vorliegenden Erwägungen ist ein hinreichender wirtschaftlich relevanter Inlandsbezug vorliegend nicht erkennbar.

Zunächst ist unerheblich, dass der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland wohnt, er das streitgegenständliche Werk auf einer Internetseite mit deutscher Domain veröffentlich hat und womöglich eine Lizenzierungsmöglichkeit verloren haben mag. Denn all dies sind Kriterien, die sich auf den Verletzungserfolg beziehen und daher keinen Inlandsbezug der der Beklagten vorgeworfenen Verletzungshandlung zu begründen vermögen. Genügte zudem der Eintritt eines Lizenzschadens, führte dies wiederum zu einer uferlosen Anwendbarkeit deutschen Urheberrechts sowie sämtlicher konkurrierender Urheberrechtsordnungen (ähnlich AG Köln, Urteil vom 13.04.2021 – 125 C 319/18 – Parkettboden unter III. 3. a.E.). Schadensersatz kann stets nur verlangen, wer einen Schaden erlitten hat. Daher ist der Eintritt eines Lizenzschadens zwingende Voraussetzung eines jeden Ersatzanspruchs nach § 97 Abs. 2 UrhG und damit im Regelfall gerade kein spezifisches Charakteristikum, welches einen Inlandsbezug von im Ausland begangenen Verletzungshandlungen begründen könnte. Soweit der Kläger weitere unberechtigte Nutzungen durch Dritte, die sich das streitgegenständliche Werk über die Internetseite der Beklagten beschafft haben könnten, befürchtet, steht es ihm offen, gegen diese (gerichtlich) vorzugehen.

Gegen einen (wirtschaftlich relevanten) Inlandsbezug sprechen vorliegend vielmehr die folgenden Erwägungen: Die Webseite der Beklagten besitzt eine schweizerische Toplevel-Domain („ch“). Unstreitig befindet sich K. nicht in unmittelbarer Grenznähe. Angesichts der hinreichenden Getränkeversorgung im Inland und der allgemeinbekannt höheren Lebensmittelpreise in der Schweiz ist die Annahme, dass deutsche Kunden das Leistungsangebot der Beklagten in Anspruch nehmen oder auch nur nach Angeboten schweizerischer Getränkehändler suchen, fernliegend. Dass die Beklagte über einen deutschen Kundenkreis verfügt, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Ebenfalls steht außer Streit, dass die Beklagte Anfragen aus Deutschland hinsichtlich des von ihr angebotenen Festservices ablehnt. Auch im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte (auch) Kunden aus Deutschland auf sich aufmerksam machen wollte: Sämtliche Preise sind ausschließlich in Schweizer Franken (CHF) und nicht in Euro ausgewiesen und enthalten die schweizerische Umsatzsteuer. Auch die AGB der Beklagten sehen keine Bezahlung in ein einer anderer Währung als in Schweizer Franken vor (s. Anlage A5 = Bl. 116 GA). Ausweislich der Anlage A6 (Bl. 115 GA) bietet die Beklagte sowohl ihren Getränke- wie auch ihren Gastronomieservice ebenfalls ausschließlich innerhalb der Schweiz an, da sie über einen auf einen Teil derselben begrenzten „Lieferrayon“ verfügt. Zwar ist sie „…auch bereit über den Rayon zu liefern“ (Zitat nach Anlage B02 = Bl. 134 GA). Aus der Gesamtgestaltung der Webseite ist jedoch nichts ersichtlich, was dafür sprechen könnte, dass die Beklagte zu einer Erweiterung ihres Lieferungsradius‘ über die schweizerischen Grenzen hinaus bereit wäre. Wie ausgeführt bepreist sie ihre Leistungen ausschließlich in Schweizer Franken. Indem sie ihre telefonische Erreichbarkeit ohne Angabe der internationalen Vorwahl „0041“bzw. „+41“ angibt, wendet sie sich implizit, aber unmissverständlich nur an schweizerische Kunden. Unbestritten, also zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO) ist ferner, dass bei Bestellungen ausschließlich die Schweiz als Lieferland zur Auswahl steht. Insofern unterscheidet sich der hiesige Fall deutlich von dem, den das Landgericht Köln unter dem Aktenzeichen 14 O 167/20 zu entscheiden hatte. Dort unterhielt ein in der Schweiz niedergelassener Heilpraktiker seine Webseite unter einer liechtensteinischen Toplevel-Domain, was ein grenzüberschreitendes Leistungsangebot (obschon nicht in Deutschland) nahelegte. Indem er dort nicht lediglich seine Leistungen bewarb, sondern einen Blog, in dessen Rahmen die dort streitgegenständliche Nutzung erfolgt war, mit Meditationstexten vorhielt, waren seine Leistungen, wenngleich nur teilweise und virtuell weltweit abrufbar.

