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Dreiecks-Betrug im Rahmen einer ebay-Internetauktion

AG Löbau, Az.: 1 Cs 430 Js 15780/10, Urteil vom 23.08.2011

1. Die Angeklagte wird f r e i g e s p r o c h e n .

2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten trägt die Staatskasse.

Gründe

(abgekürzt nach § 267 Abs. 5 Satz 2 StPO)

I.

Im Anklagesatz der Staatsanwaltschaft Görlitz vom 24.3.2011 wurde der Angeklagten Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB wegen folgenden Sachverhalts vorgeworfen:

Zu nicht näher ermittelbarer Zeit Ende Januar 2010 habe die Angeklagte über das Internet-Auktions-Haus „ebay“ eine DVD-Box „Star Treck“ zum Verkauf gestellt, obwohl sie weder willens und/oder fähig gewesen sei, diese Box tatsächlich zu liefern.

Am 02.02.2010 habe die Geschädigte D. W. diese DVD-Box zum Preis von 139,- € erworben und den Betrag dann vereinbarungsgemäß auf ihr Konto bei der Volksbank Löbau-Zittau eG, Konto-Nummer … überwiesen.

Dreiecks-Betrug im Rahmen einer ebay-Internetauktion
Symbolfoto: ibphoto/Bigstock

Entsprechend ihrer vorgefassten Absicht habe die Angeklagte weder die DVD-Box geliefert noch den Kaufpreis zurückgezahlt.

II.

Die Angeklagte ist aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Die Angeklagte hat nicht im Sinne von § 263 Abs.1 StGB „getäuscht“.

Dem vorliegenden Sachverhalt liegt ein raffinierter ebay-„Dreiecks-Betrug“ zugrunde, wobei die „Zentralfigur“ des Geschehens eine Frau S. O. (Bl. 7 d. A.) gewesen ist.

Die Angeklagte geriet deshalb zu Unrecht in Verdacht, weil Frau O. mit ihren Manipulationen erreichte, dass die Geldzahlung der Geschädigten Frau W. – obwohl diese ihre nicht gelieferte DVD-Sammlung von Frau O. gekauft hatte – an Frau F. ging.

1.

Frau O. täuschte Frau W. und auf folgende Weise:

a. Im Rahmen einer „CHINESE_AUCTION“ verkaufte Frau O. unter ihrem eBay-Mitgliedsnamen s… als Verkäufer am 02.02.2010 mit Angebotsende 20:20:52 Uhr die DVD-Sammlung „Star Treck Voyager Staffel 1 – 7 neu! insgesamt 47 DVD“ zu 139,59 € an Frau D. W.. Frau W. ist die Geschädigte. Die Registrierungs-IP von s… bezieht sich laut den Bestandsdaten von eBay eindeutig auf Frau O..

b. Im Rahmen einer unmittelbar anschließenden „CHINESE_AUCTION“ ebenfalls bei eBay erwarb Frau O. wiederum unter ihrem eBay-Mitgliedsnamen s… als Käufer von „l…“ (das ist der eBay-Mitgliedsname der Angeklagten Frau F.) ein Handy „Nokia N 95 wenig benutzt“ zu 125,- €. Angebotsende war der 02.02.2010 um 20:48:11 Uhr, also knapp eine halbe Stunde später als vorstehend unter a.

c. Telefonisch oder per Mail – das weiß die Angeklagte nicht mehr genau – teilte Frau O. sodann der Angeklagten (siehe vorstehend unter b.) mit, dass sie inzwischen nach Italien verzogen sei. Deshalb solle sie das Handy an ihre dortige Anschrift nach Italien schicken. Da sie aber am neuen Wohnort noch kein Konto habe, werde eine „Freundin“ aus Deutschland die Bezahlung regeln.

