Übersicht
- 1 Das Wichtigste: Kurz & knapp
- 2 Mobilfunkstörungen: OLG schränkt Entschädigungsansprüche ein
- 3 Der Fall vor Gericht
- 4 Die Schlüsselerkenntnisse
- 5 FAQ – Häufige Fragen
- 5.1 Welche Rechte habe ich bei einem vollständigen Dienstausfall meines Mobilfunkanbieters?
- 5.2 Was gilt als vollständiger Dienstausfall im Sinne des Telekommunikationsgesetzes?
- 5.3 In welchen Fällen habe ich keinen Anspruch auf Entschädigung bei Mobilfunkstörungen?
- 5.4 Wie gehe ich vor, wenn ich eine Entschädigung für einen vollständigen Dienstausfall beanspruchen möchte?
- 5.5 Welche Alternativen habe ich, wenn mein Mobilfunkanbieter keine zufriedenstellende Lösung für Netzstörungen bietet?
- 6 Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- 7 Wichtige Rechtsgrundlagen
- 8 Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Kläger verlangt Entschädigung wegen Mobilfunkstörungen bei mehreren Verträgen.
- Netzstörungen betrafen hauptsächlich die Wohnung des Klägers, außerhalb funktionierte das Handy.
- Der vollständige Dienstausfall war strittig, da der Ausfall nicht flächendeckend war.
- Das Gericht entschied gegen den Kläger und wies die Klage ab.
- Das Urteil betont, dass der Dienstausfall nicht als vollständig angesehen wurde.
- Der Kläger muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
- Das Gericht stellte fest, dass nur erhebliche und umfassende Ausfälle zur Entschädigung führen.
- Beschränkte Störungen, wie hier, gelten nicht als vollständiger Dienstausfall.
- Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
- Die Entscheidung setzt klare Grenzen für Entschädigungsansprüche nach § 58 Abs. 3 TKG.
Mobilfunkstörungen: OLG schränkt Entschädigungsansprüche ein
Der Schutz der Privatsphäre ist ein hohes Gut in unserer modernen, digitalisierten Welt. Dies spiegelt sich auch im Telekommunikationsgesetz (TKG) wider, das den Schutz vor unerwünschtem Telefonmarketing oder unberechtigtem Zugriff auf unsere Kommunikation garantiert. Sollten diese Rechte verletzt werden, stellt das TKG verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um sich zu wehren und Schadenersatz zu fordern. Eine besonders wichtige Regelung ist § 58 Absatz 3 TKG, der die Entschädigung bei vollständigem Dienstausfall regelt. Hierbei geht es um den Fall, dass eine Telekommunikationsdienstleistung, wie zum Beispiel eine Telefon- oder Internetverbindung, komplett ausfällt und der Nutzer dadurch erhebliche Nachteile erleidet.
Doch wann genau liegt ein vollständiger Dienstausfall vor und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Entschädigung zu erhalten? Welchen Schaden muss der Nutzer nachweisen können und wie hoch ist die Entschädigung? Diese Fragen werden im Folgenden näher beleuchtet. Im Fokus steht ein kürzlich ergangenes Gerichtsurteil, das einen interessanten Fall zur Entschädigung gemäß § 58 Abs. 3 TKG behandelt. Anhand dieses Fallbeispiels können die rechtlichen Aspekte dieser wichtigen Regelung im Telekommunikationsgesetz verständlich erklärt werden.
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Der Fall vor Gericht
Entschädigung für Mobilfunkstörungen: OLG Braunschweig weist Klage ab
Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat in einem wegweisenden Urteil vom 20. März 2024 eine Klage auf Entschädigung wegen Störungen der Mobiltelefonverbindung abgewiesen. Der Fall dreht sich um die Frage, ob und in welchem Umfang Mobilfunkanbieter ihre Kunden für Netzausfälle entschädigen müssen.
Hintergrund des Rechtsstreits: Monatelange Netzstörungen
Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein Mobilfunkkunde, der von März bis Dezember 2022 mit erheblichen Einschränkungen seiner Mobilfunkverbindung zu kämpfen hatte. Der Kläger konnte ab dem 17. Februar 2022 in seiner Wohnung und deren unmittelbarer Umgebung regelmäßig nicht mehr telefonieren. Interessanterweise funktionierte sein Mobiltelefon an allen anderen Orten problemlos.
Der betroffene Kunde hatte mehrere Mobilfunkverträge mit dem beklagten Unternehmen abgeschlossen. Aufgrund der anhaltenden Störungen forderte er eine finanzielle Entschädigung. Er berief sich dabei auf § 58 Abs. 3 des Telekommunikationsgesetzes (TKG), der unter bestimmten Umständen Entschädigungszahlungen bei Störungen von Telekommunikationsdiensten vorsieht.
Gerichtliche Entscheidung: Keine Entschädigung für lokale Störungen
Das OLG Braunschweig hat in seinem Urteil (Az.: 9 U 54/23) die Forderung des Klägers nach einer Entschädigung vollständig zurückgewiesen. Damit hob es ein vorangegangenes Urteil des Landgerichts Göttingen teilweise auf, das dem Kläger noch in Teilen Recht gegeben hatte.
Die Richter des OLG begründeten ihre Entscheidung damit, dass die im Gesetz vorgesehene Entschädigung nur für vollständige Dienstausfälle gelte. Im vorliegenden Fall lag jedoch kein vollständiger Ausfall vor, da der Mobilfunkdienst außerhalb der Wohnung des Klägers weiterhin funktionierte. Das Gericht stellte klar, dass lokale Einschränkungen der Netzabdeckung nicht ausreichen, um einen Anspruch auf Entschädigung nach § 58 Abs. 3 TKG zu begründen.
Rechtliche Einordnung und Konsequenzen des Urteils
Die Entscheidung des OLG Braunschweig hat weitreichende Folgen für Mobilfunkkunden und -anbieter. Sie präzisiert die Auslegung des § 58 Abs. 3 TKG und setzt damit klare Grenzen für Entschädigungsansprüche. Verbraucher können demnach keine Entschädigung erwarten, wenn die Störung nur an bestimmten Orten auftritt, selbst wenn diese Orte für den Kunden von zentraler Bedeutung sind, wie etwa die eigene Wohnung.
Für Mobilfunkanbieter bedeutet das Urteil eine Stärkung ihrer Position. Sie müssen bei lokalen Netzproblemen nicht mit Entschädigungsforderungen rechnen, solange der Dienst in anderen Bereichen verfügbar bleibt. Dies könnte möglicherweise dazu führen, dass Anbieter weniger Anreize haben, lokale Netzprobleme zeitnah zu beheben.
Verbraucher sollten sich bewusst sein, dass sie bei Netzproblemen, die nur bestimmte Orte betreffen, kaum rechtliche Handhabe haben. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer gründlichen Prüfung der Netzabdeckung vor Vertragsabschluss, insbesondere an Orten, die für den Nutzer wichtig sind.
