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Facebook-Sperre – Zulässigkeit

LG Ulm – Az.: 4 O 320/18 – Beschluss vom 19.07.2018

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Der Antragssteller hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 5.100,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Nach Darstellung der Antragsstellerseite sind die Parteien durch einen Vertrag verbunden. Der Antragssteller nutzt das Internetportal „F.“ der Antragsgegnerin. Er hat hierzu den Nutzungsbedingungen zugestimmt. Die Parteien haben sich gegenseitige Rechte und Pflichten eingeräumt.

Zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem 20.6.2018 postete der Antragssteller auf der Webseite:

„wie sagte schon Nostradamus: übers Meer werden sie kommen wie die Heuschrecken, aber es werden keine Tiere sein….wie recht hatte der Mann“

Die Veröffentlichung dieses Beitrags verhinderte die Antragsgegnerin und „sperrte“ den Antragssteller von der Webseite. Er konnte daher für 30 Tage keine Funktionen der Seite, auch soweit diese auf anderen Webseiten eingebunden sind, nutzen.

Der Antragssteller legte gegenüber der Antragsgegnerin eine Beschwerde ein, die aber nicht zur Wiederfreischaltung führte.  Der Antragssteller will sich sowohl weiter in dieser Richtung auf der Webseite der Antragsgegnerin äußern, als auch seine vollen Nutzungsrechte wahrnehmen.

Er beantragt daher im Wege der einstweiligen Verfügung nach Auslegung des gestellten Antrags,

der Antragsstellerin zu untersagen, den Antragssteller für das Einstellen der folgenden Textstelle (wörtlich oder sinngemäß):

„wie sagte schon Nostradamus: übers Meer werden sie kommen wie die Heuschrecken, aber es werden keine Tiere sein….wie recht hatte der Mann“

Die Nutzung der Funktionen der Webseite f(…).com vorzuenthalten, wie das Posten von Beiträgen, Kommentieren fremder Beiträge und Nutzung des Nachrichtensystems oder den Beitrag zu löschen.

Für den Fall der Zuwiderhandlung wird ihr Ordnungsgeld bis 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu vollziehen an den Vorständen angedroht.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

1.

Das sachlich zuständige LG Ulm ist gemäß § 937, 943, 29 Abs. 1 ZPO örtlich zuständiges Gericht.

2.

Ob ein Verfügungsanspruch besteht, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls zeigt der Antrag keinen Verfügungsgrund auf.

Der Antragssteller begehrt weiterhin die vertraglichen Rechte gegenüber der Beklagten wahrnehmen zu dürfen, wenn er zukünftig einen Beitrag wie den oben genannten wieder postet. Er beruft sich daher allein auf einen Anspruch aus Vertrag und will die Art und Weise wie der Vertrag von der Beklagten zu erfüllen ist durch das Gericht festlegen lassen. Er begehrt daher eine Leistungsverfügung § 935 ZPO.

Diese ist zu erlassen, wenn zu besorgen ist, dass durch eine bevorstehende Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts der Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dabei darf die Beantwortung der Hauptsachefrage nicht vorweggenommen werden, sondern es ist nur zu besorgen, dass durch die Dauer des Prozesses dem Antragssteller keine wesentlichen Nachteile entstehen, BeckOK ZPO/Mayer ZPO § 917 Rn. 6, Zöller, Vollkommer, § 940 Rn. 4.

3.

Die einstweilige Regelung muss daher dringlich sein, BeckOK ZPO/Mayer ZPO § 935 Rn. 11.

Diese Voraussetzungen sind vom Vortrag des Antragsstellers ausgehend nicht erfüllt.

Zu beachten ist dabei, dass der Antragssteller keinen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB geltend macht, bei dem die Dringlichkeitsvoraussetzung eingeschränkt ist, da die Verteidigung absoluter Rechte geboten ist. Die „Facebook-Sperre“ ist kein Eingriff in ein absolutes Recht des Antragsstellers. Es gibt kein gegen jeden wirkendes Recht auf der Homepage der Antragsgegnerin Meinungen kundtun zu dürfen. Vielmehr hat die Antragsgegnerin das digitale Hausrecht, OLG München, Urteil 2.7.2015, Az U 3427/14 Kart, juris, VG Mainz, Urteil 13.4. 2018, Az 4 K 762/17.MZ. Rechte auf ihrer Homepage etwas zu veröffentlichen können sich nur aus einer vertraglichen Bindung ergeben. Dies verkennen die von Antragsstellerseite vorgelegten Urteile sämtlich.

4.

Facebook-Sperre - Zulässigkeit
(Symbolfoto: Von Ink Drop/Shutterstock.com)

Der Antragssteller fürchtet daher zukünftiges, vertragswidriges Verhalten der Beklagten, bei dem diese die vertraglichen Leistungen des Antragsstellers (persönliche Daten, Werbeschaltungen) weiter nutzt, aber ihre vertragsgemäße Leistung nicht erbringt. Er fürchtet somit einen vertragswidrigen Zustand, der aber ohne hinzukommende Nachteile grundsätzlich keinen Verfügungsgrund darstellen kann, vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1995, 635, NJW-RR 2009, 1461, OLG Dresden MDR 1998, 305, OLG Brandenburg MDR 2001, 1185. Der Nachteil an den vertragsgemäßen Leistungen der Beklagten vorübergehend nicht weiter partizipieren zu können, wenn er Äußerungen wie die genannte macht, stellt keinen schweren Nachteil für den Antragsteller dar. Dabei ist auch zu beachten, dass es der Antragsgegnerin unbenommen sein dürfte (beispielsweise gemäß § 723 analog, BGH NJW-RR 1993, 1460) den Vertrag zu kündigen, da ein beidseitiger Kündigungsausschluss nicht vereinbart worden sein dürfte. Die Antragsgegnerin muss daher dem Antragssteller keine Leistungen zu Verfügung stellen.

5.

Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Antragssteller seine angeblichen Ansprüche gegen die Antragsgegnerin nicht in einem Hauptsacheverfahren verfolgen können soll oder welche wesentlichen Nachteile ihm hierdurch entstehen würden.

Der Antrag ist zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO.

6.

Die Streitwertbemessung erfolgt nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Bedeutung für den Antragssteller aber auch der Tatsache, dass nur ein partielles Vertragsrecht geltend gemacht wird, dass aus einem Vertrag entspringt, für den keine Seite eine Geldleistung erbringt.

Bei einer Nutzerkontenanzahl der Fa F. von ca 2,2 Mrd und einem Umsatz von ca 40 Mrd Dollar pro Jahr, ergibt sich ein Umsatz von ca. 20 Dollar je Nutzerkonto.

Ein Streitwert über dem festgesetzten erscheint damit nicht mehr sachgerecht.

 

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