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Mehrere Widerrufsbelehrungen zulässig?

OLG Stuttgart – Az.: 2 U 98/13 – Urteil vom 24.04.2014

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 17. Juli 2013 (Az.: 10 O 33/13 KfH) a b g e ä n d e r t und wie folgt n e u g e f a s s t:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen, soweit der Klageantrag Ziffer 1 zurückgewiesen wird. Im Übrigen wird sie nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 40.000,- EUR.

Gründe

Der Kläger macht wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche aus der Verwendung einer Seite eines Formulars für Verbraucherdarlehen geltend.

Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 17. Juli 2013 (Az.: 10 O 33/13 KfH) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat, der Klage insgesamt stattgebend, die Beklagte unter Ordnungsmittelandrohung verurteilt:

1. Der Beklagten wird untersagt, im Zusammenhang mit der Vergabe von Darlehen an Verbraucher eine Widerrufsbelehrung zu verwenden oder verwenden zu lassen, die nicht deutlich gestaltet ist, wie nachfolgend geschehen in dem Vertragsformular 192 643.000 (Fassung November 2011): [es folgt die angegriffene Gestaltung].

2. Der Beklagten wird untersagt, im Zusammenhang mit der Vergabe von Darlehen an Verbraucher eine Widerrufsbelehrung zu verwenden oder verwenden zu lassen, in der das Ankreuzen von Belehrungsbestandteilen vorgesehen ist, soweit diese für den jeweiligen Einzelfall einschlägig sind, wie geschehen in dem Vertragsformular 192 643.000 (Fassung November 2011).

Hierzu hat das Landgericht ausgeführt:

Die zulässige Klage sei aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 491, 503, 495 BGB, Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB begründet.

Die Widerrufsbelehrung bei Verbraucherkreditverträgen habe in deutlicher und hervorgehobener Form zu erfolgen. Zwar sei in § 495 BGB auf § 360 Abs. 1 BGB nicht Bezug genommen. Aber das Deutlichkeitsgebot in Bezug auf die Form ergebe sich aus Art. 247 § 6 EGBGB, wie die Wortlautauslegung und die Auslegung nach der Gesetzessystematik ergäben, durch Sinn und Zweck der Belehrung gestützt.

Eine inhaltlich zutreffende Belehrung versetze den Verbraucher noch nicht in die Lage, sein Widerrufsrecht auszuüben, was eine in der Form hervorgehobene Belehrung erfordere.

Die Argumentation der Beklagten führe dazu, dass bei weniger bedeutenden Verträgen, die unter § 360 BGB fielen, strengere Anforderungen gälten.

Die angegriffene Verletzungsform (Klageantrag und Schriftsatz vom 19.06.2013 – GA 69) in Ziffer 14 des Vertragstextes, unmittelbar nach den Ziffern 12 und 13 des Vertragsmusters, gestaltet wie aus Anlage K 3 bzw. B 1 ersichtlich, genüge dem Gebot deutlicher Hervorhebung nicht. Danach müsse sich die Widerrufsbelehrung gestalterisch vom übrigen Text abheben. Das könne erfolgen durch mannigfache Varianten in Schriftart, Schriftdicke, Umrahmungen, farbliche Unterlegungen usw., wenn dadurch der bezweckte, nicht übersehbar, augenfällige Hinweis auf die Widerrufsbelehrung aus der Sicht eines verständigen Darlehensnehmers gewahrt sei. Dem werde der Vertragstext nicht gerecht (näher LGU 22 f.).

Das Ankreuzmodell sei als solches bereits unlauter, unabhängig davon, ob das passende Kreuz, wie in der Anlage K 3, nicht gesetzt sei. Die Belehrung sei inhaltlich klar zu erteilen. Zusätze, die zur Verdeutlichung der Belehrung nicht erforderlich sind, seien unzulässig. Daher sei für jeden Vertragstyp grundsätzlich ein gesondertes Formular zu verwenden. Durch die „Ankreuzoptionslösung“ erfahre der Darlehensnehmer zwar, wenn die entsprechenden, für den Vertrag geltenden Widerrufsbelehrungsinhalte angekreuzt seien, welche Rechte er habe. Die Ankreuzoptionslösung widerspreche aber sowohl dem inhaltlichen wie dem gestalterischen Deutlichkeitsgebot. Zum einen müsse der Darlehensnehmer zunächst feststellen, welche Widerrufsbelehrung angekreuzt worden sei. Das sei ihm zwar durchaus leicht möglich. Dadurch werde aber die Übersichtlichkeit und Deutlichkeit der Gestaltung beeinträchtigt. Zum anderen werde der Darlehensnehmer sich ggf. auch mit den nicht angekreuzten Optionen befassen. Dadurch werde er möglicherweise irritiert. Die Widerrufsbelehrung werde bei der von der Beklagten gewählten Lösung deutlich umfangreicher. Auch das widerspreche dem Deutlichkeitsgebot.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel prozessordungsgemäß begründet.

Sie trägt gegen das landgerichtliche Urteil vor:

Rechtsirrig gehe das Landgericht davon aus, dass es bei Verbraucherdarlehensverträgen entgegen den gesetzlichen Vorgaben nicht ausreiche, wenn die Pflichtangaben „klar und verständlich“ im Vertrag enthalten sind.