Das OLG hat die Revision nicht zugelassen, was die Rechtskraft des Urteils unterstreicht. Dennoch bleibt abzuwarten, ob ähnliche Fälle in Zukunft möglicherweise zu einer Neubewertung der Situation führen könnten, insbesondere wenn es um längerfristige und schwerwiegende lokale Störungen geht.
Für Mobilfunkkunden bleibt die Empfehlung, bei anhaltenden Problemen zunächst das Gespräch mit dem Anbieter zu suchen und gegebenenfalls einen Anbieterwechsel in Betracht zu ziehen, wenn keine zufriedenstellende Lösung gefunden werden kann.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG Braunschweig hat entschieden, dass lokale Netzstörungen, selbst wenn sie die Wohnung des Kunden betreffen, keinen Anspruch auf Entschädigung nach § 58 Abs. 3 TKG begründen. Die Entschädigung gilt nur für vollständige Dienstausfälle. Dies stärkt die Position der Mobilfunkanbieter erheblich und schränkt die Rechte der Verbraucher bei lokalen Netzproblemen deutlich ein. Für Kunden wird die sorgfältige Prüfung der Netzabdeckung vor Vertragsabschluss umso wichtiger.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Haben Sie auch Probleme mit Ihrem Mobilfunkempfang, aber nur in bestimmten Bereichen wie Ihrer Wohnung oder Ihrem Büro? Dann sollten Sie wissen, dass das Oberlandesgericht Braunschweig entschieden hat, dass solche lokalen Störungen keinen Anspruch auf Entschädigung nach dem Telekommunikationsgesetz begründen. Selbst wenn die Störung für Sie erheblich ist und Ihren Alltag beeinträchtigt, reicht dies laut Gericht nicht aus, um eine Entschädigung zu erhalten. Nur bei einem vollständigen Ausfall des Mobilfunkdienstes, also wenn Sie überhaupt kein Netz haben, besteht ein Anspruch auf Entschädigung.
Das bedeutet für Sie als Verbraucher:
- Eingeschränkte Rechte bei lokalen Störungen: Auch wenn Sie aufgrund von Netzproblemen Ihren Mobilfunkvertrag nicht wie gewünscht nutzen können, haben Sie in der Regel keinen Anspruch auf Entschädigung, solange der Empfang an anderen Orten funktioniert.
- Bedeutung der Netzabdeckungsprüfung: Vor Abschluss eines Mobilfunkvertrags sollten Sie die Netzabdeckung an den für Sie wichtigen Orten sorgfältig prüfen, da lokale Einschränkungen später kaum rechtliche Handhabe bieten.
- Alternative Handlungsmöglichkeiten: Bei anhaltenden lokalen Störungen sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Anbieter suchen und gegebenenfalls einen Anbieterwechsel in Betracht ziehen.
Es ist wichtig zu betonen, dass dieses Urteil nicht bedeutet, dass Sie bei Netzproblemen gar keine Rechte haben. Es gibt andere rechtliche Möglichkeiten, die je nach Ihrer individuellen Situation in Frage kommen könnten. Wenn Sie sich unsicher sind, welche Rechte Ihnen zustehen, sollten Sie sich von einem Anwalt beraten lassen.
FAQ – Häufige Fragen
Sie erleben Probleme mit Ihrem Mobilfunkempfang und fragen sich, ob Sie Anspruch auf Entschädigung haben? In unserer FAQ-Rubrik finden Sie Antworten auf alle Ihre Fragen rund um die Entschädigung für Mobilfunkstörungen. Egal ob es um die Höhe des Betrages, die Dauer der Störung oder die geltenden Bedingungen geht – unsere Experten klären auf und geben Ihnen hilfreiche Tipps für Ihr weiteres Vorgehen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Rechte habe ich bei einem vollständigen Dienstausfall meines Mobilfunkanbieters?
- Was gilt als vollständiger Dienstausfall im Sinne des Telekommunikationsgesetzes?
- In welchen Fällen habe ich keinen Anspruch auf Entschädigung bei Mobilfunkstörungen?
- Wie gehe ich vor, wenn ich eine Entschädigung für einen vollständigen Dienstausfall beanspruchen möchte?
- Welche Alternativen habe ich, wenn mein Mobilfunkanbieter keine zufriedenstellende Lösung für Netzstörungen bietet?
Welche Rechte habe ich bei einem vollständigen Dienstausfall meines Mobilfunkanbieters?
Bei einem vollständigen Dienstausfall des Mobilfunkanbieters haben Verbraucher bestimmte Rechte, die im Telekommunikationsgesetz (TKG) verankert sind. Ein vollständiger Dienstausfall liegt vor, wenn weder Telefonie noch mobiles Internet genutzt werden können. In diesem Fall muss der Kunde den Ausfall unverzüglich beim Anbieter melden. Der Anbieter hat dann die Pflicht, die Störung schnellstmöglich und kostenlos zu beheben, sofern der Kunde sie nicht selbst verursacht hat.
Beseitigt der Anbieter die Störung nicht innerhalb von zwei Kalendertagen nach Eingang der Meldung, steht dem Kunden ab dem dritten Tag eine pauschale Entschädigung zu. Diese beträgt für den dritten und vierten Tag jeweils 5 Euro oder 10 Prozent des vertraglich vereinbarten Monatsentgelts, je nachdem welcher Betrag höher ist. Ab dem fünften Tag erhöht sich die Entschädigung auf 10 Euro täglich oder 20 Prozent des Monatsentgelts.
Der Anspruch auf Entschädigung besteht nur bei einem vollständigen Ausfall des Dienstes. Dies hat das Oberlandesgericht Braunschweig in einer aktuellen Entscheidung vom 20.03.2024 (Az. 9 U 54/23) klargestellt. Demnach reicht es nicht aus, wenn nur einzelne Leistungen wie beispielsweise die Mobiltelefonie gestört sind, andere Dienste wie mobiles Internet aber weiterhin funktionieren.
Neben der pauschalen Entschädigung haben Kunden das Recht, das monatliche Entgelt anteilig zu mindern. Die Minderung bezieht sich auf den Zeitraum, in dem die vertraglich vereinbarte Leistung nicht erbracht wurde. Hierbei ist zu beachten, dass eine kurzfristige Störung von etwa sieben Tagen im Jahr meist vertraglich vorgesehen und vom Kunden zu akzeptieren ist.
Bei anhaltenden Störungen besteht zudem die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung des Vertrages. Dies setzt jedoch voraus, dass der Anbieter trotz wiederholter Aufforderungen die Störung nicht behebt und dem Kunden ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar ist.
Um die genannten Rechte geltend zu machen, sollten Kunden den Ausfall sorgfältig dokumentieren. Dazu gehört das Festhalten von Beginn und Dauer der Störung sowie aller Kontaktaufnahmen mit dem Anbieter. Es empfiehlt sich, die Störungsmeldung schriftlich einzureichen und eine Frist zur Behebung zu setzen.
