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Kahmarschiger Kramerladen – Löschung einer e-Bay-Bewertung

LG Rostock – Az.: 3 O 597/15 (1) – Urteil vom 09.03.2017

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger hat vom Beklagten Zustimmung zur Löschung einer Bewertung bei ebay verlangt.

Der Kläger veräußert über das Internet bei ebay unter der Bezeichnung „…“ gewerblich Angelbedarf an. Der Beklagte erwarb über die ebay-Plattform im Februar 2015 Angelschnur. Der Beklagte rügte, er habe statt bestellter 300 m nur 270 m erhalten. Es entwickelte sich eine schriftliche Auseinandersetzung per Email. Der Kläger schrieb u.a.:..“dass Du mich hier des Betruges bezichtigst bzw als zu blöd zum Messen hinstellst, kann und werde ich beides nicht hinnehmen.“ Der Kläger bot eine „Kulanzerstattung“ von Euro 7,50 an. Der Beklagte antwortete:…“Da ich die Schnur jetzt schon anderweitig verwenden konnte, bin ich mit Euro 7,50 als Ausgleich einverstanden. Ich brauche aber nach wie vor 300 Meter Whiplash Cristall 0,14er gefl., falls nicht mehr lieferbar tuts eine 0,10er auch. Bitte an meine Adresse liefern, Bezahlung erfolgt sofort nach Lieferung (wir Bayern halten unsere Versprechen). Wenn das alles so in Ordnung geht, bewerte ich die Transaktion bei eBay positiv.“ Der Kläger bat um eine neue Bestellung normal über eBay.

Der Beklagte gab folgende Bewertung ab: (-) „Unflexibler lahma…iger Kramerladen“. Der Kläger antwortete daraufhin im öffentlichen Bereich: „erst erpresst er Rabatt und verlangt dann noch Lieferung auf Re Vorsicht“. Diese beiden Einträge sind zwischenzeitlich nicht mehr im Internet lesbar.

Der Kläger betrieb bei eBay erfolglos die Löschung der Bewertung. Auch mit Anwaltsschreiben vom 19.06.2015 forderte der Kläger den Beklagten erfolglos zu Löschung auf.

Der Kläger behauptet, er habe 300 m geliefert, so dass für Beanstandungen kein Anlass bestanden habe. Die Bewertung durch den Beklagten sei unwahr, eine Schmähkritik und als Bewertungserpressung rechtswidrig. Sie verstoße gegen das Sachlichkeitsgebot aus § 7 Abs. 2 eBay-AGB.

Der Kläger beantragt zuletzt, nachdem er in der mündlichen Verhandlung vom 2.2.2017 den ursprünglichen Klageantrag zu 1. einseitig für erledigt erklärt hat:

1. Es wird festgestellt, dass sich der Klageantrag, den Beklagten zu verurteilen, der Entfernung der von ihm im Bewertungsprofil des Klägers (…) auf dem Online-Marktplatz eBay zu Artikelnummer 400824793734 (BEKLEY WHIPLASH 0.14 MM 18,30 KG 300M CRYSTAL GEFLOCHTENE ANGEL SCHNUR) als Verkäufer (YYY) abgegebenen negativen Bewertung „-“ einschließlich des Bewertungskommentars „Unflexibler lahma…iger Kramerladen.“ zuzustimmen, erledigt hat.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 578,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.07.2015 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Kläger bestreitet, dass kein Grund zu Beanstandung der Lieferung bestanden habe. Zudem sei seine Bewertung eine subjektive Meinungsäußerung. Der Beklagte dürfe das Geschäftsgebahren des Klägers kritisieren.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der bis zum 2.2.2017 gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

D

Kahmarschiger Kramerladen - Löschung einer e-Bay-Bewertung
(Symbolfoto: Von Nopparat Khokthong/Shutterstock.com)

ie Klage ist unbegründet. Die Klage ist von Anfang an unbegründet gewesen.

