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eBay-Auktion – Schadensersatzansprüche gegen Verkäufer bei vorzeitigem Auktionsabbruch

AG Alzey, Az.: 28 C 165/12

Urteil vom 26.06.2013

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung von Schadensersatz nach einer abgebrochenen Auktion auf der Internetplattform ebay.

eBay-Auktion – Schadensersatzansprüche gegen Verkäufer bei vorzeitigem Auktionsabbruch
Symbolfoto: Casimiro/Bigstock

Der Beklagte stellte unter dem Nutzernamen „…“ ein Apple iPhone 4S – 16 GB – weiß (ohne Simlock) – NEU & OVP (verschweißt) mit der Artikelnummer 280924460143 auf www.ebay.de mit einem Startpreis von einem Euro als Angebot ein. Der Kläger gab daraufhin am 18.07.2012 unter dem Nutzernamen „…“ ein Maximalgebot in Höhe von 223,00 € für diesen Artikel ab. Am 20.07.2012 beendete der Beklagte das Angebot ohne Angaben von Gründen vorzeitig. § 10 Abs. 1 eBay AGB besagt, dass in solchen Fällen ein Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Höchstbietenden zustande kommt. Zu dem Zeitpunkt des Angebotabbruchs war der Kläger Höchstbietender mit 200,00 €.

Der Kläger bot im Zeitraum von Oktober bis November 2012 auf weit über 100 Angebote insbesondere mit vertragsfreien Handys und anderen elektronischen Geräten, wobei er fast ausnahmslos jeweils nur ein einziges Angebot abgab, ohne dieses bei Bedarf noch einmal zu erhöhen (vergleiche im Einzelnen Gebotsübersicht des Klägers, Anlage B 1, Bl. 120-136 dA); ein ähnliches Bieterverhalten zeigte er bereits vor der streitgegenständlichen Auktion.

Der Kläger befindet sich in ähnlich gelagerten parallelen Rechtsstreiten gegen Balzer und gegen Müller, in denen er die beklagten Verkäufer nach gescheiterten eBay-Auktionen ebenfalls auf Schadenersatz bzw. Leistung in Anspruch nimmt (vergleiche im einzelnen Seite zwei des Schriftsatzes des Beklagten vom 19.3.2013).

Der Kläger ist der Ansicht, es sei zwischen ihm und dem Beklagten ein Kaufvertrag über das besagte Smartphone zu einem Preis von 200,00 € zustande gekommen. Nach erfolgloser Aufforderung, ihm das iPhone gegen Überweisung des Kaufpreises zuzusenden, habe er am 9.08.2012 den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert. Die Höhe des Schadens richte sich nach dem Marktwert eines gleichwertigen Geräts abzüglich des Kaufpreises. Dabei seien Ausreißer sowohl nach oben als auch nach unten zu berücksichtigen.

Er beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 442,86 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.09.2012 zu zahlen.

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 19,50 € für entstandene Auskunftskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 83,54 € an außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2012 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, der Kläger habe sich sittenwidrig und rechtsmissbräuchlich verhalten, was einem Vertragsschluss entgegen stehe. Er habe das iPhone nicht erwerben wollen, sondern auf den Abbruch der Auktion spekuliert, um auf einen Vertrag mit einem günstigeren Kaufpreis zu pochen oder gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Das lasse sich anhand seines Bietverhaltens darlegen. Danach fehle es bereits an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 BGB, da bereits kein gesetzliches Schuldverhältnis vorliegt. Ein Kaufvertrag zwischen den Parteien über ein Apple iPhone 4S – ist mangels Rechtsbindungswillen des Klägers nicht zustande gekommen. Zudem stünde der Durchsetzbarkeit des Kaufvertrags das aus § 242 BGB abgeleitete Rechtsinstitut des Rechtsmissbrauchs entgegen.

Grundsätzlich kommt bei Abbruch der Auktion durch den Verkäufer ein Kaufvertrag mit dem Höchstbietenden zustande. Es kann nicht zu Lasten des Käufers gehen, wenn ein Angebot ohne Grund vorzeitig zurückgenommen wird. Das sich daraus ergebende Risiko hat der Verkäufer zu tragen. Der Käufer gibt ja gerade eine verbindliche Willenserklärung ab. Der Verkäufer hat zudem diverse Möglichkeiten, sich gegen einen Vertragsabschluss zu schützen. Ihm steht es frei, ein Mindestgebot festzusetzen, die Sofortkauf-Option wahrzunehmen, eine Anzeige im eBay-Kleinanzeigenmarkt zu schalten oder nach Abbruch der Auktion seine Willenserklärung anzufechten. Dies geschah hier allerdings nicht. Durch die erfolglose Aufforderung, das Handy gegen Zahlung zuzusenden, hat der Käufer an sich Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung. Dabei ist der Käufer so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung stünde. Der durchschnittliche Marktwert ist demnach anhand vergleichbarer Geräte zu ermitteln. Dabei sind sehr niedrige und auch überdurchschnittliche Werte relevant.

Im vorliegenden Fall fehlt es indes schon am ehrlichen Kaufinteresse des Klägers und damit am Rechtsbindungswillen. Diese fehlende Voraussetzung einer Willenserklärung führt dazu, dass ein Kaufvertrag nicht zustande kam. Der Kläger ging in verschiedenen Fällen auf die gleiche Art und Weise vor, einzig mit dem Ziel, bei vorzeitigem Auktionsabbruch den § 10 Abs. 1 eBay AGB auszunutzen. Er erhob mehreren Verkäufern gegenüber Klage, die alle ihre Auktionen vorzeitig beendeten, um seine vermeintlich gegebenen Schadensersatzansprüche geltend zu machen. So verhielt es sich auch hier. Der Kläger war daher tatsächlich an einem Vertragsschluss mit dem Beklagten nicht interessiert. Die Absicht, sich rechtlich an das Geschäft binden zu wollen, ist vielmehr auszuschließen. Sein Bietverhalten lässt deutlich erkennen, dass er nicht die Absicht hatte, bei der Auktion tatsächlich als Höchstbietender hervorzugehen. Durch die Abgabe von jeweils einzelnen Angeboten bei zahlreichen Auktionen weit unter dem Marktwert des jeweiligen Artikels, ist vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger bei Ablauf der Auktion meist überboten worden wäre. Im Fall des vorzeitigen Abbruchs allerdings, konnte er mit dem höchsten Gebot auf Einhaltung der eBay AGB pochen. Ihm war es so möglich, die Erfüllung des Kaufvertrags beziehungsweise den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung geltend zu machen. Es ging ihm freilich primär um die Erlangung von Profit und nicht um den regulären Abschluss eines Kaufvertrags.

Das rechtsmissbräuchliche Verhalten des Klägers ergänzt das gewonnene Bild. In dem zielgerichteten Streben nach Gewinn, ist ein solch treuwidriges und unzulässiges Verhalten zu erkennen. Das kann im Einzelfall, wie in diesem, bei der Ausübung eines individuellen Rechts beanstandet werden. Weiter ist dem Bietverhalten des Klägers zu entnehmen, dass er systematisch nach Fehlern und Irrtümern von Anbietern auf der eBay-Plattform gesucht hat, um diese, wie bereits beschrieben, auszunutzen. Er ist den Umständen entsprechend nicht schutzwürdig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1, 713 ZPO.

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