Reagiert der Anbieter nicht zufriedenstellend auf die Forderungen des Kunden, kann dieser sich an die Bundesnetzagentur wenden. Die Behörde bietet ein Schlichtungsverfahren an, um eine außergerichtliche Lösung zu finden. Dieses Verfahren ist für Verbraucher kostenlos und kann helfen, eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden.
Bei der Durchsetzung von Ansprüchen ist zu beachten, dass die Bundesnetzagentur selbst keine Entschädigungen durchsetzen kann. Hierfür sind im Streitfall die Zivilgerichte zuständig. Kunden können sich bei der Durchsetzung ihrer Rechte von Verbraucherzentralen oder einem Rechtsanwalt unterstützen lassen.
Was gilt als vollständiger Dienstausfall im Sinne des Telekommunikationsgesetzes?
Ein vollständiger Dienstausfall im Sinne des Telekommunikationsgesetzes liegt vor, wenn eine der vertraglich geschuldeten Leistungen eines Telekommunikationsdienstes gänzlich nicht verfügbar ist. Dies betrifft nicht nur Situationen, in denen alle Leistungen eines Vertrags ausfallen, sondern auch den Ausfall einzelner Dienste.
Bei Mobilfunkverträgen gilt beispielsweise bereits der komplette Ausfall der Telefonie als vollständiger Dienstausfall, selbst wenn andere Funktionen wie Datenübertragung noch funktionieren. Das Oberlandesgericht Braunschweig hat in einem Urteil vom 20.03.2024 (Az.: 9 U 54/23) klargestellt, dass der Ausfall der Mobiltelefonie in der Wohnung des Kunden einen vollständigen Dienstausfall darstellt. Die Möglichkeit, außerhalb der Wohnung zu telefonieren, ändert daran nichts.
Entscheidend ist die Nichtverfügbarkeit einer wesentlichen Vertragsfunktion. Bei einem Internetanschluss wäre dies etwa der komplette Ausfall des Internetzugangs. Lokale Einschränkungen können als vollständiger Dienstausfall gewertet werden, wenn sie den Kernbereich der Nutzung betreffen. So wurde im genannten Fall die fehlende Mobilfunkverbindung in der Wohnung als ausreichend erachtet, da die Nutzbarkeit innerhalb der eigenen vier Wände als wesentlich angesehen wird.
Die Bereitstellung einer Ersatzlösung durch den Anbieter kann den Anspruch auf Entschädigung ausschließen. Allerdings muss diese Ersatzlösung im Wesentlichen gleichwertig sein. Eine WLAN-Telefonie wurde vom Gericht nicht als gleichwertig zur Mobilfunktelefonie eingestuft, da sie von der verfügbaren Bandbreite abhängt und nicht überall in der Wohnung gleich gut funktioniert.
Der vollständige Dienstausfall muss nicht großflächig sein. Auch der Ausfall bei einem einzelnen Verbraucher kann einen Entschädigungsanspruch begründen. Die Dauer des Ausfalls spielt ebenfalls eine Rolle. Ein nur vorübergehender, kurzzeitiger Ausfall reicht in der Regel nicht aus. Der Ausfall muss von einer gewissen Erheblichkeit sein, um als vollständig im Sinne des Gesetzes zu gelten.
Bei Bündelverträgen, die mehrere Dienste umfassen, ist zu beachten, dass der Ausfall eines einzelnen Dienstes ausreichen kann. Wenn beispielsweise in einem Vertrag, der Festnetztelefonie, Mobilfunk und Internet umfasst, nur die Festnetztelefonie ausfällt, kann dies bereits als vollständiger Dienstausfall dieses spezifischen Dienstes gewertet werden.
In welchen Fällen habe ich keinen Anspruch auf Entschädigung bei Mobilfunkstörungen?
Bei Mobilfunkstörungen besteht kein Anspruch auf Entschädigung, wenn kein vollständiger Ausfall des Dienstes vorliegt. Dies hat das Oberlandesgericht Braunschweig in einem Urteil vom 20. März 2024 klargestellt. Demnach reicht es nicht aus, wenn lediglich die Mobiltelefonie gestört ist, andere Dienste wie Datenübertragung oder SMS-Versand aber weiterhin funktionieren. Der Begriff „Dienst“ im Sinne des Telekommunikationsgesetzes umfasst die Gesamtheit der vertraglich vereinbarten Leistungen und nicht einzelne Teilleistungen.
Ein weiterer Fall, in dem keine Entschädigung gewährt wird, liegt vor, wenn der Kunde die Störung selbst zu vertreten hat. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Nutzer Einstellungen am Gerät vorgenommen hat, die zu Verbindungsproblemen führen. Auch bei unsachgemäßer Handhabung des Mobiltelefons, die zu Schäden am Gerät und damit zu Störungen führt, entfällt der Anspruch auf Entschädigung.
Höhere Gewalt stellt ebenfalls einen Ausnahmetatbestand dar. Wenn etwa Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Stürme zu Netzausfällen führen, können Kunden keine Entschädigung verlangen. Der Anbieter hat in solchen Fällen die Störung nicht zu vertreten.
Gesetzlich zulässige Maßnahmen des Anbieters schließen einen Entschädigungsanspruch aus. Hierzu zählen etwa notwendige Wartungsarbeiten am Netz, die zu temporären Ausfällen führen können. Solche Maßnahmen dienen der Aufrechterhaltung oder Verbesserung des Netzbetriebs und sind daher hinzunehmen.
Ein interessanter Aspekt ergibt sich aus der Rechtsprechung des Landgerichts Göttingen. Dieses hat entschieden, dass die Möglichkeit, außerhalb der Wohnung zu telefonieren, einen Netzausfall zu Hause nicht kompensiert. Allerdings hat das Oberlandesgericht Braunschweig diese Ansicht nicht bestätigt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in diesem Punkt entwickeln wird.
Der Anbieter muss dem Kunden nach Eingang der Störungsmeldung innerhalb eines Kalendertages mitteilen, welche Maßnahmen er zur Behebung der Störung einleitet. Erfolgt diese Information nicht, kann dies zu Entschädigungsansprüchen führen. Allerdings entfällt der Anspruch, wenn der Kunde die Störungsmeldung nicht oder nicht rechtzeitig an den Anbieter übermittelt hat.
Bei kurzzeitigen Störungen von weniger als zwei Kalendertagen nach Eingang der Störungsmeldung besteht kein Anspruch auf Entschädigung. Das Gesetz sieht eine Entschädigung erst ab dem dritten Tag der Störung vor. Kurze Unterbrechungen müssen Kunden also hinnehmen, ohne eine finanzielle Kompensation erwarten zu können.
Wie gehe ich vor, wenn ich eine Entschädigung für einen vollständigen Dienstausfall beanspruchen möchte?
Bei einem vollständigen Ausfall eines Telekommunikationsdienstes können Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen eine Entschädigung vom Anbieter verlangen. Der Anspruch ergibt sich aus § 58 Absatz 3 des Telekommunikationsgesetzes (TKG).