§ 495 Abs. 2 Nr. 1 BGB hebe ausdrücklich hervor, dass die Pflichtangaben i.S.v. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB die Widerrufsbelehrung ersetzten. Dem Wortlaut des Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB lasse sich entnehmen, dass weder eine optische Hervorhebung der Widerrufsbelehrung noch eine optische Hervorhebung der Pflichtangaben erforderlich sei. Demgemäß verpflichteten die Regelungen der §§ 491a Abs. 1, 492 Abs. 2 BGB den Darlehensgeber lediglich zur Erteilung der in Art. 247 EGBGB näher aufgeführten Informationen, die allerdings inhaltlich klar und verständlich formuliert sein müssten.

Dies erkenne im Grunde auch das Landgericht (LGU 20), komme dann aber zu einem unverständlichen Ergebnis, indem es sich zu unrecht auf die Gesetzesbegründung beziehe, die gerade ergebe, dass Art. 247 § 6 EGBGB lediglich die Pflichtangaben im Verbraucherdarlehensvertrag regele, weswegen nach Art. 247 § 6 EGBGB auch nur „klare und prägnante Angaben“ im Darlehensvertrag enthalten sein müssten und weswegen auch nur diese Pflichtangaben „aus sich heraus auch für den Darlehensnehmer verständlich sein“ müssten (vgl. BT-Drs. 16/11643, S. 127 und zu § 495 Abs. 2 Satz 1 BGB BT-Drs. 16/11643, S. 83, linke Spalte).

Dies ergebe sich auch aus der Systematik des Art. 247 § 6 EGBGB und dem Bezug auf § 495 f. BGB.

Die Muster gem. Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB seien später eingeführt worden. Ob der Kreditgeber sie verwende, stehe ihm frei. Der Norm komme über die darin enthaltene Gesetzlichkeitsfiktion hinaus keinerlei weitere Bedeutung im Hinblick auf die Ausweisung der Pflichtangaben zu.

BT-Drs. 17/1394, S. 21, werde vom Landgericht stark verkürzt und damit verfälschend zitiert. Weil verschiedentlich konstatiert worden sei, dass ohne konkrete Richtschnur des Gesetzgebers die Gefahr unwirksamer Widerrufsinformation drohe, offeriere der Gesetzgeber in Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB optional – gleichsam als sicheren Hafen – eine Gestaltungsvariante, bei der die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben aus Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB fingiert werde. Dadurch werde der Gleichklang mit § 355 Abs. 2 S. 1 und § 360 Abs. 1 S. 1 BGB hergestellt.

§ 495 Abs. 2 BGB erkläre nur die §§ 355 bis 359a BGB für entsprechend anwendbar, nicht aber § 360 Abs. 1 BGB. Dies sei aufgrund der europarechtlichen Vorgaben (Vollharmonisierungsgebot in Art. 22 Abs. 1 der Verbraucherkreditrichtlinie; vgl. zum Umsetzungswillen BT Drs. 17/1394 S. 1, 21) unterblieben.

Eine unübersehbare und deutliche Erteilung der Widerrufsbelehrung sowie der Pflichtangaben sei außerdem gegeben. Das Landgericht vermenge schon Widerrufsbelehrung mit Widerrufsinformation. Der Beurteilung müsse der gesamte Vertragstext zugrunde gelegt werden. Die Widerrufsinformation sei der einzige Vertragsbestandteil, der neben der fettgedruckten Balkenumrahmung, dem größeren Schriftbild und der hellgrauen Unterlegung zusätzlich eine gesonderte Überschrift „14 Widerruf“ außerhalb des Rahmens enthalte.

Die Widerrufsinformation sei optisch deutlich abgehoben, was die Berufung näher ausführt. Sie genüge damit sogar den Vorgaben des § 360 BGB. Dem trage die Argumentation des Landgerichts nicht Rechnung.

Das Landgericht habe offensichtlich den Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 08.07.2013, S.4 f., „in keinster Weise berücksichtigt“. Ein unvollständiger Sachverhalt könne jedoch keine tragfähige Entscheidungsgrundlage darstellen.

Andere Informationen wie die „Einwilligungen in die Datenweitergabe“ gemäß § 4 a Abs. 1 S. 4 BDSG hätten deutlich hervorgehoben werden müssen. Dass diese Erklärung fett umrandet und hellgrau hinterlegt sei, spiegele lediglich die rechtskonforme Gestaltung des Vertrages wider und könne der Beklagten nicht zum Nachteil gereichen.

§ 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 EGBGB erlaube kein separates Dokument zu verwenden, welches ausschließlich die Widerrufsinformation enthalte.

Angesichts mehrerer hervorzuhebender Hinweise stelle sich die Frage der praktischen Umsetzung.

Das gewählte Ankreuzmodell sei nicht unlauter. Der Darlehensnehmer werde durch das Ankreuzen der entsprechenden zutreffenden Alternativen ausreichend darüber in Kenntnis gesetzt, welche Rechte ihm im konkreten Einzelfall zustünden. Die weitere Argumentation des Landgerichts überzeuge nicht.

Irreführende Angaben oder Zusatzinformationen mit eigenem Erklärungswert, die weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung seien und die deshalb von ihr ablenkten, seien hier gerade nicht gegeben.

Aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers, auf die abzustellen sei, werde durch eine Sammelbelehrung insbesondere auch nicht das zutreffende Verständnis der in seinem Fall einschlägigen Belehrungsalternative erschwert.

Die Beklagte beantragt:

Unter Abänderung des am 17.07.2013 verkündeten und am 22.07.2013 zugestellten Urteils des Landgerichts Ulm Az.: 10 O33/13 KfH wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die Verurteilung:

Wie sich aus BT-Drs. 17/1394, S. 21 (K 8, dort S. 1, re. Spalte) ergebe, habe sich der Gesetzgeber in Bezug auf die Darstellungsweise der Widerrufsbelehrung in Verbraucherdarlehensverträgen einerseits und bei sonstigen belehrungspflichtigen Rechtsgeschäften andererseits für einen Gleichklang entschieden.

Die Ansicht der Beklagten führe dazu, dass derjenige, der das im Gesetz in Bezug genommene Muster verwende, strengeren Anforderungen unterliege als derjenige, der nicht darauf zurückgreife.

Die Bedeutung von Verbraucherkreditverträgen verbiete es, bei diesen hinter den Anforderungen für andere Verbraucherverträge nach § 360 BGB zurückzubleiben (vgl. BT-Drs. 16/11643, S. 127, linke Spalte Mitte und BT-Drs. 16/11643, S. 83, linke Spalte).

Abweichungen von dem Muster seien nur bei deutlich hervorgehobener Information zugelassen. Dass § 495 Abs. 2 BGB nur auf die §§ 355 bis 359a BGB verweise, nicht hingegen auf § 360 Abs. 1 BGB, widerlege dies nicht.

Art. 10 Abs. 2 der Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG) gebe vor, dass die in dieser Vorschrift aufgezählten Angaben in „klarer“ Form anzugeben seien, was „unterscheidbar“ bedeute. Wie dies gewährleistet werde, überlasse der europäische Gesetzgeber dem nationalen. Dies könne auch im Zuge einer Hervorhebung gefordert werden.

Die Gestaltung der Information durch die Beklagte sei, da sie als eine unter mehreren Informationen erscheine, unzureichend. Es sei schon falsch, dass die Beklagte auf das gesamte Dokument abstellen wolle, um dies zu beurteilen. Die Klägerin bestimme den Streitgegenstand. Untersagt werden solle der Beklagten die von ihr gewählte Darstellung auf der konkret im Unterlassungsantrag abgebildeten Seite. Maßgeblich sei daher allein, ob die Widerrufsbelehrung in Bezug auf die vorausgehenden vertraglichen Regelungen auf eben dieser Seite hervorgehoben sei. Entscheidend sei, was der Verbraucher wahrnehme, wenn er den Vertrag flüchtig durchblättere.

Das Landgericht habe die Unterschiede gewürdigt, sei aber zu dem richtigen Ergebnis gelangt.

Es gebe keine gesetzliche Pflicht, die Hinweise in Ziffer 12 grafisch hervorzuheben. Zu Ziffer 13 setze § 4a Abs. 1 S. 4 BDSG nicht zwingend voraus, dass diese Einwilligung im Vertragstext selbst enthalten sein müsse, sondern verlange lediglich, eine Hervorhebung, falls die Einwilligung mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werde.

Die konkrete Ausgestaltung der Widerrufsbelehrung als „Ankreuzvariante“ erweise sich schon deshalb als rechtswidrig, weil die Beklagte in der Praxis die einzelnen Kästchen gar nicht ankreuzen lasse (vgl. K 3, S. 5 f.). Selbst bei korrekter Auswahl verstieße die „Ankreuzvariante“ gegen das Deutlichkeitsgebot. Die Anlage stelle keinen Einzelfall dar. Die Beklagte sei schon nicht im Stande, zu gewährleisten, dass ihre Mitarbeiter das Ankreuzformular richtig ausfüllten. Jeglicher Zusatz sei schädlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug nimmt der Senat Bezug auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 20. März 2014.

Die Berufung ist zulässig und begründet. Sie führt daher zur Abweisung der Klage.

A

Die Klage ist zulässig. Insbesondere bestehen gegen den Klageantrag Ziffer 1 keine durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf die hinreichende Bestimmtheit (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Dadurch, dass die Klage sich nur gegen die konkrete Verletzungsform richtet und diese als Anlage in den Antrag einbezogen ist, ist durch die Nennung der Widerrufsbelehrung als Gegenstand des Anstoßes und die Beanstandung der Deutlichkeit in der Zusammenschau mit der Anspruchsbegründung der Kern der gerügten Verletzung und damit der Streitgegenstand (vgl. BGHZ 194, 314, bei juris Rz. 18 f. – Biomineralwasser) hinreichend beschrieben.

Die Klage ist jedoch mit beiden Anträgen unbegründet.