Dem Kläger hat keinen Anspruch auf Löschung der negativen Bewertung gemäß § 1004 BGB anlog oder den vereinbarten Geschäftsbedingen von eBay.

Gemäß § 7 Nr. 2 der AGB für die Nutzung der deutschsprachigen eBAy-Websites gilt folgendes:

Nutzer sind verpflichtet, in den abgegebenen Bewertungen ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Die von Nutzern abgegebenen Bewertungen müssen sachlich gehalten sein und dürfen keine Schmähkritik enthalten. Die negative Bewertung mit einem Minuszeichen ist vorliegend erlaubt. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte mit dem Kauf zufrieden wäre und sich auch so äußern müsse. Das Minuszeichen im Bewertungskommentar stellt grundsätzlich eine zulässige Meinungsäußerung und keine Tatsachenbehauptung dar, denn sie ist keinem Beweis zugänglich sondern von einer Beurteilung abhängig (LG Hannover, Urteil vom 13.05.2009, 6 O 102/08; zitiert nach juris). Die Grenze für eine zulässige Meinungsäußerung ist jedoch nicht erst die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung sondern schon dann überschritten, wenn im Einzelfall für die Bewertung keinerlei tatsächliche Anknüpfungspunkte bestanden haben (OLG München 18 U 1022/14, Urteil vom 28.10.2014 zitiert nach juris). So liegt der Fall vorliegend jedoch nicht. Der Beklagte rügte, die Angelschnur sei zu kurz gewesen. Es kann unentschieden blieben, ob insoweit eine Falschlieferung oder Zuweniglieferung vorgelegen hat. Die Beweislast liegt gemäß § 363 BGB beim Verkäufer und somit beim Kläger. Er kann jedoch nicht beweisen, dass die gelieferte Angelschnur ordnungsgemäß gewesen wäre. Von seinem Standpunkt aus ist es auch konsequent, wenn der Beklagte die Geschwindigkeit des Klägers bemängelt, denn eine Angelschnur mit voller Länge hat er bis heute nicht geliefert erhalten. Die Bezeichnung als „lahma…iger Kramerladen“ ist keine Formalbeleidigung, sondern nur eine derbe Meinungsäußerung, die noch hinzunehmen ist. Die Bezeichnung als Kramerladen kann zwar auch so verstanden werden, dass ein sehr kleines Geschäft gemeint sei. Von Relevanz ist dieses jedoch nicht, denn dem Leser der Bewertung ist auch die Anzahl der Verkäufe mit über 100.000 Bewertungspunkten aus Verkäufen bekannt, so dass im Gesamtzusammenhang eine Fehlvorstellung beim Leser damit ausscheidet. Der Kläger spricht sogar von 206.937 Bewertungen als Verkäufer. Im Zweifel ist zudem eine Bewertung gemeint im Sinne von „unprofessionell“. Das Adjektiv „lahmarschig“ ist keine Beleidigung. Nach dem Deutschen Universalwörterbuch des Dudenverlages von 1989 handelt es sich um einen derben Sprachgebrauch im Sinne von „ohne jeden Schwung“, „temperamentlos“ oder „energielos“. Sie ist zudem im allgemeinen Sprachgebrauch auch als scherzhafte und aufmunternde Bezeichnung durch Sportlehrer für in der Schule gebräuchlich im Sinne von „nicht so lahmarschig“ für „etwas mehr Tempo“.

Soweit der Kläger in der Klageschrift ausführt, der Kläger könne Widerruf von Behauptungen verlangen, ist dieses ohne Belang, denn ein solcher Anspruch ist und war nicht streitgegenständlich. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass ein Käufer bei ebay eine positive Bewertung nicht von einem weiteren Verkauf außerhalb von ebay abhängig machen darf. Aber ein solcher Unterlassungsanspruch wird ebenfalls nicht verfolgt.

Somit hat sich der Beklagte auch nicht in Verzug befunden, so dass auch kein Anspruch auf Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO. Der Streitwert beträgt Euro 10.000,00.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 17.2.2017 hat vorgelegen. Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, hat nicht bestanden.

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