Zunächst muss eine Störungsmeldung beim Anbieter erfolgen. Dies sollte unverzüglich nach Feststellung des Ausfalls geschehen, idealerweise schriftlich per E-Mail oder über das Kundenportal des Anbieters. Dabei sind der genaue Zeitpunkt des Ausfallbeginns sowie eine möglichst detaillierte Beschreibung der Störung anzugeben.
Der Anbieter hat dann zwei Kalendertage Zeit, die Störung zu beheben. Erst wenn dies nicht gelingt, entsteht ab dem Folgetag ein Entschädigungsanspruch für jeden weiteren Tag des vollständigen Dienstausfalls. Die Höhe der Entschädigung beträgt 5 Euro oder 10 Prozent des vertraglich vereinbarten Monatsentgelts, je nachdem welcher Betrag höher ist.
Für die spätere Geltendmachung des Anspruchs ist eine sorgfältige Dokumentation des Ausfalls wichtig. Dazu gehören Screenshots von Fehlermeldungen, Protokolle erfolgloser Verbindungsversuche sowie Aufzeichnungen über die Dauer und den Umfang der Störung. Auch Zeugenaussagen von Nachbarn oder Familienmitgliedern können hilfreich sein, um den Ausfall zu belegen.
Nach Behebung der Störung sollte der Anbieter schriftlich zur Zahlung der Entschädigung aufgefordert werden. Dabei sind die genauen Ausfallzeiten, die Art der Störung sowie die Höhe der geforderten Entschädigung anzugeben. Dem Schreiben sollten die gesammelten Nachweise beigefügt werden.
Reagiert der Anbieter nicht oder lehnt er die Zahlung ab, kann der Anspruch auch gerichtlich geltend gemacht werden. Vor einem Gerichtsverfahren besteht die Möglichkeit, ein Schlichtungsverfahren bei der Bundesnetzagentur einzuleiten. Dies ist in der Regel kostenfrei und kann helfen, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen.
Bei der Beurteilung, ob tatsächlich ein vollständiger Dienstausfall vorlag, sind die Gerichte streng. Das Oberlandesgericht Braunschweig hat in einer aktuellen Entscheidung (Az. 9 U 54/23 vom 20.03.2024) klargestellt, dass ein Entschädigungsanspruch nur besteht, wenn sämtliche vertraglich vereinbarten Dienste ausgefallen sind. Der Ausfall einzelner Leistungen, wie etwa nur der Telefonie, reicht demnach nicht aus.
Verbraucher sollten daher genau prüfen und dokumentieren, welche Dienste konkret betroffen waren. Fällt beispielsweise nur das mobile Internet aus, während Telefonie und SMS weiterhin funktionieren, liegt kein vollständiger Dienstausfall im Sinne des Gesetzes vor. In solchen Fällen kommt stattdessen ein Minderungsanspruch nach § 57 Absatz 4 TKG in Betracht.
Welche Alternativen habe ich, wenn mein Mobilfunkanbieter keine zufriedenstellende Lösung für Netzstörungen bietet?
Bei anhaltenden Netzstörungen ohne zufriedenstellende Lösung durch den Mobilfunkanbieter stehen Kunden verschiedene Handlungsoptionen zur Verfügung. Eine Möglichkeit besteht in der Dokumentation der Störungen und der wiederholten Kontaktaufnahme mit dem Anbieter. Dabei empfiehlt es sich, die Störungen detailliert festzuhalten, etwa durch Screenshots oder Protokolle, und den Anbieter schriftlich zur Behebung aufzufordern.
Führt dies nicht zum gewünschten Ergebnis, können Kunden eine Beschwerde bei der Bundesnetzagentur einreichen. Die Behörde kann den Fall prüfen und gegebenenfalls vermittelnd tätig werden. Allerdings hat sie keine Befugnis, direkt in das Vertragsverhältnis einzugreifen oder Ansprüche durchzusetzen.
Eine weitere Option stellt die Minderung des monatlichen Entgelts dar. Gemäß § 57 Abs. 4 TKG haben Kunden das Recht, bei erheblichen Leistungsabweichungen das vertraglich vereinbarte Entgelt zu reduzieren. Die genaue Höhe der Minderung muss im Dialog mit dem Anbieter geklärt werden.
In besonders schwerwiegenden Fällen, etwa bei einem vollständigen Dienstausfall über einen längeren Zeitraum, kommt ein außerordentliches Kündigungsrecht in Betracht. Hierbei ist zu beachten, dass dem Anbieter in der Regel zunächst eine angemessene Frist zur Behebung der Störung eingeräumt werden muss.
Kunden können auch einen Anbieterwechsel in Erwägung ziehen. Das Telekommunikationsgesetz sieht vor, dass ein Wechsel innerhalb eines Arbeitstages erfolgen muss. Dabei besteht die Möglichkeit, die bisherige Rufnummer mitzunehmen.
Bei fortbestehenden Problemen und Uneinigkeit mit dem Anbieter bietet sich die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens an. Die Bundesnetzagentur stellt hierfür eine Schlichtungsstelle zur Verfügung, die eine außergerichtliche Streitbeilegung ermöglicht.
Als letztes Mittel bleibt der Rechtsweg. Kunden können ihre Ansprüche vor einem Zivilgericht geltend machen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass gemäß einem Urteil des OLG Braunschweig (Az.: 9 U 54/23 vom 20.03.2024) für eine Entschädigung nach § 58 Abs. 3 TKG ein vollständiger Ausfall aller Dienste aus dem Mobilfunkvertrag vorliegen muss. Der Ausfall einzelner Leistungen, wie beispielsweise nur der Telefonie, reicht dafür nicht aus.
Vor der Einleitung rechtlicher Schritte empfiehlt sich in jedem Fall die Konsultation einer Verbraucherzentrale oder eines auf Telekommunikationsrecht spezialisierten Anwalts. Diese können die individuellen Erfolgsaussichten einschätzen und bei der Durchsetzung der Rechte unterstützen.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Vollständiger Dienstausfall: Ein vollständiger Dienstausfall liegt vor, wenn der Telekommunikationsdienst flächendeckend und dauerhaft nicht nutzbar ist. Dies unterscheidet sich von lokalen Störungen, wie im vorliegenden Fall, wo der Dienst nur an bestimmten Orten nicht funktionierte. Für einen Entschädigungsanspruch nach § 58 Abs. 3 TKG muss der Dienst komplett ausfallen, nicht nur teilweise eingeschränkt sein. Ein Beispiel wäre ein bundesweiter Netzausfall eines Mobilfunkanbieters über mehrere Stunden.
- Lokale Einschränkungen der Netzabdeckung: Diese bezeichnen Störungen des Mobilfunknetzes, die nur in bestimmten geografischen Bereichen auftreten. Im Urteilsfall konnte der Kläger in seiner Wohnung nicht telefonieren, während der Dienst andernorts funktionierte. Solche örtlich begrenzten Probleme gelten laut OLG Braunschweig nicht als vollständiger Dienstausfall im Sinne des § 58 Abs. 3 TKG. Verbraucher haben bei solchen Einschränkungen keinen Anspruch auf Entschädigung, selbst wenn wichtige Nutzungsorte betroffen sind.