Der in Ziffer 1 des landgerichtlichen Urteiltenors zugesprochene Unterlassungsanspruch steht dem Kläger nicht zu. Zwar ist dem Landgericht in seiner Auffassung zu folgen, dass nach dem für die Entscheidung maßgebenden derzeit noch geltenden Recht eine grafisch hervorgehobene Darstellung des Widerrufsrechts (die Auseinandersetzung, ob statt dessen von Widerrufsinformation zu sprechen sei, ist inhaltlich ohne Bedeutung und soll daher hier nicht weiter vertieft werden; in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB spricht der Gesetzgeber selbst von einer erforderlichen Widerrufsbelehrung), geboten ist (dazu a). Aber eine solche ist in dem allein angegriffenen Formular K 3 (hier GA 15 f.) entgegen der Ansicht des Landgerichts hinreichend erfolgt (dazu b).

a)

Der Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in seiner derzeit noch geltenden Fassung vom 04. August 2011 gibt in seinen Sätzen 3 ff. für die Widerrufsbelehrung nach § 495 BGB vor: „Enthält der Verbraucherdarlehensvertrag eine Vertragsklausel in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 6 entspricht, genügt diese den Anforderungen der Sätze 1 und 2.“ (Satz 4 ist überholt). „Der Darlehensgeber darf unter Beachtung von Satz 3 in Format und Schriftgröße jeweils von dem Muster abweichen.“ Dieser Wortlaut des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB ist eindeutig. Daraus hat das Landgericht zutreffend abgeleitet, dass eine grafische Hervorhebung geboten ist. Die übrigen Auslegungstopoi führen zu keiner wortlautwidrigen Gesetzesauslegung. Auf die Argumentation des Landgerichts kann vorab Bezug genommen werden, mit Ausnahme des Argumentes, eine inhaltlich zutreffende Belehrung versetze den Verbraucher noch nicht in die Lage, sein Widerrufsrecht auszuüben, was eine in der Form hervorgehobene Belehrung erfordere; damit redet das Landgericht einem Verbraucherleitbild das Wort, das zwar aus dem Gesichtspunkt einer Optimierung des Verbraucherschutzes verständlich ist, aber zur höchstrichterlichen Rechtsprechung im Widerspruch steht, die auf einen durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher abstellt, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (vgl. BGHZ 156, 250, 252 f. = GRUR 2004, 244, 245 – Marktführerschaft; BGH, GRUR 2012, 1053, Rn 19 – Marktführer Sport; auch zum europarechtlichen Hintergrund Bornkamm, in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., Rn. 1.46 ff. zu § 5 UWG, m. zahlr. w. N.).

Die Angriffe der Berufung vermögen das landgerichtliche Urteil in diesem Punkt gleichwohl im Ergebnis nicht zu erschüttern.

aa)

Der Angriff, eine hervorgehobene Gestaltung der Widerrufsbelehrung sei nicht geboten, weil auf Verbraucherdarlehensverträge § 360 BGB nicht anwendbar sei, geht an der Gesetzessystematik vorbei.

 (1)

Im Verhältnis zwischen BGB und EGBGB gilt: Die Informationspflichten werden in § 495 BGB statuiert. Art 247 EGBGB regelt die Ausgestaltungsvorgaben zu diesen Pflichten. Damit ist die Weichenstellung, die der Gesetzgeber dadurch getroffen hat, dass er in § 495 BGB nicht auch auf § 360 BGB verwiesen hat, zu beachten, aber – was letztlich auch die Beklagte erkennt, indem sie ihre diesbezügliche Argumentation als nicht entscheidungserheblich bezeichnet – unergiebig.

Von daher kann die Berufung auch nichts daraus herleiten, dass Art. 247 § 6 EGBGB an § 495 BGB anknüpft. Indem sie daraus ablesen will, der unterbliebene Verweis auf § 360 BGB zeige, dass eine hervorgehobene Information nicht verlangt sei, argumentiert sie gegen die beschriebene Regelungssystematik.

Nichts anderes ist den §§ 491a Abs. 1, 492 Abs. 2 BGB zu entnehmen, die die Berufung zumindest missverständlich ins Feld führt. Sie enthalten nur einen Verweis auf Art. 247 § 6 EGBGB und die dort vorgegebene Form der Verbraucherinformation und sind also ungeeignet, diese Form zu beeinflussen.

 (2)

Die Systematik des Art. 247 § 6 EGBGB stützt die Berufung gleichfalls nicht. Dessen Absatz 1, aus dessen Wortlaut die Berufung den Maßstab für die Informationsgestaltung herleiten will („klar und verständlich“) und der Absatz 2 haben unterschiedliche, einander nicht überlappende Regelungsbereiche. Beide behandeln unterschiedliche Belehrungen bzw. Hinweise. Dies lässt zwar die Möglichkeit offen, dass der Gesetzgeber einen Gleichlauf gewollt habe. Der Umstand, dass er die Fälle eines Widerrufsrechts nach § 495 BGB in einem eigenen Absatz geregelt hat, steht aber dem Rückschluss entgegen, dass dies gesichert der Normsystematik zu entnehmen sei.

bb)

Dass nach § 495 Abs. 2 Nr. 1 BGB die Pflichtangaben i.S.v. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB die Widerrufsbelehrung ersetzen, sagt weder etwas aus über die Auslegung des Art. 247 § 6 EGBGB, noch etwas über die inhaltlichen Vorgaben an den Belehrungspflichtigen. Über die Zulässigkeit oder Gebotenheit einer in den Vertrag integrierten oder einer vom Vertrag formal getrennten Widerrufsbelehrung streiten die Parteien vorliegend nicht.

cc)

Mit der Gesetzesbegründung zu Art. 247 § 6 EGBGB hat sich das Landgericht zutreffend auseinandergesetzt. Die Berufungserwiderung verweist zurecht darauf, dass sie die Auslegung der Berufung nicht stützt.

dd)

Durch das in Art. 247 § 6 EGBGB in Bezug genommene Muster wollte der Gesetzgeber den Unternehmen eine Handreichung geben, wie sie risikolos ihre Informationspflichten erfüllen können, verbunden mit der Freistellung von dessen genauer Übergabe in Form und Schriftart (Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 5), nicht aber von dessen Inhalt. Ob dem Unternehmer damit auch eine Freiheit in der inhaltlichen Widergabe belassen wurde, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, Denn der Rechtsstreit wird nur um die formale Gestaltung geführt.