Einziger Anknüpfungspunkt für eine Anwendung deutschen Urheberrechts ist vorliegend daher, dass die Webseite der Beklagten in deutscher Sprache verfasst ist. Insofern ist aber zu berücksichtigen, dass es sich bei der verwendeten Sprache nur um eines von vielen für oder gegen die Anwendbarkeit deutschen Urheberrechts sprechenden Kriterien handelt, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gegeneinander abzuwägen sind. Dies führt jedenfalls vorliegend dazu, dass kein hinreichender Inlandsbezug gegeben ist. Zum einen vermag die Verwendung der deutschen Sprache nichts daran zu ändern, dass das Leistungsangebot der Beklagten – wie ausgeführt – ausschließlich auf das Staatsgebiet der Schweiz beschränkt und zugeschnitten ist. Zum anderen ist zu bedenken, dass die Bundesrepublik Deutschland zwar zahlenmäßig den größten Anteil der deutschsprachigen Weltbevölkerung stellen mag. Indes besteht kein deutsches Monopol auf die deutsche Sprache, die – allgemeinbekannt – etwa auch in Österreich und Liechtenstein Amtssprache ist und darüber hinaus auch in der Schweiz, Belgien und Luxemburg gesprochen wird. Allein aus der Verwendung derselben kann daher nicht per se gefolgert werden, dass sich der Autor überhaupt, auch oder gar primär an die deutsche Bevölkerung richten wollte. Vielmehr müssen dann, wenn eine Sprache – wie hier – in mehreren Staaten (offiziell) gesprochen wird, weitere Kriterien hinzutreten, damit aus der Sprachwahl auf die Adressierung der Bevölkerung eines bestimmten Staates geschlossen und ein Inlandsbezug zu diesem – vorbehaltlich der erforderlichen Gesamtabwägung – bejaht werden kann. Daran fehlt es hier. Die Webseite der Beklagten folgt den Regeln der schweizerischen Rechtschreibung, wenn es dort etwa „Strasse“ statt „Straße“ (s. Anlage B03 = Bl. 136 GA) oder „Grössen“ statt „Größen“ (s. Anlage B02 = Bl. 134 GA) heißt. Ferner finden sich dort für die Schweiz typische Begriffe wie „Lieferrayon“ statt Lieferradius, „Pikettdienst“ (s. Anlage B01 = Bl 132 GA) statt Not-/Bereitschaftsdienst o.Ä. oder „2 Harasse“ (s. Anlage B02 = Bl 134 GA) statt zwei Kästen. Das zeigt, dass sie ausschließlich an die schweizerische, nicht aber an die deutsche Bevölkerung gerichtet ist.

III.

Da eine Urheberrechtsverletzung nach § 97 UrhG mangels Anwendbarkeit desselben nicht feststellbar ist, steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten nach § 97a Abs. 3 UrhG zu.

IV.

Die Nebenforderungen (Verzugszinsen in beantragtem Umfang) teilen das Schicksal der nicht bestehenden Hauptforderungen.

V.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

VI.

Der Streitwert wird auf bis 1.000,- EUR festgesetzt.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Internetrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Internetrecht und Medienrecht. Wir beraten und vertreten Unternehmen, Selbständige und Privatpersonen bundesweit in allen rechtlichen Angelegenheiten rund um das Internet.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile und Rechtstipps aus dem Internetrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!