- Entschädigungsanspruch: Dies bezeichnet das Recht eines Verbrauchers, bei Leistungsstörungen eine finanzielle Kompensation vom Dienstleister zu fordern. Im Telekommunikationsbereich regelt § 58 Abs. 3 TKG diesen Anspruch für vollständige Dienstausfälle. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach der Dauer des Ausfalls und dem monatlichen Vertragspreis. Wichtig ist, dass nicht jede Störung einen Anspruch begründet – nur ein vollständiger, flächendeckender Ausfall kann laut OLG Braunschweig zu einer Entschädigung führen.
- Telekommunikationsgesetz (TKG): Dieses Gesetz regelt den rechtlichen Rahmen für Telekommunikationsdienste in Deutschland. § 58 Abs. 3 TKG, auf den sich der Kläger berief, sieht Entschädigungen bei vollständigen Dienstausfällen vor. Das OLG Braunschweig hat die Auslegung dieses Paragrafen präzisiert, indem es lokale Störungen vom Anwendungsbereich ausschloss. Das TKG zielt darauf ab, die Rechte von Verbrauchern zu schützen, muss aber auch die Interessen der Dienstanbieter berücksichtigen.
- Rechtliche Handhabe: Dieser Begriff beschreibt die Möglichkeiten eines Verbrauchers, seine Rechte gegenüber einem Dienstleister durchzusetzen. Im Fall lokaler Netzstörungen hat das OLG Braunschweig die rechtliche Handhabe der Verbraucher eingeschränkt, indem es keinen Entschädigungsanspruch zuerkannte. Verbraucher können bei solchen Problemen zwar Beschwerde einlegen oder den Anbieter wechseln, haben aber kaum Aussicht auf rechtlichen Erfolg. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, vor Vertragsabschluss die Netzabdeckung zu prüfen.
- Netzabdeckung: Dies bezeichnet die geografische Reichweite und Qualität des Mobilfunknetzes eines Anbieters. Die Netzabdeckung kann je nach Standort, Topografie und vorhandener Infrastruktur variieren. Das OLG-Urteil betont die Bedeutung der Netzabdeckungsprüfung vor Vertragsabschluss, da lokale Einschränkungen keinen Entschädigungsanspruch begründen. Verbraucher sollten die Abdeckungskarten der Anbieter konsultieren und gegebenenfalls Erfahrungsberichte einholen, um Probleme wie im Urteilsfall zu vermeiden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 58 Abs. 3 TKG (Telekommunikationsgesetz): Dieser Paragraph regelt den Anspruch auf Entschädigung bei vollständigem Ausfall von Telekommunikationsdiensten. Im vorliegenden Fall wurde er vom Kläger als Grundlage für seine Forderung nach Entschädigung angeführt, da er aufgrund von Netzstörungen seinen Mobilfunkdienst nicht nutzen konnte. Das Gericht stellte jedoch klar, dass die Störung nicht als vollständiger Ausfall im Sinne des Gesetzes zu werten ist.
- § 437 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Rechte des Käufers bei Mängeln an der Kaufsache. Im vorliegenden Fall könnte er relevant sein, da der Kläger aufgrund der Netzstörungen die vertraglich vereinbarte Leistung (Mobilfunkdienst) nicht in vollem Umfang nutzen konnte. Das Gericht müsste prüfen, ob die Netzstörung als Mangel im Sinne des Gesetzes zu werten ist und welche Rechte dem Kläger daraus möglicherweise zustehen.
- § 280 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt den Schadensersatzanspruch bei Pflichtverletzungen. Im vorliegenden Fall könnte er relevant sein, wenn der Mobilfunkanbieter seine vertraglichen Pflichten verletzt hat, indem er keine ausreichende Netzabdeckung gewährleistet hat. Das Gericht müsste prüfen, ob eine Pflichtverletzung vorliegt und ob dem Kläger daraus ein Schadensersatzanspruch zusteht.
- Art. 102 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union): Dieser Artikel verbietet missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung. Im vorliegenden Fall könnte er relevant sein, wenn der Mobilfunkanbieter eine marktbeherrschende Stellung hat und diese ausnutzt, um seinen Kunden keine Entschädigung für Netzstörungen zu zahlen. Das Gericht müsste prüfen, ob eine marktbeherrschende Stellung vorliegt und ob diese missbräuchlich ausgenutzt wird.
- Richtlinie 2018/1972/EU (Europäischer Kodex für die elektronische Kommunikation): Diese Richtlinie regelt den Zugang zu und die Nutzung von elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten. Im vorliegenden Fall könnte sie relevant sein, da sie Mindeststandards für die Qualität von Telekommunikationsdiensten festlegt. Das Gericht müsste prüfen, ob die Netzstörungen des Mobilfunkanbieters gegen diese Mindeststandards verstoßen und welche Rechte dem Kläger daraus möglicherweise zustehen.
Das vorliegende Urteil
OLG Braunschweig – Az.: 9 U 54/23 – Urteil vom 20.03.2024
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 11. August 2023 – 4 O 78/23 – teilweise abgeändert:
Die Klage wird auch im Übrigen abgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
Dieses Urteil und das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Göttingen, soweit dieses aufrechterhalten worden ist, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.500,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten eine Entschädigungszahlung nach § 58 Abs. 3 TKG wegen Störungen der Mobiltelefonverbindung bei mehreren mit der Beklagten abgeschlossenen Mobilfunkverträgen im Zeitraum von März bis einschließlich Dezember des Jahres 2022.
Der Kläger war zum Betrieb seines (ersten) Mobiltelefonanschlusses mit der Ruf-Endnummer 19 Kunde bei der Beklagten, einer Anbieterin von Mobilfunkleistungen („Handyverträgen“). Ab dem 17.2.2022 konnte er aufgrund einer Netzstörung mit seinem Mobiltelefon in seiner Wohnung sowie in deren unmittelbarer Nähe regelmäßig nicht mehr telefonieren, an allen anderen Orten aber durchaus.
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Ungeachtet dieser auf diese Weise anhaltenden Störung schloss der Kläger am 13.3.2022 mit der Beklagten einen weiteren Mobilfunkvertrag zur Ruf-Endnummer 93 mit vertraglichem Beginn zum 18.3.2022. Die Störung, die sich in gleicher Weise bei dem weiteren Mobilfunkanschluss zeigte, meldete er der Beklagten am 22.3.2022. Obwohl beide Mobilfunkanschlüsse noch in seinem unmittelbaren häuslichen Umfeld gestört blieben, schloss der Kläger bei der Beklagten am 24.4.2022 noch einen zusätzlichen Mobilfunkvertrag mit der Ruf-Endnummer 95 ab. Auch bei dessen vertraglich vorgesehenem Beginn zeigte sich dieselbe Störung. Die Störung hielt bis mindestens 31.12.2022 an. Mit seiner Klage begehrt der Kläger von der Beklagten für diesen Zeitraum für jeden der drei Mobilfunkanschlüsse eine Entschädigung von jeweils 10 € pro Tag, insgesamt 7.500,00 € nebst Verzugszinsen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands I. Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (S. 2 – 5 = Bl. 811 – 814, Bd. I. d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage in Bezug auf den schon vor der Störung bestehenden Anschluss mit der Ruf-Endnummer 19 stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 2.810,00 € nebst Zinsen verurteilt.