Durch die formale Offenheit aus Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 5 EGBGB sollen aber nicht die in derselben Norm gesetzten Vorgaben zur Gestaltung unterlaufen werden.

ee)

Die Beklagte will aus dem Vollharmonisierungsgebot (u.H. auf Art. 22 Abs. 1 der Verbraucherkreditrichtlinie u.H. auf BT Drs. 17/1394 S. 1, 21) herleiten, der deutsche Gesetzgeber habe sich vor diesem Hintergrund dagegen entschieden, die Voraussetzungen des § 360 BGB auch auf Verträge nach § 495 BGB für anwendbar zu erklären. Darin liegt aber noch keine Aussage über die Auslegung des Art. 247 § 6 EGBGB. Das Vollharmonisierungsgebot wird auch von der Berufung nicht dahin verstanden, dass das Erfordernis einer grafisch hervorgehobenen Verbraucherinformation europarechtswidrig sei.

ff)

Schließlich führt auch der Umstand, dass das Muster erst nachträglich eingeführt wurde, nicht an den Vorgaben vorbei, die der Gesetzgeber mit seiner Einführung getroffen hat. Selbst wenn er zunächst die von der Berufung vorgetragene Auslegung gewollt gehabt hätte, wäre diese durch die Einführung des Art. 247 § 6 EGBGB in der noch geltenden Fassung überholt.

b)

Die angegriffene Formulargestaltung genügt den gesetzlichen Vorgaben jedoch.

aa)

Diesbezüglich kann die Berufung aber mit ihrer Gehörsrüge keinen Erfolg haben, das Landgericht habe „offensichtlich“ den Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 08. Juli 2013, S.4 f., „in keinster Weise berücksichtigt“.

 (1)

Bestehen in einem Urteil Lücken in der Wiedergabe des Parteivorbringens oder befasst sich das Gericht nicht ausdrücklich mit allen Argumenten einer Partei, so ist dies grundsätzlich mit § 313 ZPO vereinbar. Es gilt gleichwohl die Vermutung, dass das Gericht den ihm unterbreiteten Streitstand zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Diese Vermutung entfällt erst dann, wenn ein Klageanspruch übergangen oder wesentlicher Sachvortrag ersichtlich nicht zur Kenntnis genommen und erwogen wurde (BVerfG, NJW 1985, 1149; 1982, 1453). „Ersichtlich“ bedeutet, dass aus dem Urteil unmittelbar erkennbar sein muss, dass das Gericht Streitstoff nicht wahrgenommen oder nicht gewürdigt hat. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist nur dann gegeben, wenn im Einzelfall besondere Umstände dies deutlich machen (vgl. BGH, Beschluss vom 03. Dezember 2013 – XI ZR 301/11, WM 2014, 123, bei juris Rz,. 9, u.H. auf BGHZ 154, 288, 300; BVerfGE 25, 137, 140; 47, 182, 187 f.; 54, 86, 92; 65, 293, 295 f.; 69, 233, 246; 70, 288, 293; 85, 386, 404; 88, 366, 375 f.; BVerfG, NJW 1994, 2279; NVwZ 1995, 1096; NJW 1998, 2583, 2584; NJW-RR 2002, 68, 69). So wenn es falsche Angaben zum Vorbringen der Partei enthält oder sich auf formelhafte oder unkritische Wendungen beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Mai 2012 – 1 BvR 1999/09, bei juris Rz. 14). Dies hat die Partei, die eine Gehörsrüge erhebt, im Einzelnen zusammen mit der Erheblichkeit dieser Rechtsverletzung für die angegriffene Entscheidung darzulegen.

 (2)

Dafür, dass das Landgericht Vortrag der Beklagten übergangen habe, trägt die Berufung – an diesem Maßstab gemessen – nicht tragfähig vor. Weder legt sie Umstände dar, die sicher darauf schließen ließen, das Landgericht habe ein bestimmtes tatsächliches Vorbringen übergangen, noch dessen Ursächlichkeit für die landgerichtliche Entscheidung.

bb)

Aber das Landgericht überspannt die Anforderungen an die Hervorhebung der Widerrufsbelehrung.

 (1)

Zweck der Hervorhebung ist es, sicherzustellen, dass der Verbraucher die Informationen zu seinem Widerrufsrecht bei der gebotenen Lektüre des Vertrages wahrnimmt und nicht über sie hinwegliest, insbesondere weil er sie an dieser Stelle nicht erwartet oder weil sie aufgrund ihrer äußeren Form in anderen Informationen untergehen.