Zusätzlich, so die Angeklagte, habe Frau O. ihr mitgeteilt, dass die Kosten der Versendung des Handys mit dem Paketdienst „Hermes“ nach Italien unter Berücksichtigung des Kaufpreises von 125,- € weitere 14,- € betragen, sodass ihr der entsprechend höhere Betrag von 139,- € überwiesen wird. (Über den genauen Namen des Paketdienstes war sich die Angeklagte nicht mehr ganz sicher, sie meint auch, dass bei den 14,- € noch eine Versicherung für die Auslandsversendung mit dabei war.)

d. Mit einem weiteren Mail benachrichtigte Frau O. die Geschädigte Frau W. (siehe oben unter a.), dass sie, also Frau W., den Kaufpreis für die DVD-Sammlung – und das ist jetzt entscheidend – von 139,- € auf das Konto von Frau F. überweisen soll. Frau O. gab sich dabei als die Angeklagte Frau F. aus. Den Namen, die Kontodaten usw. der Angeklagten konnte Frau O. angeben, sie hatte die Daten im Rahmen der Abwicklung des Handy-Kaufs über eBay erhalten. (Dass der genaue Kaufpreis der DVD-Sammlung 139, 59 € betrug, spielte später bei Frau W. noch eine Rolle, dazu unter Ziffer 2.).

2.

Der vorstehende Sachverhalt, den sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung aufgrund der Hinweise des Verteidigers „zusammenreimen“ musste, wird durch folgende Umstände bewiesen:

Die Geschädigte Frau W. überwies, wie oben ausgeführt, aufgrund der getürkten Angaben von Frau O. (als Frau F.) zunächst den angegebenen Kaufpreis für die DVD-Sammlung von 139,- € auf das Konto von Frau F. (dazu war sie in dem E-Mail von Frau O., wie dargestellt, angewiesen). Nachdem die DVD-Sammlung dann nicht kam, fragte Frau W. mit Mail am 15.2.2010 bei ihrem Ebay-Verkäufer „s…“ nach. Allerdings redete sie den Verkäufer mit „Hallo Frau F.“ an. Das ist auch klar, in dem erhaltenen Mail von „s…“ hatte sich Frau O., wie ausgeführt, als „F.“ bezeichnet und deren Kontonummer angegeben.

Daraufhin schickte Frau O. am 16.2.2010 folgende Antwort als Postschreiben: „Sehr geehrte Frau W., heute habe ich Ihr Schreiben erhalten, mit dem ich leider nichts anfangen kann. Da ich kein Ebay-Kunde bin und auch keine DVD’s versteigert habe, kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen. Außerdem hat mich Ihre Anrede verwundert. Zwar habe ich im letzten Jahr geheiratet, jedoch hieß ich nie „F.“. Mein Mädchenname ist L…, seit 2009 heiße ich O…..“ . Aus vorgenanntem Antwortschreiben ergibt sich der entscheidende Täternachweis augenscheinlich: Obwohl Frau O. ausdrücklich kein eBay-Kunde sein will, ist sie an den beiden oben (unter Ziffer 1. a. und b.) genannten eBay-Auktionen beteiligt gewesen, und zwar als Verkäuferin der DVD-Sammlung um 20:20:52 Uhr und als Käufer des Nokia-Handys mit Angebotsende um 20:48:11 Uhr.

Und: Wie ausgeführt hatte Frau O.(als Frau F.) die Geschädigte Frau W. per Mail aufgefordert, nur 139,- € an Frau F. zu überweisen, was diese am 4.2.2010 auch tat. Als Frau W. aber bemerkte, dass der Kaufpreis gemäß der eBay-Verhandlung genau um 59 Cent höher war, überwies sie noch nachträglich am 15.02. 2010 an Frau F. diese restlichen 0,59 €, was diese, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärte, nicht verstehen konnte.

Es besteht noch ein offener Punkt, den sich das Gericht wie folgt erklärt: Wie ausgeführt hatte Frau O. zunächst für 139,59 € die DVD-Sammlung versteigert. Bei ihrem späteren Erwerb des Nokia-Handys zu 125,- € musste sie praktisch im Voraus die Versandkosten für die von ihr verlangte Übersendung des Pakets an die Scheinadresse nach Italien mit 14,- € einkalkulieren. Das Gericht geht insoweit davon aus, dass Frau O. über diese Kosten bei einem bestimmten Paketdienst informiert war und deshalb wußte, nur genau bis 125,- € bieten zu können.

III.

Aufgrund des Freispruchs der Angeklagten ergibt sich die Kostenentscheidung aus § 467 Abs. 1 StPO.

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