Der Anspruch folge aus § 58 Abs. 1, 3 TKG. Es liege eine Störung im Sinne der Vorschrift vor. Zwar habe die Beklagte den vom Kläger behaupteten Ausfall des Sendemastes an dessen Wohnort bestritten. Sie habe jedoch dargelegt, dass aufgrund wechselnder Störungen anderer Stationen die den Kläger versorgende Basisstation zeitweilig überlastet gewesen sei. Dies stelle eine Störung dar, weil die Basisstation ihre originäre Aufgabe aufgrund der Auslastung nicht mehr habe erfüllen können. Die insoweit mindestens sekundär darlegungspflichtige Beklagte habe keine weiteren Angaben dazu gemacht, aus welchem Grund und in welchem Zeitraum die Störungen der anderen Stationen bestanden haben. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Störung über den gesamten Zeitraum angedauert habe.
Die Störung habe einen vollständigen Ausfall des Dienstes bewirkt. Dienst sei der vertraglich mit dem Verbraucher vereinbarte Telekommunikationsdienst. Zwar könne der Telekommunikationsdienst aus einem Bündel von Leistungen, wie Anschluss, Telefonie, Datenübertragung und SMS bestehen. Dies bedeute aber nicht, dass ein vollständiger Ausfall nur anzunehmen wäre, wenn alle in einem Vertrag geschuldeten Leistungen nicht mehr möglich seien. Nach der Legaldefinition in § 3 Nr. 61 TKG seien Telekommunikationsdienste in der Regel gegen Entgelt über Telekommunikationsnetze erbrachte Dienste, die Internetzugangsdienste, interpersonelle Telekommunikationsdienste und Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen bestehen, umfassen. Gemessen daran sei der Telekommunikationsdienst nicht die Gesamtheit der vertraglich geschuldeten Leistungen, sondern die jeweilige einzelne vertraglich vereinbarte Leistung. Auch die Möglichkeit, bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages Datenoptionen und Telefonie separat zu buchen, zeige, dass es sich hierbei um zwei verschiedene Dienste handele. Vorliegend sei ein vollständiger Ausfall des Dienstes „Telefonie über Mobilfunk“ gegeben gewesen. Der Kläger habe im streitgegenständlichen Zeitraum in seiner Wohnung mit den genannten Telefonnummern nicht telefonieren können.
Unerheblich sei, dass der Kläger und seine Familienangehörigen außerhalb der klägerischen Wohnung telefonieren konnten. Das Wesen der Mobiltelefonie sei es, zu jeder Zeit und an jedem Ort telefonieren zu können, ohne dafür den Ort wechseln zu müssen.
Die Möglichkeit über WLAN zu telefonieren lasse den Anspruch nicht entfallen. Ein Entfall der Entschädigung sei nur denkbar, wenn der Nutzer vom Anbieter „eine im Wesentlichen gleichwertige Ersatzmöglichkeit“ für die Nutzung des ausgefallenen Dienstes erhalte. Es sei gerichtsbekannt, dass die Versorgung einer Wohnung oder eines Hauses mit WLAN „nicht immer gleichmäßig und in zufriedenstellendem Maße“ gelinge. Die Telefonie über WLAN, die zudem von der verfügbaren Bandbreite abhänge, stelle damit keine im Wesentlichen gleichwertige Alternative zur Mobilfunktelefonie dar.
Der Kläger könne aber nur für den von seiner Tochter genutzten Anschluss mit der Ruf-Endnummer 19 eine Entschädigung beanspruchen. Denn er habe die anderen beiden Verträge erst am 13.3.2022 und am 24.4.2022 und damit fast einen Monat bzw. mehr als zwei Monate nach dem Auftreten der Störung abgeschlossen. Es sei mit dem Sinn und Zweck der Entschädigungsregelung nicht vereinbar, wenn ein Mobilfunkkunde in dem positiven Wissen um das Bestehen einer längerfristigen Störung einen Mobilfunkvertrag abschließe und im Anschluss eine Entschädigung erlange. Der Kläger habe sich daher treuwidrig im Sinne von § 242 BGB verhalten.
Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 8.9.2023 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 19.9.2023 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der antragsgemäß verlängerten Begründungsfrist mit am 29.11.2023 per Telefax eingegangenem Schriftsatz begründet. Darin verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter. Sie ist der Ansicht, das Landgericht habe den Begriff des „Dienstes“ im Sinne des § 58 Abs. 3 Satz 1 TKG falsch ausgelegt. Ein Entschädigungsanspruch komme nur bei gleichzeitigem Ausfall aller vertraglich vereinbarten Telekommunikationsleistungen in Betracht. Unabhängig davon stelle die Möglichkeit über WLAN zu telefonieren eine geeignete Ersatzlösung dar und lasse den Entschädigungsanspruch entfallen.
Die Beklagte beantragt, – wie erkannt – .
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es zu seinen Gunsten ergangen ist.
Im Übrigen ist er der Ansicht, er habe sich nicht treuwidrig verhalten. Schließlich habe die Beklagte ihn, als er mit ihr trotz der bekannten Störung zwei weitere Mobilfunkverträge abgeschlossen habe, nicht auf das Vertragsrisiko hingewiesen.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt der Kläger, das Urteil des Landgerichts Göttingen 01.09.2023 – 4 O 78/23 – abzuändern, soweit damit die Klage abgewiesen wurde, und die Beklagte weiter zu verurteilen, über den dem Kläger mit dem angefochtenen Urteil bereits zuerkannten Betrag hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von 4.690,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den klägerischen Schriftsatz vom 07.11.2023 (Bl. 16 – 19, Bd. II. d.A.) sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 29.11.2023 (Bl. 28 – 48, Bd. II. d.A.) Bezug genommen.
II.
Berufung und Anschlussberufung sind zulässig (nachfolgend zu Ziff. 1). Die Berufung ist begründet (s. u. zu Ziff. 2), die Anschlussberufung hingegen nicht (s. u. zu Ziff. 3). Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (s. u. zu Ziff. 4).
1.