 (2)

Zwar darf der Gesetzgeber dort, wo – wie im Verhältnis zwischen gewerblichem Darlehensgeber und Darlehensnehmer – typischerweise von einem Verhandlungsungleichgewicht auszugehen ist, in die Vertragsfreiheit eingreifen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 1 BvR 1842/11, 1 BvR 1843/11, bei juris Rz. 92). Die Eingriffsbefugnis findet eine Grenze aber in dem aus dem Rechtsstaatsgebot abgeleiteten und damit gleichfalls verfassungsrechtlich fundierten Übermaßverbot. Dieses verwehrt dem Gesetzgeber Grundrechtseingriffe und also auch Eingriffe in die durch Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG geschützte Vertragsgestaltungsfreiheit, die nicht zugleich geeignet und erforderlich sind, den legitimen Zweck zu erreichen, oder die dem zwar genügen, aber nicht angemessen im engeren Sinne sind, weil die Schwere des Eingriffs außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2014 – 1 BvR 1656/09, bei juris).

Dieser Verfassungsgrundsatz ist, obwohl die Grundrechte als Abwehrrechte die Freiheit des Bürgers gegen den Staat schützen und nicht darauf abzielen, seine Freiheit zugunsten anderer Bürger einzuschränken, auch bei der Gesetzesauslegung zu beachten, wenn Vorgaben gesetzt werden, die zwar im Zivilrecht enthalten, ihrem materiellen Gehalt nach aber Vorgaben des Staates an den Einzelnen sind, wie er sich im Rahmen einer Vertragsgestaltung zu verhalten habe; also auch bei der Auslegung der Vorschriften zu gesetzlich angeordneten Informationspflichten.

 (3)

Ohne tragfähigen Anhalt kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber habe Vorgaben statuieren wollen, die nicht erforderlich wären, um den Gesetzeszweck zu erreichen. Daher ist, soweit nach den allgemeinen Auslegungsregeln vertretbar, ein verfassungskonformer Gesetzesinhalt im Wege der Auslegung zu ermitteln.

 (4)

Der Gesetzeszweck erfordert es nicht, dass eine Hervorhebung der Widerrufsbelehrung in einer Form geschieht, die sich in dem Vertragsentwurf in gleicher Weise in Bezug auf keine andere zu gebende Belehrung oder Information findet. Dass der Gesetzgeber derartige Alleinstellungsgestaltungen nicht anordnen wollte, legt auch Art. 247 § 2 Abs. 2 S. 3 EGBGB in der Fassung vom 24. Juli 2010 nahe, wo ausdrücklich gleichartige Hervorhebungen als gesetzeskonform angegeben sind. Dort heißt es: „Verwendet der Darlehensgeber die Muster nicht, hat er bei der Unterrichtung alle nach den §§ 3 bis 5 und 8 bis 13 erforderlichen Angaben gleichartig zu gestalten und hervorzuheben.“. Zwar erfasst das ausdrückliche Gleichgestaltungsgebot § 6 nicht. Dies legt aber nicht den Umkehrschluss nahe, der Gesetzgeber habe die Informationspflichten aus § 6 besonders gestaltet sehen wollen. Dass er, wie die zitierte Norm zeigt, das Problem erkannt, in § 6 aber gleichwohl anders als in § 2 keine Vorgabe gesetzt hat, spricht dafür, dass er die Gestaltung einer Information nach Maßgabe des § 6 dem Informationspflichtigen überlassen wollte. Denn hätte er eine Hervorhebung des Widerrufsrechts in einzigartiger Weise gewollt, so hätte es nahegelegen, dies auszusprechen. Und eine so grundlegend höhere Bedeutung des Widerrufsrechts gegenüber den anderen Verbraucherrechten, die durch die von Art. 247 § 2 Abs. 2 EGBGB miterfasst sind, dass ein Alleinstellungserfordernis geradewegs selbstverständlich wäre, ist nicht gegeben.

 (5)

Der Beurteilung, ob die Hervorhebung dem Gesetzeszweck genügt, muss der gesamte Vertragstext zugrunde gelegt werden. Der Kläger bedient sich zur Begründung seiner gegenläufigen Ansicht eines Kunstgriffs, indem er eine Seite des Formulars aus dem Zusammenhang herausreißt und meint, diese über den Streitgegenstandsbegriff zum alleinigen Prüfungsgegenstand machen zu können. Dies widerspricht aber schon der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Streitgegenstand, derzufolge grundsätzlich die gesamte angegriffene Werbemaßnahme Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist (vgl. BGHZ 194, 314, bei juris Rz. 19 – Biomineralwasser; BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – I ZR 164/12, bei juris Rz. 13 f., m.w.N.).

Außerdem verzerrt der Kläger durch die Isolierung eines Teils des Formulars das Bild, das der angesprochene Verbraucher gewinnt, wenn ihm die Werbung entgegentritt. So wie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Ermittlung des Verständnisses eines Verbrauchers von einer Werbeaussage regelmäßig von einer Gesamtschau der Werbung auszugehen ist, ist auch die Frage, ob der Verbraucher hinreichend klar über sein Widerrufsrecht unterrichtet wird, nur aus einer Gesamtbetrachtung des Gesamtvertrages möglich. Dieser Bezugsrahmen entspricht auch dem Sinngehalt des Wortes „hervorheben“.