Die Beklagte hat ihre Berufung form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 517, 519, 520 ZPO. Insbesondere ist die Ersatzübermittlung der Berufungsbegründung per Telefax wirksam, § 130d Satz 2 und 3, § 130 Nr. 6 Hs. 2 ZPO. Zwar ist die Berufungsbegründung durch einen Rechtsanwalt grundsätzlich elektronisch zu übermitteln (§ 130d Satz 1 ZPO). Die Beklagte hat jedoch entsprechend § 130d Satz 2, 3 ZPO glaubhaft gemacht, dass ihr eine elektronische Übermittlung technisch unmöglich war. Laut amtlicher Auskunft fanden am 29.11.2023 im fraglichen Zeitraum Wartungsarbeiten des IT.Niedersachsen an der virtuellen Poststelle Niedersachsen (Intermediär) statt, die den Empfang von Nachrichten per EGVP behinderten (vgl. Verfügung vom 05.12.2023, Bl. 54R, Bd. II. d.A., sowie die Kopie der amtlichen Auskunft auf Bl. 55, Bd. II. d.A.). Die Ersatzübermittlung nach den allgemeinen Vorschriften – vorliegend per Telefax unter Wiedergabe der Unterschrift in Kopie (siehe Schriftsatz vom 29.11.2023, S. 2 = Bl. 23, Bd. II. d.A.) – war damit wirksam, § 130d Satz 2, § 130 Nr. 6, Hs. 2 ZPO.
Die Anschlussberufung ist ebenfalls zulässig. Der Kläger hat sie form- und fristgerecht am 8.11.2023, mithin vor Ablauf der erst danach gesetzten Berufungserwiderungsfrist (vgl. Verfügung vom 05.12.2023 = Bl. 54, Bd. II. d.A.), eingereicht, § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
2.
Die Berufung hat in der Sache Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Entschädigungsanspruch wegen der behaupteten Netzausfälle. Insbesondere ist die Auffassung des Landgerichts, dem Kläger stehe ein Entschädigungsanspruch aus § 58 Abs. 3 TKG zu, nicht frei von Rechtsfehlern.
Es fehlt an dem Tatbestandsmerkmal des „vollständigen Ausfalls des Dienstes“, vgl. § 58 Abs. 3 TKG. Der „Dienst“ im Sinne des § 58 Abs. 3 TKG ist der vertraglich mit dem Verbraucher vereinbarte Telekommunikationsdienst. Vollständiger Dienstausfall bedeutet die gänzliche Nichtverfügbarkeit des Dienstes. Entgegen der Ansicht des Klägers und des Landgerichts genügt es dabei nicht, wenn ein Verbraucher – wie hier – lediglich daran gehindert ist, über das vom Anbieter zur Verfügung gestellte Mobilfunknetz zu telefonieren. Kann der Verbraucher die sonstigen vertraglich vereinbarten Telekommunikationsleistungen, wie beispielsweise die Datenübertragung oder das Versenden von SMS, weiterhin nutzen, ist der „Dienst“ nicht vollständig, sondern nur teilweise ausgefallen. „Dienst“ im Sinne des § 58 Abs. 3 TKG bezeichnet nicht die jeweilige vertragliche Einzelleistung (wie z. B. „Telefonie über Mobilfunk“), sondern die Gesamtheit der vertraglich geschuldeten Telekommunikationsleistungen (BeckOK InfoMedienR/Kiparski, 42. Ed. 1.2.2022, TKG § 58 Rn. 33; Schuler, K&R 2023, 766, 768).
a)
Bereits aus dem Wortlaut des § 58 Abs. 3 Satz 1 TKG folgt, dass für den Dienstbegriff die Gesamtheit der geschuldeten Leistungen maßgeblich ist. Erforderlich ist ein „vollständiger Ausfall des Dienstes“ [Hervorhebung hier durch den Senat]. Hätte der Gesetzgeber an die jeweilige vertragliche Einzelleistung anknüpfen wollen, wäre zu erwarten gewesen, stattdessen vom „vollständigen Ausfall eines Dienstes“ zu sprechen.
b)
Diese Auslegung wird auch durch die Gesetzesbegründung gestützt:
aa)
Danach bezieht sich die Regelung zur Entstörung „auf Festnetz- und Mobilfunkverträge“ (BT-Drs. 19/26108, 290). Das verdeutlicht, dass Anknüpfungspunkt für den Entschädigungsanspruch nicht die jeweilige vertragliche Einzelleistung, sondern der Festnetz- bzw. Mobilfunkvertrag als solcher ist (vgl. BeckOK InfoMedienR/Kiparski, 42. Ed. 1.2.2022, TKG § 58 Rn. 33). Zwar können bei Abschluss von Mobilverträgen verschiedene Einzelleistungen auch separat gebucht werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es sich hierbei um verschiedene Dienste handeln würde. Maßgeblich für die Bestimmung des vom Anbieter geschuldeten Dienstes ist allein die zwischen den Parteien bestehende vertragliche Vereinbarung. Dies gilt unabhängig davon, ob die Einzelleistungen separat oder zusammen gebucht wurden. Denn die Leistungen bilden in beiden Fällen einen einheitlichen Mobilfunkvertrag.
bb)
Die Gesetzesbegründung spricht ferner ausdrücklich davon, es bleibe dem Anbieter „zur Vermeidung langandauernder Dienstausfälle und der sich daraus ergebenden Haftungsfolgen […] unbenommen, dem Verbraucher sinnvolle Ersatzlösungen zur Verfügung zu stellen, um ihm die Nutzung seiner Dienste ganz oder zumindest teilweise [Hervorhebung durch den Senat] zu ermöglichen“ (BT-Drs. 19/26108, 291). Der Gesetzgeber geht demzufolge davon aus, dass ein Ersatzanspruch bei teilweiser Behebung des Ausfalls vollständig entfällt (vgl. BeckOK InfoMedienR/Kiparski, 42. Ed. 1.2.2022, TKG § 58 Rn. 34; Beck’scher TKG-Kommentar/Brünning, 5. Aufl., TKG § 58 Rn. 43). Anknüpfungspunkt für den Begriff des „Dienstes“ kann dann aber nur die Gesamtheit der vertraglich geschuldeten Leistungen, nicht dagegen die jeweilige vertragliche Einzelleistung sein.
c)
Die Legaldefinition des Telekommunikationsdienstes in § 3 Nr. 61 TKG steht dem nicht entgegen. Anders als das Landgericht meint, sind der Begriff des Telekommunikationsdienstes in § 3 Nr. 61 TKG und der Begriff des Dienstes in § 58 Abs. 3 TKG keine Synonyme (vgl. auch Schuler, K&R 2023, 766, 768). Die Legaldefinition in § 3 Nr. 61 TKG dient maßgeblich der Bestimmung des Anwendungsbereichs des TKG (§ 1 Abs. 2 TKG). Sie gilt unabhängig von konkreten vertraglichen Vereinbarungen und baut darum auf einem rein funktional-technischen Ansatz auf (vgl. BT-Drs. 19/26108, 236). Der Begriff des „Dienstes“ in § 58 Abs. 3 TKG knüpft dagegen an die konkrete vertragliche Vereinbarung der Vertragsparteien an.
d)
Die Gesetzessystematik spricht ebenfalls dafür, auf die Gesamtheit der vertraglich geschuldeten Telekommunikationsleistungen abzustellen. In § 57 Abs. 4 Satz 1 TKG ist ein eigenständiges Minderungsrecht geregelt. Dieses knüpft tatbestandlich an eine vertragliche Schlechtleistung an und sichert auf Rechtsfolgenseite das Äquivalenzinteresse des Verbrauchers (vgl. BT-Drs. 19/26964, 47 f.). Dagegen beinhaltet § 58 Abs. 3 TKG eine Art gesetzlich normierte „Vertragsstrafe“ (so die Gesetzesbegründung, vgl. BT-Drs. 19/26108, 291) für den Fall des vollständigen Ausfalls des Dienstes. Der Verbraucher ist im Falle von Beeinträchtigungen und Ausfällen vertraglicher Einzelleistungen über das Minderungsrecht in § 57 Abs. 4 Satz 1 TKG bereits ausreichend geschützt.