 (6)

Wie Informations- und Aufklärungsobliegenheiten gegenüber dem Verbraucher aus andren Rechtsnormen, beispielsweise diejenigen aus §§ 5, 5a UWG, sind auch die Informationspflichten nach § 495 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 EGBGB am neuen Verbraucherleitbild orientiert und haben daher nicht mehr den schwächsten Verbraucher zum Maßstab, sondern einen situationsadäquat aufmerksamen und informierten Durchschnittsverbraucher (vgl. dazu schon oben). Denn die Norm dient nicht dem Schutz einer besonders schutzbedürftigen Gruppe, sondern dem jeder natürlichen Person.

cc)

Die von der Beklagten in dem Formular nach Anlage K 3 unstreitig gewählten Abgrenzungszeichen sind ausreichend, den Gesetzeszweck zu erfüllen.

 (1)

Ein Anzeichen dafür, dass die von der Beklagten gewählte Hervorhebung der Intention des Gesetzgebers entspricht, liegt in der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gebliebenen Tatsache, dass die Umrahmung derjenigen in dem in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in Bezug genommenen Muster gleich gestaltet ist. Dies reicht zwar für sich genommen nicht aus, belegt aber doch in einem Hervorhebungsaspekt die Gesetzeskonformität.

 (2)

Zu der stärker gedruckten Einrahmung kommen die im Fettdruck hervorgehobene, allein gestellte, inhaltlich zutreffende und klare Überschrift sowie die weitere fettgedruckte Überschrift innerhalb des Rahmens.

 (3)

In ihrer Summe heben diese Elemente die Widerrufsbelehrung so augenfällig von dem keine Belehrungen oder Pflichthinweise enthaltenden Vertragstext ab, dass ein Verbraucher, der den Text mit der gebotenen Sorgfalt liest, sie besonders wahrnehmen wird. Dies kann der aus Verbrauchern zusammengesetzte Senat aus eigener Kenntnis beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2013 – I ZR 89/12, GRUR 2013, 1253, bei juris Rz. 17 und 26 – Matratzen Factory Outlet; OLG Stuttgart, Urteil vom 17. Januar 2013 – 2 U 92/12, WRP 2013, 648, bei juris Rz. 20).

Dass das angegriffene Formular ein Ankreuzen verschiedener Belehrungstexte vorsieht, macht seine Verwendung nicht unlauter.

aa)

Offen bleiben kann, welche rechtliche Bedeutung bei einem anderen Klageantrag dem Umstand zukommen könnte, dass in einem konkreten Fall das zur Kennzeichnung der zugehörigen Belehrung erforderliche Kreuz nicht gesetzt worden ist. Denn darauf ist der Klageantrag nicht ausgerichtet. Er wendet sich schon nach seinem klaren Wortlaut eindeutig und ausschließlich wegen der darin enthaltenen, zum Ankreuzen bestimmten Varianten gegen die Verwendung des Formulars K 3, ganz unabhängig davon, ob das nach dem Formular gebotene Kreuz gesetzt wird oder nicht. Ein auf Verwendungsfehler oder eine Missbrauchsabsicht gestützter Unlauterkeitsvorwurf, wie ihn der Kläger in zweiter Linie anspricht, hätte einen anderen Lauterkeitskern und findet in dem Klageantrag nicht die gebotene Wiedergabe.

b)

Die angegriffene Formulargestaltung stellt keinen Verstoß gegen die Vorgaben des Verbraucherkreditrechts in Verbindung mit Art. 247 EGBGB dar.

aa)

Das Widerrufsrecht bezweckt beim Verbraucherdarlehen ebenso wie beim Fernabsatzgeschäft den Schutz des Verbrauchers vor Überrumpelung. Es soll die Defizite ausgleichen, die vor dem Abschluss derartiger Verträge typischerweise zum Nachteil des Verbrauchers bestehen. Wegen der Bedeutung des Widerrufsrechts für den Verbraucher bei einem Verbraucherkreditvertrag schreibt § 495 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 6 EGBGB ausdrücklich die Information des Verbrauchers vor.

Der Verbraucher soll durch die Belehrung über ein Widerrufsrecht nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten (vgl. BGHZ 180, 123, bei juris Rz. 14; BGH, Urteil vom 04. Juli 2002 – I ZR 55/00, GRUR 2002, 1085, 1086 = WRP 2002, 1263 – Belehrungszusatz, zu § 355 Abs. 2 BGB a.F. m.w.N.). Auch inhaltliche Zusätze zur Widerrufsbelehrung sind schädlich, wenn sie die Erklärung in ihrer Deutlichkeit beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 04. Juli 2002 – I ZR 55/00, GRUR 2002, 1085 – Belehrungszusatz).

Jedoch ist nicht jedweder Zusatz unzulässig. Zulässig sind dem Zweck entsprechend Ergänzungen, die keinen eigenen Inhalt aufweisen und den Inhalt der Widerrufsbelehrung verdeutlichen (BGHZ 180, 123, bei juris Rz. 18; zu Art. 246 EGBGB: BGH, Urteil vom 09. November 2011 – I ZR 123/10, MDR 2012, 862, bei juris Rz. 24, u.H. auf BGH, GRUR 2002, 1085, 1086 – Belehrungszusatz, m.w.N.; s. ferner BGH, Urteile vom 11. März 2008 – XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829, Tz. 13; und vom 13. Januar 2009 – XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 14, jeweils m.w.N.; BGH, Urteil vom 04. Juli 2002 – I ZR 55/00, a.a.O.).

So hat die höchstrichterliche Rechtsprechung den Zusatz, der Verbraucher habe von der Widerrufsbelehrung Kenntnis genommen, als die Belehrung nicht verändernd unbeanstandet gelassen (BGHZ 180, 123, bei juris Rz. 18, m.w.N.), Überschriften für unbedenklich erklärt, weil die Überschrift nicht Teil der Widerrufsbelehrung selbst ist (BGH, Urteil vom 09. November 2011 – I ZR 123/10, MDR 2012, 862, bei juris Rz. 25), und einen Hinweis auf den persönlichen Geltungsbereich des Widerrufsrechts für zulässig erklärt, weil für einen solchen Hinweis auf das Widerrufsrecht das Klarheits- und Verständlichkeitsgebot (dort gemäß § 312c Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F., § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB) nicht gelte. Dieses Recht beziehe sich nach dem Wortlaut und nach Sinn und Zweck der genannten Vorschriften nur auf die eigentliche Widerrufsbelehrung und nicht auch darauf, wem ein Widerrufsrecht zustehe (BGH, a.a.O., bei juris Rz. 26).

bb)

Ausgehend von den Leitlinien dieser Rechtsprechung ist ein Formular, in dem für sich genommen inhaltlich nicht zu beanstandende Widerrufsbelehrungen für verschiedene Vertragstypen enthalten sind, dann nicht als unlauter zu beanstanden, wenn die einzelnen Belehrungen klar und deutlich voneinander getrennt sind und für den Verbraucher leicht zu erkennen ist, welche Erklärung sich auf den von ihm abgeschlossenen Vertrag bezieht.

 (1)

Bei übersichtlicher grafischer Gestaltung ist ein derartiges „Baukastenformular“ zwar im Belehrungsteil wesentlich umfangreicher als ein Formular, das nur den einschlägigen Belehrungstext enthält. Die Systematik der Kennzeichnung des einschlägigen Textes ist dem Verbraucher seit Jahrzehnten aus vielerlei verschiedenen Vertragstypen bekannt, so aus Mietverträgen, Darlehensverträgen und Dauerschuldverhältnissen unterschiedlichster Art, bei denen eine Vertragslaufzeit aus mehreren auszuwählen ist. So unterschiedlich solche Vertragsformulare in ihrem Inhalt sein mögen, sind sie doch darin gleich gelagert, dass der Verbraucher – klare grafische Gestaltung vorausgesetzt – weiß, dass nur die angekreuzte Variante für ihn von Bedeutung ist. Dies hat auch das Landgericht erkannt.

 (2)

Nicht zu folgen ist dem Landgericht und dem Kläger aber darin, dass der Verbraucher gleichwohl durch die anderen Texte irritiert und die Widerrufsbelehrung dadurch in ihrer Klarheit beeinträchtigt werden könnte. Aufgrund der beschriebenen Erfahrung mit Formularen, die Ankreuzvarianten enthalten, wird der Verbraucher regelmäßig die nicht gekennzeichneten Varianten gar nicht in Betracht ziehen oder doch nur in der Erkenntnis, dass sie für ihn unerheblich sind. Denn dann entnimmt er auch im Bereich der Widerrufsbelehrung der Ankreuzoption, dass er unterschiedliche Vertragsgestaltungen vor sich hat, von denen für ihn nur die angekreuzte Variante von Belang ist. Damit aber scheidet eine verdunkelnde Auswirkung anderer Optionen auf die an sich zutreffende Widerrufsbelehrung aus.

cc)

Den grafischen Anforderungen, diese Klarheit zu gewährleisten, genügt das beanstandete Formular der Beklagten. Die einzelnen Belehrungen sind so deutlich voneinander getrennt, dass der maßgebende Durchschnittsverbraucher (dazu schon oben) sie nicht von vorneherein miteinander vermengt. Etwas anderes behauptet auch der Kläger nicht.

A

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 51 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO (vgl. dazu schon die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil).

B

Der Senat lässt die Revision in Ansehung des prozessual abtrennbaren Klageantrags Ziffer 1 wegen Rechtsgrundsätzlichkeit zu, im Übrigen nicht. Soweit ersichtlich, hat der Bundesgerichtshof bislang weder darüber entschieden, ob Art. 247 § 6 EGBGB eine drucktechnisch hervorgehobene Belehrung fordert, noch darüber, ob diese Belehrung sich darüber hinaus von anderen gebotenen Belehrungen grafisch absetzen muss. Zwar wäre die erstgenannte Rechtsfrage für die Entscheidung nach der Rechtsauffassung des Senates nicht erheblich, wohl aber die zweite. Eine Beschränkung der Revision auf eine Rechtsfrage wäre aber, anders als diejenige auf einen abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes, unzulässig (BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – XI ZR 424/12, a.a.O., m.w.N.).

Über die Zulässigkeit des Ankreuzformulars K 3 kann auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend sicher entschieden werden, so dass insoweit die Revision trotz der vom Kläger ins Feld geführten abweichenden, offenbar singulären obergerichtlichen Rechtsprechung nicht zuzulassen ist.

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