Da das Minderungsrecht zudem nicht bei jeder Schlechtleistung, sondern nur „im Falle von anhaltenden oder häufig auftretenden erheblichen Abweichungen zwischen der tatsächlichen und der im Vertrag angegeben Leistung eines Telekommunikationsdienstes“ (§ 57 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 TKG) greift, verbliebe dem Minderungsrecht bei Zugrundelegung der landgerichtlichen Auslegung kaum ein sinnvoller Anwendungsbereich. Es ist nichts dafür erkennbar, dass der Gesetzgeber dies gewollt hat. Vielmehr hat er bewusst ein Minderungsrecht für Störungen des Äquivalenzinteresses geschaffen und den auf der Rechtsfolgenseite in der Regel deutlich intensiveren Entschädigungsanspruch aus § 58 Abs. 3 TKG nur für Fälle des vollständigen Ausfalls des vertraglich geschuldeten Leistungsbündels vorgesehen.
e)
Ferner widerspricht die von § 58 Abs. 3 Satz 2 TKG vorgesehene Rechtsfolge der landgerichtlichen Auslegung. Danach beträgt die Höhe der Entschädigung am dritten und vierten Tag 5 Euro oder 10 Prozent und ab dem fünften Tag 10 Euro oder 20 Prozent der vertraglich vereinbarten Monatsentgelte, je nach dem welcher Betrag höher ist. Unter Zugrundelegung der landgerichtlichen Auslegung müsste bei Ausfall mehrerer vertraglicher Einzelleistungen letztlich ein Entschädigungsanspruch von täglich 10 Euro pro ausgefallener Einzelleistung bestehen. Bei Ausfall von Telefonie, Datenübertragung und SMS müsste dem Verbraucher also konsequenterweise ein Entschädigungsanspruch von 30 Euro pro Tag zustehen (vgl. Schuler, K&R 2023, 766, 768). Es ist indes weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass der Gesetzgeber eine solche „Vervielfachung“ der Haftung beabsichtigt hat.
Auch der Umstand, dass die prozentuale Entschädigung von 20 Prozent sich der Höhe nach an dem vertraglich vereinbarten Monatsentgelt und nicht an dem auf die Einzelleistung entfallenden Betrag orientiert, spricht gegen die landgerichtliche Auslegung. Fällt beispielsweise eine in ihrer Bedeutung für den Verbraucher eher untergeordnete Einzelleistung wie z. B. das Versenden von SMS aus, so wäre eine Entschädigung, die das gesamte Monatsentgelt zugrunde legt, unangemessen hoch.
f)
Eine Auslegung, die für den Dienstbegriff auf die Gesamtheit der geschuldeten Leistungen abstellt, ist auch mit Sinn und Zweck des Entschädigungsanspruchs aus § 58 Abs. 3 TKG vereinbar. Der Anspruch soll Anbietern von Telekommunikationsdiensten einen wirtschaftlichen Anreiz bieten, Störungen schnellstmöglich zu beheben. Denn laut Gesetzesbegründung sei es in der Vergangenheit zu einer Vielzahl unzureichender bzw. fehlender Bearbeitungen von Störungsmeldungen gekommen (vgl. BT-Drs. 19/26108, 290). Gleichzeitig hat der Gesetzgeber aber auch betont, dass dem Anbieter durch Schaffung sinnvoller Ersatzlösungen die Möglichkeit gegeben werden soll, Haftungsfolgen zu vermeiden (s.o.). Der Gesetzgeber hat somit einen wirtschaftlich sinnvollen Ausgleich der widerstreitenden Interessen angestrebt. Ein solcher sinnvoller Ausgleich wird gewährleistet, wenn der Verbraucher bei Ausfall von Einzelleistungen sein Minderungsrecht aus § 57 Abs. 4 TKG geltend machen und bei Totalausfall der geschuldeten Telekommunikationsleistungen über den intensiveren Entschädigungsanspruch aus § 58 Abs. 3 TKG vorgehen kann.
3.
Die Anschlussberufung ist unbegründet. Da – wie ausgeführt – die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 58 Abs. 3 TKG wie auch aus sonstigen Anspruchsgrundlagen bereits dem Grunde nach nicht vorliegen, ist schon deshalb auch die weitergehende Klageforderung nicht begründet.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
Der Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erfordert eine klärungsbedürftige Rechtsfrage. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage nicht allein deshalb, weil sie noch nicht vom Bundesgerichtshof beantwortet wurde. Andernfalls liefe die Bejahung der Klärungsbedürftigkeit auf einen Zirkelschluss hinaus. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage beispielsweise erst dann, wenn sie in der obergerichtlichen Rechtsprechung oder in der Literatur unterschiedlich beurteilt wird (vgl. Nober in: Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl., § 543 Rn. 8; Prütting/T. Winter in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl., § 543 Rn. 16). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Begriff des „vollständigen Ausfalls des Dienstes“ i. S. v. § 58 Abs. 3 TKG anders verstanden wird als hier dieser Entscheidung zugrundegelegt. Dass das Landgericht Göttingen in der Vorinstanz eine andere Auffassung vertreten hat, begründet keinen Revisionszulassungsgrund nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordert vorliegend nicht die Zulassung der Revision. Von einer uneinheitlichen Rechtsprechung im Sinne dieser Zulassungsnorm kann erst gesprochen werden, wenn sie auf der Ebene der zuständigen Berufungsgerichte vorliegt (vgl. BVerfG WM 2016, 1434, 1435 zu IV 1 b aa [2]). Auch das ist hier derzeit nicht der Fall. Aus dem Umstand, dass der Zulassungsgrund der Divergenz unterschiedliche entscheidungserhebliche obergerichtliche Rechtsauffassungen voraussetzt, folgt gleichzeitig, dass die Rechtsprechung der Berufungsgerichte selbst Bestandteil der Fortbildung des Rechts ist und, solange sie nicht entscheidungserheblich divergiert, keiner Vereinheitlichung durch das Revisionsgericht bedarf.
Der festgesetzte Streitwert folgt aus der Addition der Werte des mit dem jeweiligen Rechtsmittel geltend gemachten Interesses an der Abänderung der Entscheidung, §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG, 3 ZPO.
Der Schriftsatz der Beklagten vom 29.2.2024 (Bl. 97-105 d.A.) ist nicht berücksichtigt worden und brauchte daher zuvor dem Kläger nicht zugänglich gemacht zu werden.